Athen - Die schwere Schuldenkrise könnte zu dramatischen Veränderungen in der politischen Landschaft Griechenlands führen. Die beiden großen Traditionsparteien, Konservative und Sozialisten, brechen laut einer Umfrage in der Wählergunst ein, radikale Rechts- und Linksparteien tauchen "wie aus dem Nichts auf". Die repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Public Issue wurde am Freitag auf der Website des Nachrichtensenders Skai veröffentlicht. Demnach könnten nach den für Ende April oder Anfang Mai geplanten Neuwahlen im Parlament mindestens neun statt heute fünf Parteien vertreten sein.

Würden an diesem Sonntag Wahlen stattfinden, läge die konservative Nea Dimokratia (ND) unter Antonis Samaras mit 25 Prozent vorn - gefolgt von der Demokratischen Linken mit 15,5 Prozent, dem Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) mit zwölf Prozent und der Kommunistischen Partei KKE mit 11,5 Prozent. Die Sozialisten (PASOK), einst stärkste Kraft im Parlament, fallen der Umfrage zufolge auf elf Prozent zurück. Analytiker meinen indes, dass die Sozialisten nach der Wahl von Finanzminister Evangelos Venizelos zum Nachfolger von Parteichef Giorgos Papandreou aufholen werden.

Der Umfrage zufolge, für die zwischen dem 8. und dem 12. März 1.010 Menschen befragt wurden, könnte keine Partei allein regieren. Sollten die Kräfte, die in einer Art "Verweigerungsfront" das harte Spar- und Rettungsprogramm der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ablehnen, die Oberhand gewinnen, könnte Griechenland die letzte Chance auf den Verbleib im Euroland verpassen, kommentierten Analytiker die Umfrageergebnisse im Radio. Rund 25 Prozent der Befragten sind der Umfrage zufolge noch unentschieden, welche Partei sie wählen wollen.

Die Kommunisten wollen einen möglichst schnellen Austritt aus Euro und EU. Die Radikalen Linken sind für den Verbleib in der Eurozone, aber ohne harte Sparmaßnahmen. Rechtsradikale Parteien wie die Unabhängigen Griechen (6,5 Prozent) wollen, dass Deutschland Reparationen aus dem Zweiten Weltkrieg bezahlt. Die Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (4 Prozent) und die neofaschistische "Goldene Morgenröte" (3,5 Prozent) schlagen ihr politisches Kapital aus Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit. Mit 3,5 Prozent könnten auch die Ökologen rechnen. Für den Einzug ins Parlament sind in Griechenland mindestens drei Prozent der Stimmen nötig.  (APA, 16.3.2012)