Mit GNOME 3.4 lassen sich Workspaces zu einem gewissen Grad umsortieren, per Drag & Drop können neue virtuelle Desktops zwischen zwei bestehenden Workspaces angelegt werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

GNOME Web (ehemals: Epiphany) wurde einem vollständigen Redesign unterzogen, das sich ganz an die neuen GNOME3-Anwendungskonzepte hält.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dazu gehört, dass "Web" jetzt einen neuen Maximierungsmodus unterstützt, in dem URL-Zeile und Navigation in den Fensterrahmen wandern. Dadurch ist er noch ein Stück platzsparender als Chrome und Firefox - zumindest wenn nur ein Tab dargestellt wird.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Besonders eindrucksvoll zeigt sich der neue Maximierungsmodus dann bei mit Epiphany erstellten Web Apps, hier füllt die Seite praktisch den gesamten Bildschirm aus.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Interface von GNOME Contacts wurde noch einmal gröber überarbeitet, was der Anwendung durchaus gut getan hat. Im Screenshot ebenfalls gut zu sehen sind die neuen, schlanken Scrollbalken von GNOME 3.4.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch GNOME Documents wurde noch mal überarbeitet, hier der Managementmodus samt aktivierter Suche.

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Das Desktop-Theme Adwaita wurde weiter überarbeitet, was sich vor allem an der dunklen Variante bemerkbar macht. Zudem werden nun inaktive Fenster deutlich besser abgehoben.

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Der File Manager Nautilus hat endlich eine Undo-Funktion spendiert bekommen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei nebeneinander angeordneten Fenstern wird nun kein Schatten mehr dargestellt - was bisher rein optisch recht störend war.

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Boxes kombiniert Virtualisierungs- und Remote-Desktop-Funktionen, für die Virtualisierung setzt man auf KVM und Spice.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei der Einrichtung neuer Verbindung hilft ein Wizard, der die Installation vieler Systeme in wenigen Schritten erlaubt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Für jede virtuelle Maschine gibt es eine Reihe von Einstellungen sowie eine Anzeige der Systemauslastung.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Selbst die GNOME Shell lässt sich bereits innerhalb von Boxes nutzen - Voraussetzung ist dafür aber eine aktuelle Nightly von Fedora 17.

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Das GNOME Disk Utility versucht sich nun mehr auf wirklich Desktop-relevante Aufgaben zu konzentrieren.

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Seahorse führt nun Schlüssel, Zertifikate und Passwörter in einem Interface zusammen.

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Der neue Farbauswahldialog von GTK+.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Rund ein Jahr ist es mittlerweile her, dass das GNOME-Team den großen Generationssprung gewagt hat: Mit GNOME3 setzt man auf eine vollständig neu gestaltete User Experience, eine Entscheidung, die in der Community nicht nur für Begeisterungsstürme gesorgt hat. Dabei betonte man von Anfang an, dass GNOME 3.0 nur einen ersten Schritt darstellt, die Desktop-Paradigmen in den folgenden Releases weiter angepasst und verfeinert werden sollen. Mit GNOME 3.4 gibt es nun das zweite große Update für die aktuelle Softwaregeneration - und dieses zeigt vor allem eines: Der Fokus der Entwicklung verschiebt sich zunehmend von der Kern-User-Experience - also der GNOME Shell - auf die einzelnen Anwendungen.

Konzept

Das erklärte Ziel ist es, neue, einheitliche Konzepte und Richtlinien für GNOME3-optimierte Anwendungen zu schaffen, die schlussendlich in eine aktualisierte Version der Human Interface Guidelines (HIG) münden sollen. Bereits mit GNOME 3.2 hat man erste Schritte in diese Richtung unternommen, vor allem durch die Aufnahme von GNOME Documents und Contacts, mit GNOME 3.4 treibt man diese Entwicklung nun weiter voran, wodurch sich die Konturen des GNOME3-Anwendungsdesigns immer deutlicher abzeichnen.

Zu den Eckpunkten gehört dabei die aktive Nutzung des App-Menüs, das bislang de facto ungenutzt im Panel herumlungerte. Die Idee ist, an dieser Stelle nur jene Menüeinträge zu platzieren, die das gesamte Programm betreffen, Dokument- oder Fenster-spezifische Aktionen sollen hingegen direkt bei der einzelnen Anwendung verbleiben. Durch diese konzeptionelle Trennung ist der GNOME3-Ansatz also nicht direkt mit Ubuntus oder Apples "globalem Menü" zu vergleichen, auch wenn man das Abgehen von einer klassischen Menüzeile mit diesen teilt.

