Eine "bittere Pille" für Mozilla: Der mobile Firefox soll künftig das umstrittene H.264-Videocodec unterstützen.

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Seit letzter Woche läuft in der Mozilla-Community eine Diskussion, die man sich wohl lieber erspart hätte. Rund um das derzeit in Entwicklung befindliche, mobile Betriebssystem Boot2Gecko warf einer der Entwickler die Frage auf, ob man es sich wirklich leisten könnte, die strikte Beschränkung auf die Unterstützung freier Video-Codes weiterhin aufrecht zu erhalten. 

Antworten

Einige Tage später zeichnet sich nun eine recht deutliche Antwort auf diese Frage ab, und die lautet "Nein". Sowohl Mozilla-Technik-Chef Brendan-Eich als auch die Vorsitzende der Mozilla Foundation, Mitchell Baker, haben sich mittlerweile für die Integration des mit diversen Patentschwierigkeiten behafteten H.264-Video-Codecs in die mobile Varianten des Browsers ausgesprochen.

Abwägungen

Die Argumentation: Trotz aller Bemühungen rund um WebM sei H.264 weiterhin das klar dominierende Format für Web-Videos. Insofern sei es gerade im mobilen Markt absolut notwendig, H.264 zu unterstützen, um relevant zu bleiben. Weder Boot2Gecko noch der Firefox für Android hätten angesichts dessen, dass aktuell rund 80 Prozent aller als HTML5-Videos ausgelieferten Clips mit H.264 kodiert sind, sonst eine realistische Chance gegen die Konkurrenz zu bestehen.

Niederlage

Eich betont, dass er die Situation gar nicht schön reden wolle, dies sei eine klare Niederlage im Kampf für ein offenes Web. Die Schuld an der aktuellen Situation sucht er aber vor allem beim Mitbewerb: Google habe sein einst - öffentlich - gegebenes Versprechen, den H.264-Support zugunsten von WebM aus den eigenen Browsern zu entfernen, nicht eingehalten. Es stelle sich die Frage, wozu Google On2 (den Hersteller des WebM zugrundeliegenden VP8-Codecs) gekauft habe, wenn man dann nicht einmal den Atem hat, dies unter Android zum Standard zu machen.

Hardware

Freilich weiß auch Eich, dass die Situation nicht ganz so einfach ist, wird H.264 doch direkt von zahlreichen mobilen Prozessoren unterstützt, ein Performancevorteil, mit dem gerade im mobilen Bereich nur schwer zu konkurrieren ist. Google ist es hingegen bisher nur sehr begrenzt gelungen, die Hardwarehersteller für WebM / VP8 zu überzeugen.

Desktop?

Unklar bleibt derzeit noch, ob H.264 künftig auch in den Desktop-Ausgaben des Browser unterstützt werden soll. Der entscheidende Unterschied zum mobilen Bereich ist, dass es hier weiterhin (zumindest unter Windows und Mac) ein aktiv entwickeltes Flash-Plugin gibt, das man als Fallback für H.264-Videos benutzen könne. Für Android & Co. hat Adobe hingegen mittlerweile das Ende der Flash-Entwicklung angekündigt. (apo, derStandard.at, 20.03.12)