Wien - Sie sind sich keiner Schuld bewusst. Sie fühlen sich im Gegenteil von der Staatsanwaltschaft zu Unrecht verfolgt: Politiker und ehemalige Politiker, gegen die in den letzten Monaten und Jahren ermittelt wird. Dass das passiert, hat mit einer Änderung der politischen Kultur ebenso zu tun wie mit einer Änderung der Strafprozessordnung, die die Rolle des öffentlichen Anklägers gestärkt hat.

Der Staatsanwalt muss allen halbwegs konkreten Beschuldigungen nachgehen - und wenn es dabei gegen den Bundeskanzler gehen sollte. Im Fall von Werner Faymann (SPÖ) ist das in der Causa Inseratenvergabe während seiner Zeit als Infrastrukturminister bereits geschehen.

Großzügiges Kanzleramt

Großzügig war das Kanzleramt unter Faymann übrigens auch im vergangenen Jahr, wie eine aktuelle Anfrage der FPÖ zeigt: Von den Werbeeinschaltungen im zweiten Halbjahr 2011 profitierten insbesondere die Boulevardmedien. An erster Stelle die Kronen Zeitung, die sich über Aufträge im Gesamtwert von 450.000 Euro freuen konnte, gefolgt von der Gratiszeitung Heute, die knapp 280.000 Euro an Aufträgen lukrierte, bei Österreich langten immerhin noch Buchungen im Wert von 250.000 Euro ein.

Im Untersuchungsausschuss widmen sich die Fraktionen den diversen Korruptionsvorwürfen im staatsnahen Bereich - allerdings sind auch dort nicht alle Vorwürfe, die an Ex-Politiker herangetragen werden, noch strafrechtlich relevant, wie etwa der Fall rund um die Telekom-Universaldienstrichtlinie zeigt, in die Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) verwickelt ist.

Ab Mittwoch sind vor das Gremium jedenfalls wieder wichtige Auskunftspersonen zur Causa Telekom geladen, die über fragwürdige Geldflüsse und Jagdveranstaltungen Aufschluss geben könnten, wie ÖIAG-Chef Markus Beyrer, der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly oder der Ex-FPÖ-Werber Gernot Rumpold und seine Ex-Frau Erika Daniel. (cs, nw, DER STANDARD, 21.3.2012)