Ein neues Konzept verfolgt man auch in Sachen Suche: Dort, wo es Sinn macht, wird diese nun automatisch aufgerufen, wenn eine Eingabe auf der Tastatur getätigt wird. Befindet sich also etwa gerade GNOME Contacts im Vordergrund, wird bei einer Eingabe umgehend die Adressdatenbank durchstöbert.

Platzsparend

Gemein ist den GNOME3-Anwendungen zudem die Konzentration auf ein möglichst elegantes und platzsparendes Design. Nicht das User Interface, sondern die Inhalte selbst sollen in den Vordergrund treten. Mit GNOME 3.4 unternimmt man einen wichtigen Schritt in diese Richtung: Es gibt einen neuen Maximierungsmodus, bei dem Navigation oder Toolbar direkt in den Fensterrahmen wandern, womit einiges an vertikalem Platz gespart wird. Für die Zukunft denkt man übrigens darüber nach, bei einigen Anwendungen von Haus aus die maximierte Ansicht zu verwenden - natürlich mit der Option, auf eine klassische Fensterdarstellung zurückzuwechseln.

An dieser Stelle eine wichtige allgemeine Anmerkung: All diese neuen Konzepte müssen von den AnwendungsentwicklerInnen aktiv übernommen werden, ist man sich doch durchaus bewusst, dass es keinen Sinn macht, bestehende Programme einfach so in das neue Schema zu pressen, ohne deren Interface grundlegend zu hinterfragen. Auch machen viele dieser Konzepte schlicht nur in der Kombination miteinander Sinn, so geht etwa der neue Maximierungsmodus mit dem Entfernen der Menüzeile einher.

Epiphany wird Web

Ein Paradebeispiel für ein solches Umdenken liefert der Webbrowser Epiphany, dessen Interface für GNOME 3.4 von Grund auf neu gestaltet wurde. Es gibt also keine Menüzeile mehr, die dort bisher erreichbaren Funktionen wurden auf das App-Menü und einen Menüknopf à la Google Chrome aufgeteilt. Stopp- und Reload-Buttons wurde zusammengefasst und in die Adresszeile gepackt, der Style der ganzen Anwendung gibt sich merklich reduzierter, was nicht zuletzt an den verwendeten "symbolischen" Icons liegt. Vor allem aber ist der neue Epiphany - der nach außen nur mehr schlicht als "Web" firmiert - äußerst platzsparend. Gerade in der maximierten Ansicht nehmen die UI-Elemente der Anwendung der Webansicht kaum mehr Raum weg.

Besonders beeindruckend zeigt sich dies bei "Web Apps", die ja seit der letzten Release einfach mit dem Epiphany erstellt werden können und die ohnehin ganz ohne Navigationselemente dargestellt werden. So eine Web App füllt maximiert dann bei GNOME 3.4 praktisch den gesamten Bildschirm aus, nur das Panel bleibt noch zusätzlich zu sehen. Dazu ein kleiner Tipp: Der neue Maximierungsmodus kann nicht nur über Tastatur-Shortcuts wieder verlassen werden, in diesem Fall wird auch das Panel als eine Art Erweiterung des Anwendungs-Interfaces begriffen, also einfach dorthin klicken und nach unten ziehen. Epiphany/Web wurde aber nicht nur äußerlich umgestaltet, der Browser hat auch ein gänzlich neues History-Backend verpasst bekommen. All das, während man die Codebasis deutlich verschlankt hat, in Summe wurden mehr als 10.000 Zeilen aus dem Quellcode entfernt.

Contacts

Das mit der Vorgängerversion eingeführte GNOME Contacts hat ebenfalls ein umfangreiches Update erfahren. Neben der Anpassung an die erwähnten Prinzipien wurde das Interface auch sonst stark umgearbeitet. Modifikationen werden jetzt "inline" vorgenommen, also ohne in eine separate Ansicht wechseln zu müssen. Beim ersten Start wird ein Dialog zur Einrichtung angeboten, der Avatar eines Kontakts lässt sich nun individuell auswählen und zuschneiden. Findet Contacts zwei ähnlich anmutende Kontakte, werden diese automatisch zur Zusammenführung angeboten. Über einen Menüeintrag kann das aktuell genutzte Adressbuch gewählt werden, also etwa rasch zwischen online oder lokal gespeicherten Kontakten gewechselt werden.

