Bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU wird es ernst: Bis zum Sommer sollen die Grundlinien zur neuen Vergabe von Förderungen stehen. Die Kürzungen im Budget werden darüber entscheiden, wer verliert.
Brüssel – Die EU-Agrarminister treffen am Dienstag in Brüssel zu einer wichtigen Aussprache über die Verteilung und Neubemessung der Förderungen an die Bauern nach der geplanten Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zusammen. Diese soll im Zuge der Erstellung der langfristigen Budgetvorausschau der Union (2014 bis 2020) umgesetzt werden.
Die EU-Kommission hat als Kern der Veränderungen ein "Greenig", eine Umweltkomponente für alle Fördermaßnahmen, auch bei Hektarprämien, vorgeschlagen. Einzelnen Bauerngruppen in Europa drohen nun durch die strikten Sparvorgaben der nationalen Regierungen an Brüssel empfindliche Kürzungen.
Das sind vor allem die großen "Flächenländer" in der alten EU, wie Spanien, Frankreich, Ostdeutschland oder die Niederlande, die im Vergleich zu den neuen EU-Staaten im Osten sehr hohe Zuwendungen über Flächenprämien haben. Und es trifft (möglicherweise) jene Bauern hart, die bisher sehr stark von Umwelt- und Ungunstsubventionen profitiert haben – wo bei die Kommission Verlustobergrenzen vorsieht.
Zu dieser Gruppe gehört auch Österreich, das in der Vergangenheit einerseits durch Verhandlungsgeschick in Brüssel, andererseits durch besondere Konzentration auf Umweltprogramme, die auf nationaler Ebene verdoppelt werden, im EU-weiten Vergleich überdurchschnittlich gefördert wurde. Werden nun die Agrargelder für die gesamte Union insgesamt gekürzt, trifft es naturgemäß die am härtesten, die am meisten profitiert haben.
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich wird daher den Vorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft ablehnen, der auf eine Zusammenlegung der beiden größten Agrarfördertöpfe (1. und 2. Säule, entspricht Flächenprämien und Umwelt/Förderung von Ungunst- und Berglagen) bei der Neuberechnung abzielt. So heißt es in Wien. Deutschland, Frankreich, Spanien drängen aber darauf, eine verschränkte Berechnung vorzunehmen. Finnland oder etwa Portugal und Slowenien, deren Landwirtschaften auch eher klein strukturiert sind, halten dagegen.
Vom Budget hängt alles ab
Eine Entscheidung wird am Dienstag noch nicht fallen, aber eine gewisse Orientierung. Die wirkliche Gefahr und Stunde der Wahrheit für die heimischen Bauern stehe erst bevor, wenn die EU-Staaten im Sommer ihre globalen Budgetvorstellungen auf den Tisch legen, sagt die EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger (VP), eine Agrarexpertin. Das Europaparlament steht mehrheitlich auf der Seite der Bewahrung der zweiten Säule der GAP.Neben der Neubewertung der Förderungen strebt der EU-Vorsitz auch eine Orientierungsaussprache für über die angepeilte Vereinfachung der Agrarbürokratie an. Die Staaten sind diesbezüglich ebenfalls zerstritten. Deutschland gehen die Vereinfachungen zum Beispiel nicht weit genug. Andere Länder fürchten, dass im Zuge vorgeblicher Vereinfachung erst recht wieder neue Bürokratie entsteht, indem Kontrollen und Sanktionen für einzelne Maßnahmen sogar ausgeweitet werden – wie bei der Almflächenmessung. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 20.3.2012)