ModeratorIn: Wir begrüßen Minister Töchterle im Chat und bitten die UserInnen um Fragen.

Karlheinz Töchterle: Schönen Vormittag. Ich freu mich auf die Fragen und auf meine Antworten.

blub7: guten tag. auch wenn ich prinzipiell studiengebühren und/oder zugangsbeschränkungen für richtig halte: gibt es bereits ein von ihnen fertig ausgearbeitetes modell (soll heissen, wenn möglich in einem dokument mit klaren punkten und zahlen). wenn ja,

Karlheinz Töchterle: Zu den Studienbeiträgen gibt es ein ausgearbeitetes Modell seit September 2011, das ich jedem Interessierten gerne zur Verfügung stelle. Auf der Homepage des Ministeriums kann man sich ebenfalls dazu informieren. Was genaue Zahlen anlangt, ist meine Informationsmöglichkeit beschränkt, weil ich hier vieles der Autonomie der Universitäten anheim stelle. Lediglich die maximale Höhe der Beiträge pro Semester ist von mir mit 500 Euro festgesetzt worden. Zu den Zugangsregelungen bin ich noch in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, weshalb ich um Verständnis bitte, dass Detailinformationen noch ausstehen.

alphakuh: Die ÖH hat angekündigt Gelder aus ihren Rücklagen bereitzustellen um gegebenenfalls Unis, die autonom Gebühren einheben wollen, zu klagen. Damit tut man, außer den Anwälten, weder den Unis, noch den Studierenden einen gefallen. Warum keine klaren, n

Karlheinz Töchterle: Klare Regelungen in meinem Sinne scheiterten bisher am Widerstand der SPÖ, die meine Vorschläge nicht diskutieren wollte.

Arthur Schnitzl: Was ist schlecht an der Studiengebührenregelung der letzten Jahre? (Keine Studiengebühren innerhalb der Mindeststudiendauer; über Mindeststudiendauer 370 Euro pro Semester

Karlheinz Töchterle: Diese Regelung verhindert ein gerechtes und spürbares Studienbeitragsmodell. Es ist zum Beispiel nicht gerecht, dass ausländische Studierende, die für die Universitäten wichtig und mir willkommen sind, keinerlei Beiträge zur Finanzierung des österreichischen Universitätssystems leisten. Es ist auch nicht gerecht, dass Fachhochschulen autonom entscheiden können, ob sie Beiträge einheben oder nicht, Universitäten hingegen nicht. Es gibt zum Beispiel Studien, die dem österreichischen Steuerzahler an die 50.000 Euro im Jahr kosten, wo es nicht einzusehen ist, warum Universitäten dafür nicht einen gewissen Beitrag verlangen dürfen. Die Fachhochschulen dürfen bei Drittstaatsangehörigen hier Beiträge bis zur Höhe der tatsächlichen Studienkosten einheben usw..

11th Doctor: Wie könnte die Forschungsfinanzierung besser gelöst werden? zB höhere Globalbudgets... derzeit verschwenden zahlreiche Wissenschaftler im besten Alter ihre Zeit mit dem Werben von Grants.

Karlheinz Töchterle: Die Forschungsfinanzierung wird, so die internationale Praxis, immer aus einer Mischung von Grundfinanzierung und kompetitiv eingeworbenen Mitteln bestehen. Es liegt hier auch an den Universitäten, ihre Wissenschaftler bei der Einwerbung bestmöglich zu unterstützen und zu entlasten.

Dr. Gaugg: Setzen Sie sich aktiv für die Fusionierung der beiden Innsbrucker Unis ein und wie sieht in dieser Sache Ihr Zeitplan aus? Ist dieser mit der Med.Uni Innsbruck abgesprochen?

Karlheinz Töchterle: Diese Fusionierung muss von beiden Universitäten gewünscht werden. Sie geben daher selbst den Zeitplan vor. Meine Position ist bekannt. Meine Aufgabe wird es sein, für die Fusionierung, falls gewünscht, die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Herr L: Guten Tag, gibt es derzeit schon Änderungspläne bzw. erkannte Probleme bei der STEOP von Ihrer Seite? So wird zum Beispiel bei mir eine VU an der TU Wien, die ich letztes Semester nicht bestanden habe im aktuellen Semester nicht angeboten und ich ka

Karlheinz Töchterle: Die STEOP wird derzeit verschiedentlich evaluiert. Nach Vorliegen der Ergebnisse werde ich, falls Handlungs- oder Korrekturbedarf besteht, entsprechend vorgehen.

Dante75: Gibt es eigentlich Pläne, die geforderten Studiengebühren zu staffeln? Dh für Studiengänge die eine nationale Priorität (wie in Australien) besitzen z.B. Mathematik muss weniger bezahlt werden, Studiengänge bei denen es genug Absolventen gibt müssen

Karlheinz Töchterle: Nationale Prioritäten oder volkswirtschaftliche Notwendigkeiten sind nicht nur schwierig vorauszusagen, sie dürfen auch niemals zentrales Kriterium eines universitären Angebotes sein. Dieses hat sich vielmehr am generellen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnisinteresse auszurichten. Daher scheint mir eine solche Staffelung nicht dringlich. Es bleibt in meinem Modell den Universitäten allerdings unbenommen, im Rahmen ihrer Autonomie derartige Erwägungen zu pflegen, zum Beispiel aus einer regionalen Perspektive.

