Welt-Tuberkulosetag: Weniger Neuinfektionen, Gefahr durch Resistenz 1
Grazer Experte:

Wien - Weltweit gibt es zwar weniger Neuinfektionen, doch die TBC ist weiterhin die gefährlichste übertragbare bakterielle Erkrankung. Dies erklärte jetzt Holger Flick, Leiter des Arbeitskreises "Infektiologie und Tuberkulose" der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und Oberarzt an der Klinischen Abteilung für Lungenkrankheiten an der Grazer Universitätsklinik.

Entsprechend dem TBC-Report der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom vergangenen Jahr nimmt die Zahl an Neuerkrankungen und auch die Mortalitätsrate in den meisten WHO-Regionen unverändert leicht ab. "Mit 8,8 Millionen Neuerkrankungen im Jahr 2010 und 1,45 Millionen Todesfällen bleibt TBC aber die weltweit am häufigsten zum Tode führende bakterielle Infektionskrankheit. Ca. 80 Prozent aller an Tuberkulose erkrankten Menschen stammen aus Afrika, Asien oder der Westpazifikregion, 32 Prozent aller an TBC Verstorbenen waren zusätzlich HIV positiv", hieß es in einer Aussendung der ÖGP.

Niedriges Niveau

In Österreich bleibt die Zahl der Neuerkrankungen mit leicht fallender Tendenz auf niedrigem Niveau, erklärte Flick. Im Vergleich zu 2008 erkrankten in Österreich im Jahr 2010 um 129 Menschen weniger an TBC (2008: 817 Neuerkrankungen, 2009: 697, 2010: 688). Der Fachmann: Österreich ist mit 8,2 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner ein Niedrigprävalenzland (Prävalenz - Krankheitshäufigkeit gesamt, Anm.)."

In 44 Prozent aller Fälle handelt es sich in Österreich um Menschen, die aus Ländern mit großer Armut und somit hohen Tuberkuloseraten eingereist sind. Die Infektion ist eine klassische Erkrankung armer Länder, sozial benachteiligter Bevölkerungsschichten, von Vertriebenen und Kriegsopfern.

Multiresistente un extrem resistente Fälle

Bedeutsam auch für Österreich ist unverändert die Zahl der multiresistenten (MDR-TBC) und extrem resistenten Tuberkulose (XDR TBC). Vergleichbar mit den Jahren davor wurden 2010 wieder 15 multiresistente (MDR) Fälle behandelt. In einem Fall wurde eine extrem resistente TBC (XDR) diagnostiziert. "Die Therapie einer MDR-TBC oder XDR-TBC ist deutlich komplizierter, langwieriger und außerdem mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet", betonte der Grazer Experte.

"Darüber hinaus können die Therapiekosten bis zu 200 mal höher ausfallen als bei der Therapie einer unkomplizierten TBC", fügte der Flick hinzu. Somit bedürfe die Krankheit in Österreich trotz relativ niedriger Fallzahlen weiterhin größter gesundheitspolitischer Aufmerksamkeit.

Umgebungsuntersuchung

Diagnostik und Therapie erfolgen in Österreich in spezialisierten und erfahrenen Zentren. Seit Jahren erfasst ein elektronisches Meldesystem alle TBC-Fälle, es gibt ein funktionierendes Versorgungsnetzwerk. Da es sich bei der Erkrankung um eine Infektion handelt, ist eine sorgfältige "Umgebungsuntersuchung" im Fall des Falles enorm wichtig. So kann eine Weiterverbreitung verhindert werden.

"Mit modernen Interferon-gamma Release Assays (kurz IGRAs, Anm.) können infizierte, aber noch nicht erkrankte Personen frühzeitig identifiziert und noch vor Ausbruch der TB behandelt werden", erklärte der Mediziner. Basierend auf der Arbeit einer österreichischen Expertengruppe hat die Landessanitätsdirektion Wien im Vorjahr neue Empfehlungen erlassen, in denen diese modernen Untersuchungsmethoden zur Früherkennung integriert sind. Flick: "Die Umsetzung dieser Leitlinie in ganz Österreich wäre ein weiterer und wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Tuberkulose in Österreich. (APA, 23.3.2012)