Benjamin Netanyahu: "Ich stehe nicht mit einer Stoppuhr da."

Foto: Uriel Sinai
Foto: Uriel Sinai

Jerusalem - Israel zeigt sich weiter entschlossen, den Bau einer iranischen Atombombe notfalls mit einem Angriff zu verhindern. Ein Schlag gegen die iranischen Atomanlagen sei "keine Frage von Tagen oder Wochen, aber auch nicht von Jahren", warnte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Donnerstag kurz nach der Rückkehr von seinem USA-Besuch. US-Präsident Barack Obama hatte ihn aufgerufen, Sanktionen mehr Zeit zu lassen und noch nicht anzugreifen.

Zugleich hatte Obama bekräftigt, dass er eine mögliche iranische Atombombe nicht nur als Bedrohung Israels, sondern ebenso der USA betrachte. Dagegen würden die USA notfalls auch militärisch vorgehen. Die USA seien dafür auch viel besser gerüstet, als Israel, betonte der US-amerikanische Verteidigungsminister Leon Panetta in einem Interview mit dem "National Journal". Ein Militärschlag der USA gegen den Iran hätte nach Einschätzung Panettas weit zerstörerischere Folgen als ein Angriff Israels auf die Atomanlagen des Landes.

Panetta: "Höllisch größere Wirkung", wenn USA angreifen würde

"Wenn sie (die Israelis) sich entscheiden sollten, es zu tun (anzugreifen), dann hätte das ohne Frage Auswirkungen (auf das iranische Atomprogramm), aber ich denke, wenn die USA es tun würden, dann hätten wir eine höllisch größere Wirkung", sagte Panetta.

Sollten sich die USA zu einem Angriff auf den Iran entschließen, könnten 13.600 kg schwere Bunker brechende Bomben zum Einsatz kommen, die 65 Meter dicken Beton durchdringen können, bevor sie explodieren. Luftwaffengeneral Herbert Carlisle sagte am Donnerstag, diese Bomben ("Massive Ordnance Penetrator), die das US-Militär erst seit dem Vorjahr besitze, seien Teil des der USA zur Verfügung stehenden Arsenals für Angriffe auf unterirdische Atomanlagen. "Das ist eine großartige Waffe. Wir sind dabei, sie weiter zu verbessern", erklärte Carlisle bei einer Konferenz über das Verteidigungsprogramm der USA.

Die USA haben Israel laut einem Medienbericht im Gegenzug für einen Verzicht auf Luftangriffe gegen den Iran in diesem Jahr moderne Waffen versprochen. Die israelische Zeitung "Maariv" berichtete am Donnerstag, die US-Regierung habe Netanyahu bei seinem Besuch zu Wochenbeginn ein entsprechendes Angebot gemacht. Das Weiße Haus dementierte, dass dies Thema bei den Gesprächen war.

Netanyahu hofft auf friedliche Lösung

Er und alle israelischen Bürger wären "glücklich", wenn die Angelegenheit friedlich gelöst werden könne, versicherte Netanyahu im israelischen Fernsehen. Der Iran müsse jedoch seine nuklearen Aktivitäten stoppen, die Anlage in Qom schließen und die Urananreicherung beenden. Netanyahu warnte erneut, eine atomare Bewaffnung des Iran stelle eine Bedrohung für das Überleben des israelischen Volkes dar. Wenn im Atomstreit die falsche Entscheidung getroffen werde, "wem sollte ich das erklären? Den Historikern? Den Generationen vor uns? Den Generationen, die (dann) nicht mehr nach uns kämen?", fragte Netanyahu.

Vor dem Beginn neuer Atomverhandlungen mit dem Iran hatten die fünf UNO-Vetomächte und Deutschland gemeinsam gefordert, dass die Regierung in Teheran zu einem "ernsthaften Dialog" ohne Vorbedingungen bereit sein und sein Atomprogramm offen und transparent gestalten müsse. Das erklärten sie am Donnerstag im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO bzw. IAEA) in Wien.

Amon: "Müssen kühlen Kopf bewahren"

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien, Yukiya Amano, ist zuversichtlich, dass der Atomstreit mit dem Iran ohne Gewalt gelöst werden kann. "Ich bin gegen Gewaltanwendung. Und ich glaube an Dialog und Zusammenarbeit", sagte Amano der Nachrichtenagentur dpa in einem Interview am Freitag. Angesichts der wachsenden Spannungen um das vermutete iranische Atomprogramm erklärte Amano: "Wir müssen mit klarem und kühlem Kopf weiter arbeiten."

Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland bekräftigten nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin dabei ihre Sorge über das voranschreitende iranische Atomprogramm. Der Iran müsse alle offenen Fragen in Bezug auf dieses Programm umfassend und transparent klären und seinen "Kurs der Verschleierung und Nicht-Kooperation" endlich beenden, erklärte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle.

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad muss unterdessen am Mittwoch, 14. März, zu einer heiklen Anhörung vor dem Parlament (Majles) erscheinen. Parlamentsabgeordnete wollen ihn zu "einer Reihe von Unregelmäßigkeiten bei seiner Regierungsführung" befragen. Es ist das erste Mal seit Gründung der Islamischen Republik 1979, dass ein Präsident vom Parlament zur Rede gestellt wird. (APA/Reuters, 9.3.2012)