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Will Präsident sein anstelle des Präsidenten: François Hollande.

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Monsieur Hollande setzte im Cirque d’hiver auf große Gesten und nicht minder formatierte Ankündigungen: Wird er französischer Präsident, dann will er den Fiskalpakt der EU noch einmal neu verhandeln.

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Paris - Europas Sozialdemokraten haben dem Spitzenkandidaten der französischen Sozialisten für die Präsidentschaftswahl, François Hollande, am Wochenende Rückendeckung gegeben. In Paris traten sie für ein "soziales, ökologisches und solidarisches Europa" ein, das eine "reelle und konkrete Alternative" zum Europa der Konservativen unter Nicolas Sarkozy und Angela Merkel sei.

Hollande betonte in Paris einmal mehr, den EU-Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen. Der Pakt sei "eine Illusion" und schaffe die Bedingungen für eine langanhaltende Wirtschaftskrise. Er trete für eine Finanztransaktionssteuer und gemeinsame Eurobonds ein, um Wachstum zu stimulieren.

SPD-Chef Sigmar Gabriel stand Letzterem zurückhaltend gegenüber. Präsident Sarkozy warf dem Sozialisten vor, das Volk mit seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen zu täuschen.

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Sigmar Gabriel kramte sein bestes Französisch hervor, um Hollandes Wahlslogan auf die EU zu übertragen: "Le changement maintenant" (den Wandel jetzt) gelte nicht nur für Frankreich, sondern für alle Europäer, die heute noch von Konservativen und Liberalen regiert würden, meinte der SPD-Chef Samstag beim Europa-Meeting Hollandes im Pariser Cirque d'Hiver. Frankreich werde nach Hollandes Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Mai "der Vorreiter dieses neuen Europa" sein, sagte Gabriel nicht zuletzt mit Blick auf die Bundestagswahl 2013. Aus Italien ergänzte der Spitzenkandidat des Partito Democratico, Pier Luigi Bersani: "Es liegt an dir, François, den ersten Schritt zu tun."

Hollande zeigte sich in einer fast einstündigen Rede überzeugt, er werde nach einem Wahlsieg in Brüssel "nicht allein" sein. Das war eine direkte Replik auf Meldungen, die konservativen Staats- und Regierungschefs Nicolas Sarkozy, Angela Merkel, David Cameron und Mariano Rajoy hätten ein Komplott geschmiedet, um Hollande während des französischen Wahlkampfs nicht zu empfangen.

Hollande bestätigte, dass er eine Neuverhandlung des Fiskalpakts will. Dieses im März unterzeichnete Abkommen sei noch nicht ratifiziert, "was Raum für Verhandlungen" lasse. Zu ergänzen sei es durch Wirtschaftsankurbelung, denn ohne Wachstum bleibe der Abbau der Budgetdefizite und der Staatsschulden reine Illusion. Finanzieren will Hollande diese Maßnahmen mit einer neuen Finanztransaktionssteuer. Ferner wünscht der 57-Jährige die Ausgabe von Eurobonds - nicht, um die Schulden der EU-Länder zusammenzulegen, wie er für deutsche Ohren meinte, sondern um Projekte im Energie- oder Transportbereich zu finanzieren.

Wenn Hollande und der Parti Socialiste einen anderen Fiskalpakt verlangen, dann geschieht dies auch aus Rücksicht auf die Parteilinke, die in der Volksabstimmung von 2005 gegen die EU-Verfassung gestimmt hatte. PS und SPD liegen aber auch sonst nicht ganz auf der gleichen Linie. Das zeigte sich am Wochenende, als Hollandes Vorschlag einer 75-Prozent-Steuer für Millionenverdiener vom Linken-Politiker Oskar Lafontaine übernommen wurde - während Gabriel in Paris dazu schwieg.

"Gegner Finanzmärkte"

Der SPD-Chef stellte sich dafür wörtlich hinter eine vielzitierte Bemerkung Hollandes: "Die Finanzmärkte sind unsere eigentlichen Gegner." Hollande sprach sich dezidiert für die Freundschaft Deutschlands und Frankreichs aus, distanzierte sich aber gleichzeitig von einem "EU-Direktorium", wie es Merkel und Sarkozy vorgemacht hätten. Gabriel warf der deutschen Kanzlerin vor, einzig Sarkozy als Partner zu wollen: "Da wird sie sich umgewöhnen müssen. Aber ich bin mir sicher, dass sie das schaffen wird." (Stefan Brändle aus Paris /DER STANDARD, 19.3.2012)