Bild nicht mehr verfügbar.

Fakten

Kenia: 40 Millionen Einwohner
Davon ungefähr die Hälfte erwachsen.

Über 70 Prozent der erwachsenen Kenianer nutzen M-PESA

2011 wurden damit in sechs Monaten 314 Milliarden Kenianischer Schilling umgesetzt. Nach offiziellen Kurs sind das mehr als 2,8 Milliarden Euro.

M-Pesa wurde 2007 vom kenianischen Mobilfunk-Netzbetreiber Safaricom, mit Unterstützung von Vodafone eingeführt. Safaricom-Kunden können damit per SMS Geldbeträge an beliebige Mobilfunknutzer unter Angabe von deren Rufnummer überweisen. Das Guthaben kann auch in Bar ausgezahlt werden. Ein Bankkonto ist nicht erforderlich. M-PESA dürfte in Kenia etwa 15 Millionen Nutzer zählen und hat in zahlreichen Ländern Afrikas und Asiens Ableger oder Nachahmer gefunden.

Foto: Sayyid Abdul Azim/AP/dapd

Mobile Geldbörsen können in Ländern mit geringer Bankenverbreitung die Inflation anheizen. Darauf weist die African Development Bank hin. In Österreich besteht diesbezüglich keine Gefahr. Fallende Tarife für Mobilfunk wirken in vielen Märkten inflationsbremsend. Die in einigen Entwicklungsländern besonders erfolgreichen Mobile Money Systeme könnten den Spieß wieder umdrehen.

Gut versteckt

Denn das sichere Verwahren von Geld "im Handy" und die bequeme Übermittlung von Handy zu Handy kann die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöhen: Der selbe Schilling wechselt häufiger den Eigentümer. In Kenia, das mit "M-PESA" das wohl erfolgreichste Mobile Money System aufweist, dürfte das mobile Geld die drei bis vierfache Umlaufgeschwindigkeit anderer Geldvarianten haben.

Da der breiten Bevölkerung keine Banken zur Verfügung stehen, musste Geld in der Zeit vor M-PESA gut versteckt werden. Damit war es meist nicht zur Hand. Außerdem war es mühsam, zeitraubend und riskant, Geld auszugeben. Mit M-PESA veränderte sich diese Situation rasch. Zuvor gehortetes Geld kam in Umlauf. Heute laufen über M-PESA nur innerhalb Kenias mehr Transaktionen, als Western Union weltweit abwickelt.

BIP : Geldmenge = Umlaufgeschwindigkeit V_i = \frac{Y}{M_i}

Grundsätzlich gilt: Die Gesamtproduktion einer Volkswirtschaft dividiert durch die verfügbare Geldmenge ergibt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Erhöht sich die Umlaufgeschwindigkeit ohne dass die Produktionsmenge (in dem Ausmaß) zunimmt oder die Geldmenge sinkt, steigt die durchschnittliche nominale Bewertung der einzelnen Produkte. Was nichts anderes bedeutet als einen nachhaltigen Preisanstieg, bekannt als Inflation.

Inflation galore

2011 haben sich die Inflationsraten in Ostafrika vervielfacht. Die AfDB forscht am Beispiel von Äthiopien, Kenia, Tansania und Uganda nach Ursachen und möglichen Abhilfen.

Lag die Inflation in diesen Staaten Ende 2010 noch im einstelligen Prozentbereich, erreichte sie im Herbst 2011 je nach Land annähernd 20 bis fast 40 Prozent. Dies führt die AfDB vor allem auf drei Faktoren zurück: Deutlich höhere Weltmarktpreise für Lebensmittel und Öl, Rückgang der heimischen Nahrungsmittelproduktion in Folge von Dürre kombiniert mit unterentwickelten regionalen Handelsströmen, sowie die Geldpolitik der betroffenen Staaten (Währungsverfall, steigende Geldmengen).

Die AfDB betont nun, dass bei der Bekämpfung der Inflation auch "virtuelle" Banksysteme wie Mobile Money zu berücksichtigen seien. "Finanz-Innovationen wie E-Money könnten zur Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit beigetragen haben, wie man an den steigenden Nutzerzahlen sieht", wird ausgeführt. "Die Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit (...) könnte ihrerseits selbst erfüllende Inflationserwartungen geschürt haben und die Geldpolitik erschwert haben. (Die Zentralbanken) könnten unabsichtlich eine lockerere Geldpolitik betreiben, wenn E-Money schneller als erwartet wächst."

Die Menschen erwarteten also eine höhere Inflation und gaben ihr Geld möglichst schnell aus weil es am nächsten Tag vielleicht schon deutlich weniger wert war. Die Zentralbanken aber nahmen bei der Festsetzung der Zinssätze keine Bedacht auf das besonders schnell zirkulierende, virtuelle Geld.

Millennium Development Goals

Ironischer Weise dürften auch gut gemeinte Projekte wie die Millennium Development Ziele das Inflations-Problem verschärft haben: Für vorgesehene Investitionen in die Infrastruktur mussten Devisen in namhaftem Ausmaß angekauft werden. Dies reduzierte den Wechselwert der lokalen Währung und verteuerte so Importe.

Gleichzeitig musste aufgrund geringer Ernten mehr Nahrung importiert werden, woraufhin die Nahrungsmittelpreise stark anzogen. Der regionale Ausgleich der Lebensmittelressourcen ist zu gering ausgeprägt und manchmal auch Spielball von Spekulanten.

In Österreich

Österreichische Sparbuchbesitzer müssen sich vor M-Money nicht fürchten. In unseren Breiten sind bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten und sichere Geldverwahrung schon lange etabliert. Zudem sind Dienste wie paybox bislang Nischenprodukte, das dort gespeicherte Geld wird auch nicht rasend häufig umgesetzt.

Let it Rain

Warum die AfDB in Zukunft hofft, durch die Erhebung von Niederschlagswerten das Phänomen Inflation besser zu verstehen, können Sie dem Papier "Economic Brief - Inflation Dynamics in selected East African countries" (PDF) entnehmen. (Daniel AJ Sokolov, derStandard.at, 26.3.2012)