Ich wünschte, ich wäre Thurston Moore: Eine Frage an den Altphilologen in BM Töchterle: Welchen Stellenwert haben die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK) für Sie? Brauchen wir Forschung und Lehre in diesem Bereich? Hintergrund der Frage: Die fortschreitende Ausdünnung dieser

Karlheinz Töchterle: Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften sind für mich natürlich ebenso bedeutend wie alle anderen Wissenschaften. Das ergibt sich auch aus meiner vorigen Antwort. Ich sehe keine fortschreitende Ausdünnung in Österreich, ich gebe aber zu, dass erstens das naturwissenschaftliche Paradigma sehr dominant ist und zweitens der GSK-Bereich oft mit wesentlich geringeren Geldmitteln auskommen muss, aber auch auskommen kann. Die gesellschaftliche Bedeutung der GSK steht außer Frage, sie haben nur heutzutage bisweilen einen höheren Legitimationsbedarf, was mir persönlich überhaupt nicht plausibel erscheint.

DoktorGruselglatz: Auf der MedUni Wien soll es beim heurigen EMS-Auswahlverfahren erstmals zur "positiven Diskriminierung" von weiblichen Testteilnehmern kommen. Wie stehen sie dazu?

Karlheinz Töchterle: Eine Stellungnahme dazu könnte ich erst abgeben, wenn ich von dieser Absicht Genaueres wüsste.

Crash2k: sie unterstellen dem regierungspartner ideologische borniertheit, bewegen sich jedoch keinen fleck vom mantra der alles lösenden studienbeiträge und riskieren damit für die hochschulen klagen in millionenhöhe. wäre es nicht besser, die jetzige lösun

Karlheinz Töchterle: Studienbeiträge sind für mich kein Mantra. Sie haben sich durch den Entscheid des Verfassungsgerichtshofs auf die Agenda gedrängt und sie lösen beileibe nicht alles. Klagen in Millionenhöhe sind nicht in Sicht. Wenn Sie mit "jetziger Lösung" das Gesetz von 2008 meinen, kann ich Ihnen nur sagen, dass ich mich gegen dessen Zustandekommen (u.A. mit einem Gastkommentar im Standard am Tag des Parlamentsbeschlusses) sehr eingesetzt habe. Es wäre daher absurd, wenn ich dieses Gesetz jetzt wieder in Geltung setzte.

alphakuh: Warum sollte ich als Student weiter gezwungen werden Gebühren für die ÖH zu entrichten? Ist es nicht ein Schlag ins Gesicht jedes sparsamen Studierenden wenn man sieht wie die ÖH mit den Geldern umgeht? Stichwort Cafe Rosa...

Karlheinz Töchterle: Die ÖH ist in der Tat gefordert, ihre öffentlichen Gelder verantwortungsvoll zu verwalten. Andererseits ist sie als gesetzliche Vertretung der Studierenden natürlich auf eine finanzielle Basis angewiesen.

Lucius Vorenus: Sehr geehrter Herr Töchterle, sie selbst und viele andere Politiker sind in den Genuss eines "Gratisstudiums" gekommen. Finden Sie es da nicht ein wenig frech den jungen Menschen in einer finanziell ohnehin schwierigen Zeit derartige Prügel vor die

Karlheinz Töchterle: Als ich mit meinem Studium begonnen habe, waren Studiengebühren zu bezahlen. Das hat mich, obwohl Arbeiterkind und finanziell vollkommen auf mich gestellt, keine Sekunde von meiner Absicht zu studieren abgehalten. Jeder Steuerzahler leistet als solcher einen Beitrag zur Finanzierung der Universitäten.

Steak vom Milchlamm: Ich könnte Sie mir als obersten Kopf der ÖVP vorstellen, was spricht dagegen?

Karlheinz Töchterle: Wir haben schon einen obersten Kopf, nämlich den Klubobmann.

stefan josef: Verstehen Sie den Unmut, wenn über Nacht und ohne groß zu argumentieren mehrere 100 Mio. EUR für die Kommunalkredit freigemacht werden und gleichzeitig über Studiengebühren nachgedacht wird?

Karlheinz Töchterle: Den Unmut verstehe ich, als Mitglied der Regierung sehe ich aber auch, dass ein stabiles Bankenwesen für unsere Volkswirtschaft und für jeden Sparer von großer Bedeutung ist.

salesch: Guten Tag. Ich frage mich, wann Sie das Beihilfensystem endlich derart anpassen, sodass studieren endlich wieder möglich ist? Zur Erinnerung: Die Loipersdorf-Kürzungen haben zu massiven Einschnitten bei Studierenden geführt z.B. dass die Beihilfe nu

Karlheinz Töchterle: Für Studienbeihilfenbezieher wurde der Beihilfenbezug nicht gekürzt. Ausserdem scheint studieren nach wie vor möglich zu sein, sonst hätten wir nicht 300.000 Studierende. Zudem geben wir jährlich ca. 180 Millionen Euro für Studienförderung aus.

