München - Die deutschen Banken sind nach Einschätzung von Branchenexperte Wolfgang Gerke inzwischen reif für Übernahmen aus dem Ausland. Ein Grund sei der geringe Börsenwert, sagte der Professor für Bank- und Börsenwesen an der Universität Nürnberg-Erlangen.

"Die deutsche Kreditwirtschaft ist zu stark heruntergeprügelt worden. Wenn man sich Substanz und Ertragspotenzial ansieht, sind die Banken unterbewertet." Zudem hätten die Kreditinstitute bereits einen Teil des notwendigen Umbaus umgesetzt und ihre Bilanzen bereinigt. "Die Gelegenheit zum Aufkauf für Ausländer ist gut." Derzeit kursieren mehrere Übernahmegerüchte. So hieß es etwa, die Citigroup (USA) sei an der Commerzbank und die Royal Bank of Scotland an der HypoVereinsbank interessiert.

Gerke betonte, dass ein Aufkauf einer deutschen Bank für ausländische Kreditinstitute die beste Möglichkeit sei, schnell Marktanteile in Deutschland zu gewinnen. Generell beobachteten vor allem amerikanische Banken den deutschen Markt. Allerdings halte sich das Interesse noch in Grenzen, obwohl das nötige Kapital im Ausland vorhanden wäre. Eine Hemmschwelle für ausländische Banken sei die Angst, "Leichen im Keller" zu finden, sagte Gerke. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 16.6.2003)