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Gangmitglied "Psycho" (23) präsentiert seine Tätowierungen

Foto: AP/dapd/Rodrigo Abd

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Appell im Gefängnis von Ciudad Barrios

Foto: EPA/SALVADOREAN PRESIDENCY

Der mittelamerikanische Kleinstaat El Salvador leidet seit Jahren unter einem blutigen Bandenkrieg. Die Gangs "Mara Salvatrucha" und "Pandilla 18", deren Führungskader großteils in US-Gefängnissen mit Jugendbanden in Kontakt kamen und nach ihrer Abschiebung in die Heimat dort ähnliche Strukturen aufbauten, töteten im Jänner 14 Menschen pro Tag. Zum Vergleich: der 1992 beendete Bürgerkrieg zwischen US-finanzierter Armee und linker FMLN-Guerilla kostete täglich im Durchschnitt 17 Menschen das Leben.

Das "Mara"-Problem plagt auch andere mittelamerikanische Staaten. Bisher hatten die Politiker keine Lösung für die tätowierten Jugendlichen, die sich Revierkämpfe um lukrative Drogenmärkte liefern. Die Parteien überboten sich gegenseitig mit Programmen der "Harten Hand", Verhandlungen mit den "Banditen" wurden kategorisch ausgeschlossen.

Mordrate halbiert

Doch seit Mitte März hat sich die Mordrate in El Salvador halbiert. Die beiden rivalisierenden Gangs haben mit Unterstützung des Militärbischofs Fabio Colindres und des Ex-Guerilleros Raul Mijango einen Waffenstillstand vereinbart und wollen auch die Angriffe auf Sicherheitskräfte beenden. Bisheriger Rekord: am 12. März wurden im ganzen Land lediglich zwei Menschen ermordet.

El Salvadors neuer Justiz- und Sicherheitsminister David Munguía Payés führt den Erfolg auf seine harte Linie zurück. Der Oberst der Artillerie hatte bei seinem Amtsantritt im November angekündigt, er werde die Mordrate in seinem ersten Amtsjahr um 30 Prozent senken. Falls er dies nicht schaffe, werde er sein Amt zur Verfügung stellen.

Minister bestreitet Zahlungen

Berichte über erfolgte Zahlungen an die "Maras" bestreitet der Minister. Auch die Verlegung verurteilter Anführer von "Salvatrucha" und "18" aus dem Hochsicherheitsgefängnis Zacatecoluca in normale Haftanstalten habe nichts mit dem Waffenstillstand zu tun.

Bischof Colindres, der eigenen Angaben zufolge die friedliche Lösung vermittelte, bestreitet ebenfalls, dass Geld geflossen sei. Allerdings sei die Verlegung der Anführer in normale Gefängnisse sehr wohl erfolgt, um diesen zu ermöglichen, ihren Untergebenen die Einhaltung des Waffenstillstands anzuordnen.

Zwei Anführer, die der deutsch-salvadorianische Journalist Paolo Luers interviewte, beteuern, man habe nicht mit den "korrupten und verlogenen" Politkern verhandelt.

Gangs veröffentlichen Manifest

In einem dreiseitigen Manifest erläutern die Sprecher der Gangs ihre Beweggründe: Man habe erkannt, dass die Jugendbanden Tel der Probleme El Salvadors, aber auch Teil einer möglichen Lösung seien. Ein guter Teil der Opfer, die der Bandenkrieg gefordert habe, seien Mitglieder eben dieser Gruppen.

Die Ursache für die Gewalt in dem mittelamerikanischen Land sei aber auch in der Wirtschaftspolitik zu suchen, die es seit Jahren nicht schaffe, Jugendlichen Arbeitsplätze zu vermitteln. Diese Fehler hätten auch den Bürgerkrieg ausgelöst, als dessen "Kinder" sich die Verfasser sehen. Viele Gangmitglieder hätten damals durch Kampfhandlungen oder Auswanderung ihre Eltern verloren.

Man verlange keine Begnadigungen, sondern lediglich menschenwürdige Behandlung. Um eine Wiedereingliederung der 10.000 inhaftierten Gangmitglieder in die Gesellschaft zu ermöglichen, seien vor allem Arbeits- und Ausbildungsplätze gefordert. Wenn man Menschen nicht bloß wegen ihrer Tätowierungen diskriminiere, sei eine friedliche Lösung erreichbar, so die Verfasser des Manifests. (Bert Eder, derStandard.at, 26.3.2012)