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Wird die Seifenablage selten gereinigt, können sich vor allem Nasskeime gut vermehren.

"Vor dem Essen, nach dem Klo, Händewaschen sowieso!" Bereits kleine Kinder lernen die Basis der Hygiene. Die Vorstellung, dass damit sämtliche Mikroorganismen im Gulli verschwinden, ist allerdings falsch: Denn die residente Hautflora ist natürlicher Bestandteil der Hautoberfläche und lässt sich durch Waschen mit Wasser und Seife nicht so einfach entfernen. Schaden richten diese sogenannten Kommensalen aber ohnehin keinen an. Im Gegenteil sie schützen die Haut vor pathogenen Erregern.

Kein Erbarmen kennen Seifen dagegen mit Mikroorganismen, die die Haut nur vorübergehend besiedeln. Dieser sogenannten transiente Hautflora gehören sowohl apathogene als auch pathogene Keime an. Der Garaus wird diesen Anflugkeimen primär durch die mechanische Reibung gemacht und nicht durch spezielle Inhalts- oder Zusatzstoffe, die sich eventuell in den Seifen befinden.

Was sich im Anschluss an das Händewaschen auf der Seifenoberfläche und in den Rissen der Seife tummelt? Zunächst natürlich einiges, allerdings ist die Seife für Keime kein gutes Nährmedium. "Eine Vermehrung ist für Viren eher nicht, für Bakterien und Pilze je nach Inhaltsstoffen der Seife nur sehr eingeschränkt möglich", sagt Franz Reinthaler vom Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin der Medizinischen Universität Graz. Und ganz egal, ob sich nun Mikroorganismen auf den Seifenstücken angesiedelt haben oder auch nicht - beim nächsten Waschgang werden sie heruntergespült. Eine Ansteckungsgefahr für gesunde Personen sieht Reinthaler daher nicht.

Wenn Trockenheit ein Gräuel ist

Die Seife selbst ist also nicht das Problem. Wenn allerdings nach dem Händewaschen das nasse Stück in die Seifenablage zurückgelegt wird, bietet dieses feuchte Milieu weitaus bessere Lebensbedingungen für Mikroorganismen. Wird die Seifenablage selten gereinigt, können sich vor allem Pseudomonaden, also Nasskeime, gut vermehren. Die Ablage sollte daher regelmäßig mit heißem Wasser und Spülmittel gewaschen werden. Das heiße Wasser erleichtert das Abtrocknen - und trockene Flächen sind den feuchtigkeitsliebenden Mikroorganismen ein Gräuel.

Die Verwendung von Seife, egal ob im Stück oder im Spender, ist als Hygieneartikel im Haushalt völlig ausreichend. Desinfektionsmittel sind überflüssig. "Wir tendieren zur ‚falschen‘ Hygiene, weil wir einerseits das häufige Händewaschen vernachlässigen, andererseits aber aggressive Desinfektionsmittel verwenden, die nicht nötig sind und der Umwelt nur schaden", kritisiert Reinthaler. Gerade chlorhaltige Produkte können bei falscher Anwendung mit ihren Dämpfen gesundheitsgefährdend sein. Hinzu kommt, dass Mikroorganismen gegen die Desinfektionsmittel Resistenzen entwickeln können.

Das Immunsystem muss lernen können

Abgesehen von den Umweltschäden sind Desinfektionsmittel auch schlecht für das Immunsystem. Dieses benötigt nämlich den Kontakt mit Mikroorganismen. Da das Immunsystem bei der Geburt noch nicht vollständig entwickelt ist, ist die Konfrontation mit Keimen wichtig, um Abwehrmechanismen zu erlernen. Wird die Umgebung hingegen immer steril gehalten, dann ist das Immunsystem unterbeschäftigt, es können etwa Allergien schneller auftreten. "Wenn man kein geschwächtes Immunsystem aufgrund einer Erkrankung hat, empfehle ich - metaphorisch gemeint - einen Löffel Dreck am Tag", so Suchomel abschließend. (Sophie Niedenzu, derStandard.at, 11.4.2012)