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Sein größter Moment: Mit Startnummer 10 zum Sieg auf der Kitzbüheler Streif 1999.

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Bislang letzter Speed-Bewerb in Schladming, der Super-G 1999: Dreifachsieg für den ÖSV, Knauß wird Dritter.

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Dynamischer Start bei einem Kinderskirennen.

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Schladming - Hans Knauß wuchs quasi auf der Planai auf. Ein Jahr vor der alpinen Ski-WM steigt im Austragungsort Schladming die Anspannung. Auch darüber sprach der Ex-Rennläufer und ORF-Kommentator vor dem Weltcupfinale mit derStandard.at.

derStandard.at: Bei der Ski-WM 1982 in Schladming waren Sie elf Jahre alt. Welche Erinnerung haben Sie?

Knauß: Eine sehr intensive. Ich war damals Fahnenfahrer, im Zielhang war es sehr eisig. Die WM war für mich ein Schlüsselerlebnis, damals habe ich mich entschieden: Ich will nur eines, Skirennfahrer werden.

derStandard.at: Welche Persönlichkeit hat Sie damals besonders fasziniert?

Knauß: Ingemar Stenmark. Er war so unantastbar. Man hat schon als Kind gewusst, der redet nicht gerne. Er stieg vor mir in die Gondel ein, ich hätte noch Platz gehabt, nahm aber vor lauter Respekt erst die nächste Kabine. 

derStandard.at: Welchen nachhaltigen Effekt hatte diese WM für das Ennstal?

Knauß: Sie war sehr wichtig, um auch international als Tourismusregion wahrgenommen zu werden. Bis dahin gab es nur Tirol und den Arlberg. Dass es auch in der Steiermark traumhafte Skigebiete gibt, war eher unbekannt.

derStandard.at: Mittlerweile ist Schladming sehr bekannt, wie kann man also die WM 2013 nutzen?

Knauß: Der Nachtslalom brachte dem Ort viel Prestige, bei einer WM berichten aber auch internationale Medien, die den Weltcup normalerweise nicht abdecken. Man erreicht mit einem Großereignis doch eine viel breitere Öffentlichkeit.

derStandard.at: Wo kann sich Schladming gegenüber Orten wie Kitzbühel am Markt positionieren?

Knauß: Kitzbühel ist einzigartig und wunderbar, man sollte aber nicht versuchen, es zu imitieren. Schladming will auch nicht Kitzbühel werden. Dort brauchst du Chanel und Gucci, bei unserem Publikum nicht, es geht etwas bodenständiger zu.

derStandard.at: Man sieht viele Baustellen im Ort, wie ist die Stimmung ein Jahr vor der WM?

Knauß: Die Anrainer rund um das Stadion haben in den letzten Jahren einiges durchgemacht, die sind wohl nur noch froh, wenn der ganze Zauber vorbei ist. In Summe steht die Mehrheit aber voll hinter der WM, der Kitzel wächst.

derStandard.at: Gibt es auch kritische Stimmen?

Knauß: Ja, vor allem was das Zielstadion betrifft. Die modernen Bauten provozieren, was ja auch nicht unbedingt schlecht ist. Ich denke, 90 Prozent der geschaffenen Infrastruktur werden nachhaltig nutzbar sein.

derStandard.at: Zum Beispiel?

Knauß: Die Garage, die Zufahrten. Diese Investitionen sichern unsere Zukunft. Jeder, der die historische Bedeutung der WM '82 kennt, weiß, dass wir diese zwei Wochen so gut wie möglich nutzen müssen.

derStandard.at: Gibt es Bestrebungen, auch nach der WM Speed-Disziplinen in Schladming auszutragen?

Knauß: Es ist vor allem wichtig, den Nachtslalom in seiner derzeitigen Form zu erhalten. In puncto Atmosphäre sicher das beste Rennen im Weltcup. Was will man mehr? Der Aufwand für einen Slalom ist zudem viel geringer als für eine Abfahrt. Und wenn das Wetter schlecht wird, hast du bei einer Abfahrt den Scherm auf.

derStandard.at: Klaus Kröll hat vor dem Finale im Abfahrtsweltcup 48 Punkte Vorsprung und Heimvorteil. Soll ich meine Ersparnisse ins Wettbüro tragen?