Apropos: Aus dem Google-Adressbuch werden nun von Haus aus nur mehr jene Einträge dargestellt, die in der Gruppe "My Contacts" gelistet sind. In der Vorgängerversion wurden hier noch wirklich alle Kontakte angezeigt - inklusive der Einträge von Google+ -, was nicht gerade der Übersichtlichkeit zuträglich war. Nach dem Löschen eines Eintrags wird automatisch eine "Undo"-Box im Anwendungsinterface eingeblendet, um eine versehentlich vorgenommene Änderung schnell wieder rückgängig machen zu können.

(Zu) gut versteckt

Auch wenn die neue Version von GNOME Contacts an sich große Fortschritte gemacht hat, an mancher Stelle hat man es mit der Vereinfachung des Interfaces auch etwas übertrieben. Sowohl das Verlinken von Einträgen als auch deren Entfernung hat man wahrlich gut verborgen - hinter einem Rechtsklick auf den betreffenden Namen in der Detailansicht.

Documents

Eine weitere aus dem Reigen der GNOME3-optimierten Anwendungen ist "Documents", bei der das Interface ebenfalls erheblich umgestaltet wurde. So verzichtet man nun zur Gänze auf einen Sidebar, auch die Suchbox ist durch das "Einfach lostippen"-Konzept unnötig geworden. Aber auch hier überzeugt das neue Design nicht uneingeschränkt: Die gezielte Begrenzung auf einzelne Quellen oder Dateitypen ist nämlich in der neuen Version ausschließlich über die Suchbox zu erreichen - die aber von Haus aus gar nicht zu sehen ist. Wer also etwa nur kurz alle Tabellenkakulationsdateien sehen will, muss zuerst Ctrl+F drücken, um die Suchzeile einzublenden (oder per Tippen eine x-beliebige Suche starten und diese Eingabe gleich wieder löschen, damit wirklich alle entsprechenden Dokumente angezeigt werden), und kann erst dann den Dateityp auswählen. Etwas umständlich - und ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Zu den neuen Funktionen von Documents gehört die Unterstützung von "Sammlungen" - und das sowohl für lokale Dateien als auch für Google Docs. Im Preview-Modus wird eine Thumbnail-Ansicht aller verfügbaren Seiten als Overlay eingeblendet, neu hinzugekommen ist eine Druck-Funktion, zudem können einzelne Dateien jetzt per Drag & Drop gezielt in den File Manager kopiert werden. Mit Online-Dokumenten funktioniert dies derzeit allerdings noch nicht, was angesichts der gleichberechtigten Darstellung neben lokalen Dateien schon mal etwas verwirrend sein kann. In der Listendarstellung werden nun auch Datum und Zeit der Erstellung angezeigt, das Dokumentmanagement wurde grafisch überarbeitet, ein grün gefärbter Toolbar macht den Unterschied zum normalen Modus unübersehbar.

Little Boxes

Ein vollständiger Neuzugang in GNOME 3.4 ist "Boxes" eine Anwendung, die Remote-Desktop- und Virtualisierungsaufgaben kombinieren und dabei mit einfacher Nutzung punkten will. In der ersten Version konzentriert man sich vor allem auf den Bereich Virtualisierung, und hier konkret auf Kernel-based Virtual Machines (KVM) und darauf aufsetzende Technologien wie Spice. Die Einrichtung solcher virtueller Maschinen ist tatsächlich denkbar einfach: Auf der Platte abgelagerte ISOs werden mithilfe der Desktopsuche Tracker automatisch aufgespürt und zur Installation angeboten, beim Einlegen einer Installations-CD  schlägt der Desktop zudem den Aufruf von Boxes vor. Für zahlreiche Betriebssysteme / Distributionen gibt es darüber hinaus eigene "Quick Installer", die dafür sorgen, dass die Einrichtung weitgehend automatisch erfolgen kann - etwa indem der Produktkey von Windows schon vorab eingegeben wird.

