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Normalerweise ist eine Geburt ja keine Notarztindikation, aber wer weiß, vielleicht gibt's Komplikationen.

Dienst am Christophorus 2, stationiert in Krems. Tahiti ti, tahiti ti, geht der Pieps, "Geburt" steht am Display. Wir schnallen unsere Funkgeräte um, gehen zum Hubschrauber. Startvorgang: zuerst die rechte Turbine, dann die linke Turbine, die Triebwerke surren, die Rotorblätter singen, es duftet nach Kerosin. Abflug.

Die werdende Mutter ist 19 Jahre alt, die Geburt im Gange, sagt uns die Rettungsleitstelle. "Verstanden, danke." Normalerweise ist eine Geburt ja keine Notarztindikation, aber wer weiß, vielleicht gibt's Komplikationen. Ich erwarte eigentlich einen längeren Geburtsvorgang, bei Erstgebärenden dauert es ja meistens länger.

Landung im Weingarten, ab ins Haus. Im Badezimmer dann die 19-jährige Mutter, liegt am Boden, rundherum eine Menge Handtücher und dazwischen der kleine liebe Pongatz, rosig, wohlig schmatzend, auf jeden Fall gesund. Von wegen erstes Kind. Ist schon ihr drittes.

Blasensprung, drei Wehen, da war's. Bravo. Die Angehörigen, zirka zwölf Anwesende, waren so begeistert, dass jeder gleichzeitig mindestens fünf Zigaretten im Mund hatte, also in Summe 60 Tschick. Und die wurden auch alle wirklich geraucht.

Wer der Vater war, konnte ich nicht eruieren, habe halt "Gratuliere!" in die Rauchschwaden hineingerufen. Mehrere schemenhaft erkennbare Köpfe nickten. "Danke, jo, danke, danke, danke, jo, jo", kam es aus dem nebeligen Raum.

Ich klettere ins Badezimmer, klemme die Nabelschnur ab - "Hallo, wo ist der Vater?", "Hallo! Will der Papa nicht die Nabelschnur durchschneiden?" - "Na, na, geht schon", hallt es aus der Kammer. "Gut, dann mach ich das."

Ich schneide die Nabelschnur ab, versorge das Butzi mit einer Aludecke und entwickle den Mutterkuchen aus der Gebärmutter, schaue, dass es nicht nachblutet, kontrolliere den Mutterkuchen, packe ihn ein und nehme ihn mit, alles noch auf dem Badezimmerboden.

Und dann, so lieb sie alle sind, schnell raus, ich muss das Baby, die Mutter, meinen Sani und mich vor einer Nikotinvergiftung retten. "Pfiat euch, alles Gute! Alles okay." Nichts wie raus. Und ab in den Hubi. Wir fliegen Mutter und Butzi nach Hollabrunn auf die Gyn. (Robert Mosser, derStandard.at, 13.3.2012)