Knauß: Ja. Kröll ist als Lokalmatador hier sehr viel Ski gefahren. Er kennt das Profil und die Lichtverhältnisse. Das sind kleine Vorteile, die entscheidend sein können. Außerdem ist er in Topform und die langgezogenen Kurven liegen ihm.

derStandard.at: Sie fuhren 1999 beim Super-G von Schladming auf Rang drei. Ihre größten Erfolge feierten sie anderswo, welcher blieb der Öffentlichkeit am meisten in Erinnerung?

Knauß: Es passiert, dass ich durch Wien spaziere und jemand sagt: "He, du bist doch der Knauß, dein Sieg auf der Streif war geil!" Kitzbühel hat meinen Bekanntheitsgrad gesteigert. Aber auch mein erster Weltcupsieg in Alta Badia vor Michael von Grünigen und einem Alberto Tomba in Höchstform ist dem älteren Publikum ein Begriff. 

derStandard.at: Sie waren als Aktiver starker Konkurrenz ausgesetzt.

Knauß: Ich bin in eine Generation mit Maier, Eberharter, von Grünigen und Tomba gefallen. Das war eine Konkurrenz, bist du deppert. Aber auch sie waren zu biegen, ein paar Mal wenigstens. Meine Technik war mit ihrer auf einem Level, aber das Hirn hat entschieden. Die Hundlinge wurden mit jedem Sieg im Kopf stärker, auf dieser Welle bin ich nur ansatzweise geritten.

derStandard.at: Nicht jeder schafft den Sprung vom Skifahrer zum Werbeträger. Wie ist er Ihnen gelungen?

Knauß: Als ich meinen Rücktritt als Skifahrer bekanntgab, war ich auch froh, mich aus der Öffentlichkeit zu verabschieden. Natürlich genoss ich den Jubel von 50.000 Zusehern bei meinem Sieg in Kitzbühel, darauf habe ich hingearbeitet. Aber ich war an einem Punkt angekommen, an dem ich darauf verzichten konnte. Zwei Monate später bekam ich den Anruf vom ORF und stand doch wieder in der Öffentlichkeit. Dann ergaben sich auch Aufträge, eigentlich mehr als zu meiner aktiven Zeit.

derStandard.at: Welche Attribute werden Ihnen öffentlich zugerechnet? Für welche Werte steht Hans Knauß?

Knauß: Ich denke, Ehrlichkeit und eine gewisse Bodenständigkeit. Ich habe immer gesagt, was ich mir gedacht habe. Eines der größten Geschenke war bestimmt, dass die breite Masse nach dem positiven Dopingtest hinter mir stand. Ich wollte zu meinem Karriereende ein riesiges Fest geben, und dann ist es ganz anders gekommen, das hat mich eineinhalb Jahre sehr beschäftigt.

derStandard.at: Man hat nicht das Gefühl, dass Ihr Image unter dem Dopingverdacht groß gelitten hätte. Welche Strategie verfolgte Ihr Krisenmanagement?

Knauß: Ich hatte keine Strategie. Ich habe der Öffentlichkeit den Stand der Dinge mitgeteilt. Mir war es ein großes Bedürfnis, die Sache aufzuklären. Egal was passiert, man muss ehrlich bleiben, die Leute merken das.

derStandard.at: Sie haben sich mit dem Hersteller des verunreinigten Nahrungsergänzungsmittels außergerichtlich geeinigt. Hat auch dies Ihren Ruf wiederhergestellt?

Knauß: Viel wichtiger war es für mich selbst. Ich stieg in New York in den Flieger und spürte nach all den Verhandlungen eine große Genugtuung. Nicht nur wegen dem Geld. Darüber könnte man ein Buch schreiben, das war eine unglaubliche Erfahrung, nicht nur im negativen Sinne. Ich habe gesehen, wie es in dieser Welt laufen kann.

derStandard.at: Sie werben auch für Alkohol. Gibt es da als Ex-Sportler keine Berührungsängste?

