Paul Würdig alias Sido nimmt mit seinem Anwalt Heiko Klatt seinen Prozess gegen die "Krone" ernst, aber recht locker.

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Wien - Im Flugzeug hat Paul Hartmut Würdig die "Kronen Zeitung" bisher " ganz gern" gelesen. Seit dem 23. September 2011 macht er das wohl nicht mehr. Denn da stand ein großer Artikel über ihn. In dem der 31-Jährige unter seinem Künstlernamen vorkam. Und der lautet Sido. Die Geschichte über den deutschen Rapper war, gelinde gesagt, tendenziös. Weshalb Richterin Karin Beber am Wiener Landesgericht einen Prozess wegen übler Nachrede leitet."Sido: Drogen, Sex und derber Witz" lautete der Titel, unter dem sich allerhand Vorwürfe fanden. Der Musiker singe über sexuelle Gewalt an Kindern, seine Biografie lese sich "wie die Strafakte eines unbelehrbaren Serientäters", er lasse "gerne einmal die Fäuste sprechen".

Würdig, mit zwei Anwälten und im grauen Kapuzensweater vor Gericht erschienen, sieht darin ein "sehr falsches Bild" von sich gezeichnet. Das sein Image schädige. Denn das Bild des Bad Boy hätten in der Vergangenheit nur die Medien aufgebracht. Er habe lediglich in Jugendsprache auf Missstände aufmerksam gemacht. Ruhig beantwortet er die Fragen, erläutert beispielsweise den Inhalt seines Arschfick-Songs. Der Satz "Es fing an mit 13 und 'ner Tube Gleitcreme" betreffe ihn selbst. Dass sich das Alter nicht auf eine zwei Textzeilen weiter vorkommende Katrin, die vor Schmerz geschrien habe, bezieht, gehe definitiv hervor. Das Lied sorgt bei der souveränen Richterin Beber indirekt auch für Heiterkeit. Auf einen Vorhalt von Krone-Anwalt Gottfried Korn will sein Rechtsvertreter Heiko Klatt nämlich Würdig den ausgedruckten Text reichen. "Ist das der Text? Danke, den kenn ich gut", lehnt dieser dankend ab.Seine Vermutung, wie es zu der Geschichte kam: Rache. Denn zwei Tage zuvor wurde die ORF-Talentshow "Die große Chance" ausgestrahlt, in der er sich mit Krone-Kolumnist Michael Jeannée Wortgefechte geliefert hatte.

"Meine Jury-Kollegen haben mich gewarnt, dass der von einer großen Zeitung sei, ich habe das aber nicht so ernst genommen." Kontaktiert habe ihn die Krone für den Artikel nie, dann hätte er nämlich durchaus die große Chance gehabt, ein paar Dinge richtigzustellen. Etwa, dass er noch nie strafrechtlich verurteilt worden sei, eine angeführte angebliche Prügelei nicht einmal zu einem Verfahren geführt habe.Als ihn der Krone-Anwalt plötzlich fragt, ob er auch mit Suchtgift gehandelt habe, wird er kurz emotionaler. "Was ist das denn jetzt?" Dann verneint er die Frage. Und überhaupt: "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass Drogen in meinem Leben eine Rolle gespielt haben, aber ich habe sie in meinen Liedern nie glorifiziert." Richterin Berger folgt schließlich in ihrem - nicht rechtskräftigen - Urteil den Argumenten von Würdig und seinen Anwälten. 7000 Euro muss die Zeitung ihm zahlen. Auf die Frage nach dem Prozess, ob ihn die massive Attacke der Krone nach seinem Zwist mit Jeannée überrascht habe, antwortet er lapidar. "Ja, damit habe ich nicht gerechnet. Aber es hätte auch nichts geändert." (Michael Möseneder, DER STANDARD, 21.3.2012)