Washington - Großbritannien will offenbar die Gunst der Stunde nutzen und sich bis in ferne Zukunft bei Investoren zu niedrigen Zinsen mit frischem Geld eindecken. Das unter Sparzwang geratene Land denkt demnach über den Verkauf von 100-jährigen und gar "ewigen Staatsanleihen" nach, um von den niedrigen Marktzinsen auf lange Zeit zu profitieren. Wie aus Kreisen des Finanzministeriums in der Nacht zum Mittwoch verlautete, will die Regierung nach positiven Gesprächen mit Investoren die Nachfrage nach solchen Papieren nächste Woche ausloten. Die längste Laufzeit bei Bonds in Großbritannien beträgt 50 Jahre. Die sogenannten ewigen Anleihen haben keine Fälligkeit. Sie verbriefen aber regelmäßige Zinszahlungen.

Großbritannien hatte bereits gegen Ende des Ersten Weltkriegs und im 18. Jahrhundert auf solche Papiere zurückgegriffen, um sich langfristig zu refinanzieren. Jetzt erscheint der Zeitpunkt für einen solchen Langläufer erneut günstig: "Damit könnte man für die Zukunft aus der jetzigen Glaubwürdigkeit der Regierung und dem Status als sicherer Hafen konkreten Nutzen ziehen", sagte ein Vertreter des Finanzministeriums.

Günstige Zinsen, gutes Geschäft

Tatsächlich könnte Großbritannien derzeit auf reges Interesse bei solchen langfristigen Anleihen treffen und überdies mit relativ niedrigen Zinszahlungen kalkulieren. Die Renditen für 50-jährige Anleihen waren im Jänner auf ein Rekordtief von rund drei Prozent gefallen. Von einem solch niedrigen Niveau für langlaufende Anleihen können viele Schuldenstaaten in der Euro-Zone nur träumen: Italien beispielsweise musste Investoren am Mittwoch für weit kürzer laufende Papiere mit Fälligkeit 2019 eine Durchschnittsrendite von 4,3 Prozent zahlen.

Mit den superlangen Anleihen könnte Großbritannien zudem die durchschnittliche Laufzeit seiner Schuldtitel weiter nach oben treiben: Bereits jetzt liegt sie mit zehn Jahren relativ hoch. Dies ist einer der Gründe, warum der britische Staat trotz seiner Schuldenprobleme weiter die Spitzenbonität halten konnte. Die Agentur Moody's hat den Ausblick allerdings auf negativ gesetzt. (APA/Reuters, 14.3.2012)