Großen Medienandrang gab es beim ehemaligen Innenminister Ernst Strasser (links), der sich beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss betont gut gelaunt gab

Foto: STANDARD/Cremer

Mathias Reichhold ging die Sache hingegen ein wenig ernster an. Denn klar sei: "Ich sitze hier als Zeuge, nicht als Beschuldigter - zurzeit."

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Wien - Wenn sich Peter Pilz ganz sicher ist, wird er sehr freundlich. Betont langsam und in besänftigendem Ton stellt er Ernst Strasser seine Fragen. Es geht um eine Rechnung: "Sie sagen, Sie haben die Arbeit für den Lobbyisten Peter Hochegger 2008 beendet. Warum haben Sie 2009 eine Rechnung gestellt?"

Strasser ist blendend gelaunt. Er will die Rechnung sehen: "Meinem Wissen nach stimmt das nicht." Von wem ist denn die Unterschrift auf der Rechnung, fragt Pilz. Strasser: "Ich werde mir das gerne anschauen." Pilz: "Von wem ist die Unterschrift?" Strasser: "Ich schau mir das an." Pilz: "Von wem?" Strasser: "Von mir." Und nach dem Schlagabtausch jene Frage, die im Untersuchungsausschuss über allen anderen steht: "Und was war Ihre Leistung?"

Pilz gegen Strasser

Im parlamentarischen Ausschuss hieß es am Mittwoch vor allem: Pilz gegen Strasser. Der grüne Abgeordnete sieht den ehemaligen Innenminister in Widersprüche verstrickt. Der musste sich bei seiner ersten, aber bestimmt nicht letzten Aussage vor dem parlamentarischen Ausschuss zu zwei Projekten äußern.

Einmal zu einem Auftrag der Telekom an das Investmenthaus Vienna Capital Partners (VCP), deren Tochterfirma VCP Energy Strasser als Geschäftsführer leitete. In dem sogenannten Projekt "Belvedere" ging es um die "Optimierung der Telekommunikations-Infrastruktur auf Landes- und Bundesebene". Strasser dürfte kräftig kassiert haben - wofür genau bleibt unklar. Insgesamt 44 Stunden hat er gearbeitet, 2,3 im Monat. Sein genaues Gehalt wollte VCP-Geschäftsführer Heinrich Pecina mit Verweis auf das Firmengeheimnis nicht sagen. Das übliche Gehalt liege aber zwischen 200.000 und 400.000 Euro jährlich.

"Keinen Eindruck hinterlassen"

Strasser musste auch Stellung beziehen zu seiner von Lobbyisten Peter Hochegger im Jahr 2008 vermittelten Beratertätigkeit für die bulgarische Regierung. Seine Aufgabe wäre es gewesen, das Image Bulgariens - angesichts von Berichten über Korruption und organisierter Kriminalität - in der EU zu verbessern.

Vor allem hier widersprechen einander Hochegger und Strasser. Der ehemalige EU-Abgeordnete der ÖVP bestreitet, dass der 100. 000-Euro-Auftrag auch für andere Tätigkeiten bestimmt war. Pilz zitiert aus einem Interview Hocheggers mit einer bulgarischen Zeitung, in dem der Lobbyist behauptet, Strasser habe das Geld auch für andere Arbeiten bekommen.

Niemand in Bulgarien, weder der Premierminister noch dessen Mitarbeiter, könnten sich an Strasser oder an das Projekt erinnern. Er dürfe wohl " keinen Eindruck hinterlassen haben", spöttelt der grüne Abgeordnete.

Strassers Name werde nicht einmal im Abschlussbericht genannt, wie alle anderen Mitglieder des "Advisory Boards". Hochegger hat ausgesagt, dass Strasser Mitglied dieses Boards sei - Strasser bestreitet das. Für Pilz ist jedenfalls erwiesen, dass es sich bei den für Beratertätigkeiten ausgezahlten Summen um Scheinrechnungen handelt. Eine "Ungeheuerlichkeit" , findet Strasser. "Ich weise das entschieden zurück."

Entsprechende Unterlagen kann Strasser aber nicht vorlegen. Der Grund: Sein Computer wurde bei einer Hausdurchsuchung von der "Polizei gecheckt, und als ich ihn zurückbekommen habe, waren die Unterlagen nicht mehr zu verwenden".

Eine Erklärung, die alle Abgeordneten misstrauisch werden lässt. Der Fraktionsführer der Freiheitlichen, Peter Rosenkranz: "Ehrlich gesagt wundert mich das bei einem ehemaligen Innenminister. Oder vielleicht wundert es mich auch nicht."

"Unsachlicher Ton"

Strasser grinst breit. Seine Laune sinkt während der Drei-Stunden-Befragung kaum. Nur einmal klagt er gegenüber dem Fraktionsführer der SPÖ, Hannes Jarolim: "Es tut mir leid, dass ich da einen unsachlichen Ton in der Debatte verspüre und festhalten muss."

Ausgesagt hat am Mittwoch auch Ex-Infrastrukturminister Mathias Reichhold. Sein 72.000- Euro-Vertrag nach dem Ausscheiden aus der Politik wurde mit der Telekom mündlich abgeschlossen, die Leistungen ebenfalls mündlich erbracht. Schriftliche Leistungsnachweise gibt es nicht. (Saskia Jungnikl, DER STANDARD, 15.3.2012)