Die einzelnen virtuellen Maschinen und die (derzeit auf VNC beschränkten) Remote Desktops werden in einer Überblicksansicht anhand einer Miniaturvorschau repräsentiert, von wo aus sie gestartet oder auch wieder entfernt werden können. Die Darstellung erfolgt von Haus aus direkt im Hauptfenster, ein Fullscreen-Modus wird ebenfalls unterstützt. Etwas gewöhnungsbedürftig allerdings, dass die Ansicht automatisch skaliert wird. Das hat zwar durchaus seinen Reiz hat, wenn man mehrere Maschinen parallel an einem Rechner überblicken will, die Kehrseite ist allerdings, dass gerade in der Vollbildansicht die Proportionen oft nicht stimmen.

Details

Für jede virtuelle Maschine gibt es zudem eine Detailansicht, in der die aktuelle Speicher- und Prozessorauslastung dargestellt wird und einige Einstellungen - etwa zur RAM-Ausstattung - vorgenommen werden können. Mit Virtualbox und Co. kann sich "Boxes" - angesichts des frühen Entwicklungsstands wenig überraschend - natürlich noch nicht messen. Wobei allerdings betont werden muss, dass es gar nicht das Ziel des neuen GNOME-Bestandteils ist, die gesamte Komplexität anderer Lösungen in diesem Bereich zu kopieren. Alles in Allem handelt es sich bei der aktuellen Release also um eine durchaus vielversprechende Alpha-Version - und als solche sollte sie auch betrachtet werden. Freilich bleibt die Frage, warum eigentlich ausgerechnet Boxes als eine der ersten GNOME3-optimierten Anwendungen realisiert wurde, und nicht etwa neue Musik- oder Bilderverwaltungen. Die Antwort darauf dürfte wohl nicht zuletzt in den Interessen von Linux-Distributor Red Hat zu suchen sein, der nicht nur die Entwickler für Boxes gestellt hat, sondern auch die treibende Kraft hinter KVM und Spice darstellt.

Every Detail Matters

Bei der GNOME Shell finden sich die Neuerungen vor allem in den Details - was durchaus auch so gewollt ist, immerhin hat man sich diesem Thema gezielt mit der Initiative "Every Detail Matters" genähert. Für GNOME 3.4 hat man sich dabei 20 konkrete User-Experience-Verbesserungen vorgenommen - und dieses Ziel auch erreicht. Dabei wurde unter anderem am Aussehen gefeilt, es gibt aber auch so manch neue Funktion, wie die Möglichkeit Fenster mithilfe von Tastatur-Shortcuts fix am Bildschirm anzuorden (Super/Windows + links/rechts. Dazu passend geht auch das Maximieren jetzt mit "Super/Windows + hoch"). Apropos: Bei der Anordnung von zwei Fenstern nebeneinander hat man am Look gefeilt, so werden in diesem Fall jetzt keine Fensterschatten mehr gezeichnet, was dem Erscheinungsbild sehr positiv zugute kommt.

Bei der Organisation des digitalen Alltags hilft, dass Anwendungen in der Aktivitätsansicht nun auch zwischen zwei bestehende Workspaces fallen gelassen werden können - womit an dieser Stelle automatisch ein neuer virtueller Desktop eingeschoben wird. Außerdem wurde die Tastaturnavigation im Overview verbessert, was sich vor allem bei der Auswahl von Suchergebnissen positiv bemerkbar macht, GNOME-Keyring-und Networkmanager-Abfragen werden nun ebenfalls direkt in der Shell gestellt - anstatt wie bisher per Popup.

Erweiterungen

GNOME Shell Erweiterungen können nun auch eigene Einstellungsschemata mitliefern, was wesentlich komplexere Add-Ons ermöglicht. Dazu passend bietet die GNOME Shell jetzt ein eigenes Einstellungstool an, dessen sich Erweiterungen bedienen können. Bei Chats können einzelne Konversationen nun gezielt auf lautlos gestellt werden, an sich wurde die Gruppierung von Benachrichtigungen verbessert. Die eingebaute Screencast-Funktionalität ist mit der neuen Version wesentlich performanter, wofür man allerdings leichte Einbußen bei der Bildqualität hinnehmen muss.