Knauß: Ehrlich gesagt: nein. Jeder weiß, dass ich ein Lebemensch bin und früher nach Siegen auch Feiern ging. Ich denke, mein Umgang mit Mitmenschen ist in puncto Vorbildfunktion wichtiger.

derStandard.at: Sollen Skifahrer überhaupt als Vorbilder dienen? Wie vorbildlich ist es eigentlich, einen Berg mit 150 km/h auf zwei Brettern runterzudonnern?

Knauß: Die Disziplin, die dahintersteht, ist vorbildlich, die Vorbereitung. Bei all den schweren Stürzen denke ich aber manchmal auch: Hoffentlich fahren meine Kinder da nie runter. Es ist tatsächlich fraglich, ob man als Skifahrer ein Vorbild ist, ob es gescheit ist, was wir da tun. 

derStandard.at: Von einem Buchautor verlangt man nicht, dass er Vorbild ist. Warum aber von Sportlern?

Knauß: Vielleicht, weil man uns direkt bei der Arbeit zusehen kann. Und wir dadurch für die Menschen greifbarer werden.

derStandard.at: Sie sprachen bereits Ihren Job beim ORF an. Würde man die Zeitnahme ausblenden, wie genau könnten Sie die Leistungen einordnen?

Knauß: Wenn die Strecke technisch schwer und der Ski nicht entscheidend ist, habe ich in komplizierten Passagen schon das Gefühl, grundsätzlich richtig zu liegen. Bei einem langen Gleitstück wie in Chamonix kann man aber nur noch raten.

derStandard.at: Wie viel Kompetenz dürfen Sie als Kommentator von den TV-Zusehern erwarten?

Knauß: Ich kommentiere vor allem die gröberen Sachen für die breite Masse, gelegentlich werfe ich auch einen Brocken für die Experten hin. 80 Prozent meiner Arbeit sollten aber für die Mehrheit der TV-Zuseher verständlich sein.

derStandard.at: "Der Hang hängt" - würde diese Formulierung jeder verstehen?

Knauß: (lacht) Er muss hängen, sonst ist es kein Hang, oder? Wenn mir das jemand sagt, weiß ich, er hängt nach links oder nach rechts. Diese Formulierungen sind für uns Rennfahrer ganz normal, für die Masse aber erklärungsbedürftig.

derStandard.at: Hatten Sie als Kamerafahrer schon heikle Momente zu meistern?

Knauß: Ja, in der vergangenen Saison in Val d'Isère bin ich in einem nebeligen Super-G quasi als Testläufer über die Piste gegangen. Mir hat es bei Tempo 100 den Ski verschnitten, ich dachte schon, es würde erstmals klingeln. Gefilmt habe ich den Himmel, ist bei dem Nebel aber gar nicht groß aufgefallen.

derStandard.at: Schon mal Ihren ORF-Kollegen Rainer Pariasek die Streif runtergejagt?

Knauß: Nein, aber der Rainer hat überall die Ski mit und schaut sich die Piste an. Ein leidenschaftlicher Skifahrer. Unsere Moderatoren kennen sich schon aus.

derStandard.at: Sie reden sogar in der Mausefalle. Als Sie bei Kunstflieger Hannes Arch im Cockpit saßen, schien aber sogar Ihnen der Schmäh auszugehen ...

Knauß: Komplett. Ich habe mich fast übergeben. Selten so etwas Arges erlebt. Ich ziehe den Hut vor dem Burschen, es ist mir ein vollkommenes Rätsel, wie er sich da oben orientiert. Er hat mir alles angesagt und trotzdem habe ich nach wenigen Momenten nicht mehr gewusst, ob wir rauf oder runter fliegen. Mir wurde so schlecht, dass ich ihn bitten musste aufzuhören. (Philip Bauer, derStandard.at, 13.3.2012)