Nava Zanani vor ihrem Haus in Kfar Shalem. "Das Dach habe ich nur vorübergehend repariert. Was bringt's? Sie schmeißen mich ohnehin bald raus", sagt sie.

Foto: Andreas Hackl

Nava's Haus in ruhiger und grüner Idylle. Dieser schöne Ort ist jedoch für wohlhabendere Tal Aviver reserviert.

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Nava Zanani ist Jüdin jemenitischer Herkunft und israelische Staatsbürgerin. Seit Jahrzehnten lebt sie in einem kleinen Haus in Kfar Shalem, im Süden von Tel Aviv. Hier ist sie geboren und aufgewachsen. Hier hat sie ihre eigenen Kinder groß gezogen. Dennoch hat sie aus der Sicht der Behörden kein Recht dort zu bleiben, wo sie ihr Leben lang war.

Navas Großeltern sind 1943 vom Yemen ins damalige Palästina eingewandert. Kfar Shalem war zu der Zeit noch Salame, ein palästinensisches Dorf, dessen Einwohner im April 1948 während des arabisch-israelischen Krieges von jüdischen Haganah-Milizen vertrieben wurden. Nach der Staatsgründung Israels im selben Jahr musste der junge israelische Staat immer mehr neue Einwanderer unterbringen. Verlassene Palästinenserdörfer wurden zur neuen Heimat für viele jüdische Araber, wie auch für Navas Eltern aus dem Yemen.

Die rasche Wiederbesiedlung von Salame und vielen anderen palästinensischen Dörfern erfüllte auch einen anderen Zweck: Die Rückkehr palästinensischer Familien und deren Anspruch auf ihren Besitz sollte dadurch verhindert werden. Doch ironischer Weise sind es heute die jüdisch-israelischen Bewohner dieser ehemaligen palästinensischen Dörfer, denen der Rauswurf droht.

Zwangsräumungen

"Meine Eltern waren damals 18 Jahre; ein junges Paar das von einem neuen Heim träumte", erzählt Nava auf der Veranda vor ihrem kleinen Haus in Kfar Shalem. "Genauso wie ich, haben sie ihr ganzes Leben hier verbracht. Doch jetzt will man mich hier rausschmeißen."

Die ersten Häuser wurden im Armenviertel Kfar Shalem schon 1961 zwangsgeräumt. Zwischen 1962 und 1999 mussten mehr als 2.500 Familien gehen, weil der Stadtteil "rehabilitiert" werden sollte. Die meisten Bewohner wurden damals großzügig für den "Umzug" kompensiert. Doch heute bleiben etwa 500 Bewohner übrig, für die es außer zu bleiben keine Alternative gibt.

Der palästinensische Besitz der während des Krieges von 1948 unter israelische Kontrolle kam wurde unter dem Titel "Besitz der Abwesenden" (Absentee Property) zum Staatsbesitz. Die Israel Land Administration (ILA), die für die Verwaltung dieser Ländereien und Immobilien verantwortlich ist, verkaufte jedoch vieles an private Eigentümer, die anstelle der bestehenden Barracken schöne Wohnhäuser bauen wollen, welche sich jedoch kaum ein Bewohner von Kfar Shalem leisten kann.

Nava Zanani ist wie viele in Kfar Shalem Sozialhilfe-Empfängerin. Gearbeitet habe sie früher schon, meint sie. Etwa als Köchin, oder in einer Schule. Aber seit sie den Brief vom Anwalt bekam, der die Räumung ihres Hauses vorschreibt, bekommt sie nichts mehr auf die Reihe. Schon lange versucht sie gemeinsam mit anderen Betroffenen vor Gericht eine Lösung zu finden, doch die Aussicht auf eine zufriedenstellende Lösung ist gering.

"Behandelt wie ein Eindringling"

Nava Zanani sieht in ihrem Fall auch eine Ungleichbehandlung zwischen Mizrachim und Ashkenazim - arabischen und europäischen Juden. "Früher waren wir wichtig für den Staat, um die palästinensischen Dörfer aufzufüllen. Aber jetzt werde ich in meiner Heimat behandelt wie ein Eindringling", sagt sie. "Wäre ich keine arme Mizrahi-Frau, sondern weiß und Ashkenazi, würde die Stadt Tel Aviv nicht auf diese Art mit mir umgehen."

In der Vergangenheit haben die Bewohner von Kfar Shalem auch gemeinsam mit palästinensischen Israelis demonstriert, die im Stadtteil Jaffa von ähnlichen Zwangsräumungen betroffen sind. Doch über die Zweckmäßigkeit geht diese Zusammenarbeit nicht hinaus.

"In Israel gibt es drei Klassen. Oben sind die weißen Ashkenazim. Dann kommen die Araber. Und ganz unten sind wir Mizrachim", meint sie. "Wir in Kfar Shalem leben im untersten Stock Israels."