Suche: Ambitioniert aber unvollständig

Zukunftsweisend ist eine andere Neuerung der Shell: Drittprogramme können nun direkt in die Shell-Suche einhaken und dort ihre Inhalte darbieten. In GNOME 3.4 nutzt dies bereits "Documents" um lokale und online abgespeicherte Dateien anzuzeigen. Das Ganze versteht sich als erster Vorbote eines größeren Umbaus des Suchkonzepts, derzeit hat dies aber auch eine gehörige Schattenseite: Parallel zur GNOME-Documents-Integration verzichtet die Shell nun auf das Durchsuchen der "zuletzt benutzten Dateien". An sich ist das zwar durchaus verständlich, da hier sonst unweigerlich Dopplungen entstanden wären, andererseits ist über Documents längst nicht all das zu finden, was bisher bei den "Recent Files" aufzuspüren war. Ebenfalls fällt negativ auf, dass die "GNOME Documents"-Integration äußerst langsam zu Werke geht, bis die zugehörigen Ergebnisse angezeigt werden, vergehen schon mal einige Sekunden - was die reale Nützlichkeit gegen Null tendieren lässt (zumindest wird aber an diesem Problem bereits gearbeitet). In Summe all dieser Probleme hätte man hier wohl gut daran getan, die Suchänderungen erst einzuführen, wenn auch die anderen Bestandteile des neuen Konzepts implementiert sind - und die Performance passt.

Theme

Einige (weitere) Iterationen hat das GNOME3-Theme Adwaita durchgemacht, und hier vor allem die dunkle Variante, die für Content-lastige Anwendungen genutzt wird. Zudem fällt umgehend auf, dass sich nicht-aktive Fenster nun deutlich besser von ihren aktiven Counterparts abheben als bisher. Dazu wird die Oberfläche deutlich aufgehellt, die Widgets werden außerdem weniger "plastisch" dargestellt. GNOME 3.4 bringt aber auch ein neues, wesentlich schlankeres Design für Scrollleisten, die Scroll-Buttons wurden gleich ganz entfernt. Darüber hinaus wurden einige GTK+-Widgets in ihrem Look überarbeitet - und wenn wir schon beim Oberflächlichen sind: Es gibt wieder ein neues Default-Wallpaper, das im Verlauf des Tages seine Helligkeit verändert, in der Nacht etwa deutlich dunkler ist.

Disks

Zu den restlichen Anwendungen: Das GNOME Disk Utility wurde weitgehend neu gestaltet, versucht sich dabei künftig auf die für den Desktop-Alltag wirklich relevanten Aufgaben zu konzentrieren. Fortgeschrittene Funktionen - wie die Konfiguration von LVM- oder Raid-Systemen - überlässt man nun lieber anderen Tools. Im Gegenzug lassen sich hier jetzt aber auch Loopback-Devices - etwa CD-Images - einhängen und gezielt mounten. Zudem erlaubt die neue Version vollständige Disk-Abbilder zu erstellen und wieder einzuspielen, sowie die Mount-Optionen in fstab und crypttab anzupassen.

Undo für Nautilus

Der Dateimanager Nautilus bekommt mit GNOME 3.4 ein der wohl am längsten angefragten Verbesserungen: Undo-Support. So lassen sich nun viele Aktionen rasch per Tastatur oder Menüeintrag wieder rückgängig machen. Die Schlüsselverwaltung Seahorse wiederum führt Passwörter, Zertifikate und Schlüssel aller Art in einer neu gestalteten Oberfläche zusammen.

Vermischtes

Beim Instant Messenger Empathy wurde die Oberfläche für Audio/Video-Chats vollkommen neu gestaltet, auch die Account-Einstellungen wurden einer Überarbeitung unterzogen. Die Webcam-Software Cheese nutzt nun VP8 / WebM als Videoformat und erleichtert das Teilen von Bildern / Videos. Der Mail-Client Evolution erfreut sich - einmal mehr - eines neuen Plugins zur Unterstützung von Exchange-Servern, das auch mit den aktuellen Ausgaben 2007 / 2010 der Microsoft-Lösung umgehen kann. Zudem gibt es mit der libemail erste Schritte in die Richtung, künftig auch Mail über den Evolution-Data-Server für andere Clients verfügbar zu machen.

Bei den Systemeinstellungen wurde so manchem Tool ein neues Design verpasst, etwa jenem für Netzwerkaufgaben oder auch den Stromspareinstellungen. Ein Schwerpunkt der Entwicklung war hier einmal mehr die verbesserte Unterstützung von Wacom-Tablets, darüber hinaus wurde auch der Support für Docking-Stations erweitert. Nachdem die GNOME Online Accounts in ihrer ersten Version ausschließlich mit der Unterstützung von Google-Services gestartet waren, gibt es nun auch eine Anbindung an Windows Live und Facebook. Bei beiden beschränkt sich dies derzeit allerdings auf die Weitergabe der Authentifizierung an den Instant Messenger Empathy, mit der nächsten Release soll es dann auch möglich sein, auf bei Microsofts Sky Drive abgelagerte Dokumente zuzugreifen.