Lucius Vorenus: Warum hat man als Bürger dieses Landes immer das Gefühl, dass die Politiker immer die einfachsten und bequemsten Lösungswege suchen? Im Falle der Universitäten also Studiengebühren, Zugangsbeschränkungen

Karlheinz Töchterle: Wenn diese Lösungen so einfach wären, hätten wir sie schon längst. Generell muss man betonen, dass eine Demokratie nicht immer die einfachsten und bequemsten, sondern die Lösungen suchen muss, die unter den bestehenden Mehrheitsverhältnissen erzielbar sind.

ModeratorIn: User-Frage per Mail: Die ÖH verlangt immer wieder mehr Geld für die Unis und setzt dann mit dem Cafe Rosa selbst 400.000 Euro in den Sand. Hätten Sie einen Vorschlag, wie dieses Geld besser eingesetzt werden könnte?

Karlheinz Töchterle: Um zu beurteilen, wie dieses Geld besser eingesetzt werden könnte (Möglichkeiten dazu sähe ich viele), muss man zuerst präzise wissen, wie und zu welchem Zweck es hier eingesetzt worden ist.

indignez-vous: Es ist bekannt, dass Sie vor ihrer Zeit als ÖVP-Wissenschaftsminister mit den Grünen sympathisiert haben. Wie kommt es, dass sich ihre politische Einstellung binnen weniger Monate so gewandelt hat, dass sie mittlerweile nicht einmal mehr eine schwar

Karlheinz Töchterle: Meine politische Einstellung dazu hat sich nie gewandelt. Ich war immer der Meinung, dass man eine Partei innerhalb des "Verfassungsbogens" (A. Khol) nicht von vornherein von einer Regierungsbeteiligung ausschließen kann. Ich habe in dem zitierten Interview auch klar gesagt, dass mich braune Ränder stören, und weiters, dass ich meine eigene Rolle nach der nächsten Wahl noch völlig offen halte.

WilliamvonBaskerville: Was sagen sie zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bildungssprecher ihrer Partei? Werde sie sich dafür einsetzen, dass die ÖVP endlich ihren Widerstand gegen ein transparentes und international herzeigbares Parteiengesetz aufgibt?

Karlheinz Töchterle: Gegen ein transparentes Gesetz zur Parteienförderung kann es keine Einwände geben, die derzeitige Tendenz zu einer überschießenden Kriminalisierung politischer Aktivitäten und einem Generalverdacht gegenüber Politikern scheint mir aber fragwürdig. Zur konkreten Frage Werner Amon betreffend habe ich noch keine Informationen.

abc desf: Wie stehen sie zur Direktwahl der ÖH?

Karlheinz Töchterle: Ich kenne die diesbezüglichen Wünsche, warte aber noch auf einheitliche und endgültige Vorschläge der ÖH.

Nele Teuer: Sehr geehrter Herr Töchterle! Stimmt es, dass nun nach dem Master auch das Bachelorstudium Internationale Entwicklung abgeschafft werden soll? Und damit eines der wenigen vergleichbaren Studien im deutschsprachigen Raum?

Karlheinz Töchterle: Diese Pläne sind mir so nicht bekannt. Aus meinem letzten Gespräch mit Rektor Engl zu dem Thema habe ich in Erinnerung, dass es jedenfalls ein Masterstudium geben soll.

tob1: In einem unlängst veröffentlichten Papier attestiert die OECD dass für den Zugang zu höherer Bildung weniger die Höhe von Studiengebühren als die Verfügbarkeit von Finanzierungsmöglichkeiten von Studenten, z.B. Kredite relevant ist. Wieso geschieht

Karlheinz Töchterle: Es gibt in Österreich eine Anzahl von Finanzierungsmöglichkeiten für Studierende: Studienbeihilfen, Selbsterhalterstipendien, diverse Zuschüsse, natürlich auch die Familienbeihilfe; man kann bei uns auch Studentenkredite von Banken erhalten. In meinem Studienbeitragsmodell ist die Möglichkeit einer Stundung der Beiträge durch die Universitäten vorgesehen. Man kann sie nach Beendigung des Studiums, also wenn man im Berufsleben steht, ohne Zinsen zurückzahlen. Das wäre ein für unsere Situation maßgeschneidertes Modell.

Saurer Zivi: Welche sind Ihre lateinischen Lieblingsautoren? Welche Persönlichkeiten sehen Sie als Ihre privaten, welche als Ihre politischen Vorbilder an?

Karlheinz Töchterle: Seneca und Ovid. Aus der Antike hab ich zwei Vorbilder, Sophokles und Petron. Beide waren bewundernswert vielseitige Persönlichkeiten.

ModeratorIn: Danke für die Fragen, die Stunde ist um. Wir bedanken uns bei Minister Töchterle fürs Kommen.

Karlheinz Töchterle: Vielen Dank für die interessante Stunde. Meine Erwartungen haben sich in jeder Hinsicht bestätigt.