Weniger arbeiten und gleich viel verdienen? Welcher vernünftige Mensch könnte dazu Nein sagen? Nun ja, die Schweizer beispielsweise. Die haben in einer Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit den Vorschlag der Gewerkschaften abgelehnt, den Mindesturlaub von vier auf sechs Wochen zu erhöhen. Das Argument des steigenden Stresses samt gesundheitlicher Folgen zog also weniger als die Warnung vor negativen wirtschaftlichen Folgen.

Man mag das sehen, wie man will. Interessant ist aber, dass die Bürger eine der Mehrheit Vorteile bringende Regelung nicht wollen. In Österreich ist eines der Hauptargumente, dass nur Populisten von mehr direkter Demokratie profitieren würden. Im Klartext: Das Volk sei zu dumm, die repräsentative Demokratie das einzig Wahre.

Das Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Nur wird eine Kleinigkeit übersehen: An recht prominenter Stelle der Verfassung, konkret im zweiten Satz, findet sich nämlich der Hinweis, dass das Recht vom Volk ausgeht. 

Derzeit äußert sich das so: Alle fünf Jahre kann man sein Kreuz bei einer Partei machen, die man eher nach Sympathie wählt. Man weiß aber nicht, wie sich diese Partei drei Jahre später verhält - wenn es etwa um Geld für Griechenland oder Unis geht. Natürlich besteht bei einer Volksabstimmung die Gefahr, dass der plumpeste Slogan gewinnt. Aber es gibt auch die Chance, dass sich das Volk mehr für Politik interessiert. Und sein Recht, das Recht zu machen. (Michael Möseneder/DER STANDARD, 12.3.2012)