Das Screenshot-Tool des Desktops speichert jetzt die Bilder bei Drücken der "Print"-Taste direkt - also ohne die Notwendigkeit einer Bestätigung - in das Bilderverzeichnis. Darüber hinaus gibt es einige zusätzliche Tastatur-Shortcuts, etwa um Bildschirmfotos nur in den Zwischenspeicher abzulegen, statt sie gleich zu speichern. Der Bilderanzeiger "Eye of GNOME" nutzt von Haus aus das Mausrad zum Zoomen und zeigt (wieder) EXIF/XMP-Informationen im Sidebar an.

Infrastruktur

Jenseits der einzelnen Anwendungen, gab es aber natürlich auch wieder einige Arbeiten an der Infrastruktur des Desktops. So nutzt GNOME 3.4 nun an mehreren Stellen - wenn vorhanden - das neue Boot-System Systemd. Einerseits zum Session-Tracking - statt Consolekit - aber auch für die eine oder andere Funktionalität, etwa um die Zeit oder die Lokalisierungseinstellungen zu ändern. Und der GNOME System Monitor gibt dank Systemd dann auch Informationen zu Unit, Session, Seat und Owner eines Prozesses aus.

Die Ablöse des alten Konfigurationssystems GConf durch das neue Duo Gsettings/Dconf macht ebenfalls Fortschritte: Vor allem hat man den alten - und im Fallback-Modus noch genutzten - Fenstermanager Metacity portiert, und viele der bisher dort mitgelieferten Desktop-Einstellungen ausgelagert. Durch diesen Schritt können nun auch die GNOME Shell und der Fenstermanager Mutter ganz auf GConf verzichten. Aktuell bleibt also - einmal mehr - der Mail-Client Evolution als letzter großer Brocken übrig, bevor GConf ganz verabschiedet werden kann. Immerhin zeichnet sich auch hier eine Besserung ab, die kleineren Einstellungen des Evolution wurden bereits mit GNOME 3.4 auf GSettings umgestellt, für GNOME 3.6 hat man sich dann den Rest in Form der Account-Informationen vorgenommen.

Im Vorfeld der Freigabe der neuen Desktop-Version ist wie gewohnt auch eine aktualisierte Version des grafischen Toolkits GTK+ veröffentlicht worden. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören hier die Anfänge von Multitouch-Support, sowie die Unterstützung von "Smooth Scrolling" - ein weiterer Schritt in Richtung bessere Touch-Nutzung des Desktops. Zudem wurde der Farbauswahldialog vollständig neu gestaltet, die Portierung auf den X-Server-Nachfolger Wayland macht ebenso Fortschritte - alltagsfähig ist das derzeit allerdings noch nicht.

Ausblick

Bleibt der Blick in die Zukunft, und für diese hat man sich noch so einiges vorgenommen. Den aktuellen Schwerpunkten entsprechend soll das Neudesign von GNOME3-Anwendungen vorangetrieben bzw. komplettiert werden, so stehen bei Web/Epiphany noch eine eigene Ansicht für neue Tabs - samt Auflistung von zuletzt besuchten Seiten und einer Warteschlangenfunktion - sowie eine Überarbeitung der Verlaufsanzeige an. Aber auch neue Anwendungen - etwa für Kalender oder Musik - könnten wieder hinzukommen, hierzu gibt es derzeit aber noch wenig Konkretes. Bei der GNOME Shell will man sich - neben den bereits erwähnten konzeptionellen Änderungen an der Suchfunktion - auch den Benachrichtigungsbereich noch mal vornehmen - hier scheint man mit der aktuellen Lösung noch nicht ganz glücklich zu sein.

Und etwas weiter am Horizont zeichnet sich auch schon der nächste Generationswechsel bei dem dem Desktop zugrunde liegenden Toolkit ab: Mit GTK+4 soll die 3D-Bibliothek Clutter fix integriert werden. Eine erste Testversion soll in rund einem Jahr erscheinen, das fertige GTK+ 4.0 von jetzt ab gerechnet in 18 bis 24 Monaten. Ob es darauf basierend dann auch ein GNOME4 geben wird, gilt es allerdings noch abzuwarten. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 28.3.2012)