Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) haben im Vorjahr bundesweit 17.300 Wohnungen fertiggestellt. Das eindrucksvolle Plus von 31 Prozent gegenüber 2010 hat laut GBV-Obmann Karl Wurm allerdings ein paar Fallstricke eingebaut.

Anfang 2011 waren noch 27.000 Wohneinheiten in Bau - was damals ein Zehn-Jahres-Hoch bedeutete. Der Grund war ein Rückstau bei den Fertigstellungen mancher größerer Projekte. Dieser ist nun abgebaut, zu Jahresbeginn 2012 waren nur noch 22.000 Wohnungen in Bau. Für heuer wird deshalb wieder ein Rückgang bei den fertigen Wohnungen um 16 Prozent auf nur noch 14.600 Wohneinheiten erwartet. 2013 dürfte die Zahl weiter leicht sinken auf nur noch 14.000 Wohneinheiten.

Der Anstieg ist also nur ein "Zwischenhoch", erklärte Wurm am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Wien. Schon 2011 reduzierte sich das reale Neubauvolumen der Gemeinnützigen wieder um elf Prozent bzw. 213 Millionen Euro auf 1,7 Milliarden Euro.

"Dramatische Verschiebungen"

Wurm sieht gleich zwei "dramatische Verschiebungen" im Gang: Einmal finde eine fortschreitende Umschichtung der Neubaumittel hin zur Sanierung statt. Hier hatte es in den letzten Jahren ein leichtes Minus bei den Investitionen gegeben (2011: -11 Prozent), nun geht es aber wieder bergauf: 2012 dürfte um 450 Millionen Euro bei den Gemeinnützigen saniert werden, womit der Spitzenwert von 2008 wieder erreicht würde.

Zum anderen wird auch innerhalb des Neubausektors umgeschichtet: Der Mietwohnungssektor sei nämlich Hauptleidtragender der "erheblichen" Reduktion der Wohnbauförderungszusicherungen in den Bundesländern, so Wurm. 2010 gab es 28.000 Zusicherungen der Länder, 2011 nur noch 26.300. Der Mietwohnungssektor macht diese Reduktion ungebremst mit, von 11.400 (2010) auf 10.200 (2011) Förderzusicherungen.

Frei finanzierter Sektor zieht gleich

Die Budgetvoranschläge der Länder lassen auf weitere Reduktionen schließen. Von 15-prozentigen Einsparungen bei den Förderungen ist im Zuge des Sparpakets die Rede, was laut Wurm eine Kürzung produktiver Fördermittel um 420 Millionen Euro bzw. 4.200 Wohnungen weniger bedeuten würde.

Auch wenn der frei finanzierte Wohnbau die Einsparungen beim geförderten großteils noch wettmachen kann (das Verhältnis der beiden Sektoren änderte sich in den letzten Jahren von 30:70 auf aktuell 43:57 Prozent), sollte der Zug doch in die andere Richtung gehen, meint Wurm: In den Ballungszentren wird der Zuzug weitergehen, hier fehlen schon bald tausende Wohnungen - und zwar "leistbare", denn die Nachfrage sei vor allem bei mittleren und unteren Einkommensschichten vorhanden. "Der Wohnungsmangel wird sich verschärfen", so der GBV-Obmann. "Dieser Baustelle ist man sich in der Öffentlichkeit nicht bewusst." 45.000 neue Wohnungen werden laut GBV-Berechnungen in Österreich jedes Jahr benötigt.

Mangel an langfristigen Darlehen

Große Sorgen bereiten Wurm auch die weiter verschärften Kreditvergabebedingungen. "Manche Banken bieten derzeit überhaupt keine Darlehensfinanzierungen an. Und die, die anbieten, wollen Zeiträume von sechs bis maximal zwölf Jahren." Wegen der strengen Eigenkapitalrichtlinien für die Geldinstitute gebe es eine "extreme Knappheit an langfristigem Geld", teils würden sogar laufende Darlehen nachverhandelt werden, klagt der GBV-Obmann.

Ein Ausweg wäre die von den Gemeinnützigen ohnehin schon lange geforderte Einbeziehung der Pensionskassen in die Wohnbaufinanzierung. Die Bereitschaft dazu besteht grundsätzlich auch beim Fachverband der 17 heimischen Pensionskassen, erste Modelle sollen ungeachtet der weiterhin stockenden Novellierung des Pensionskassengesetzes noch heuer präsentiert werden. Dieses Geld gehöre ohnehin wegen der "Fristenkongruenz" - langfristige Anlage, langfristiges Investment - in den Wohnbau gesteckt, ist sich Wurm sicher.

Die 193 gemeinnützigen Bauvereinigungen verwalten aktuell 790.000 Wohnungen, davon sind 544.000 Mietwohnungen und 246.000 Eigentumswohnungen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.3.2012)