Nisreen Awwad live on air.

Foto: derStandard.at/Hackl

Maysoun Odeh Gangat ist die Direktorin des palästinensische Frauenradios al-Nisaa.

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Maysoun Odeh Gangat hatte Glück im Leben. Sie durfte eine Privatschule besuchen und konnte einem Beruf nachgehen, für den sie Leidenschaft empfindet. Heute ist sie die Direktorin des palästinensischen Frauenradios al-Nisaa. Im Kampf für eine Besserstellung der Frau in Palästina will sie vor allem eines: Erfolgsgeschichten aufzeigen.

"Nachdem mein Vater 1967 gestorben ist, hat meine Mutter vier Kinder alleine aufgezogen. Unsere Bildung war ihr dabei am wichtigsten", sagt Maysoun im Al-Nisaa-Studio in Ramallah. "Auch das ist ein Erfolg."

Seit eineinhalb Jahren läuft auf al-Nisaa wöchentlich eine Sendung über palästinensische Frauen, die mit Hilfe von sogenannten Mikrokrediten zu Geschäftsfrauen wurden. Einmal pro Woche spricht eine dieser Frauen über ihren persönlichen Weg aus der Armut. Durch solche Erfolgsgeschichten will Maysoun das Frauenbild in der palästinensischen Gesellschaft verändern und die Stärke traditioneller Frauen ins Zentrum rücken.

Vor den vielen Problemen dürfe man dennoch nicht flüchten, sagt sie. Al-Nisaa spreche immer wieder auch brisante Themen wie Ehrenmorde und Polygamie an. "Aber unser Radio ist nicht feministisch", will sie klarstellen. Stattdessen scheint sie einen Mittelweg zu suchen. "Manche Frauenorganisationen glauben, wir müssen gegen Männer kämpfen. Doch für mich sind Männer Partner im Kampf für eine Besserstellung der Frau."

Indem sie Erfolgsgeschichten ländlicher Frauen aufzeigt, "anstatt nur über das Negative zu sprechen", will Maysoun die Palästinenser auch aus ihrem Selbstmitleid rütteln.

"Wir sind oft gefangen im Selbstmitleid. Es heißt immer, wir leben unter israelischer Besatzung und werden unterdrückt. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Was die sozialen Aspekte unserer Gesellschaft betrifft, müssen wir unsere eigenen Lösungen finden. Wir müssen innerhalb unserer Gesellschaft vielfältiger werden", sagt sie.

Für sich selbst sprechen

Eine der Radiosendungen auf al-Nisaa ist "Qahweh Mazbut". Der Titel bedeutet so viel wie eine Tasse Kaffee mit etwas Zucker. "Der Zucker steht für das Positive. Aber davon gibt es eben nur ein bisschen, deswegen Mazbot", erklärt die Produzentin und Sprecherin der Sendung, Nisreen Awwad.

Für Nisreen war die Stelle bei Radio al-Nisaa auch ein Befreiungsschlag. Nie hat sie sich mit dem identifizieren können, was andere über palästinensische Frauen sagen oder schreiben. "Eine Frau wie ich, die gibt es in der Opfer-fokussierten Diskussion über palästinensische Frauen nicht", meint Nisreen.

"Auf al-Nisaa können Frauen zum ersten Mal öffentlich selbst und über sich selbst sprechen, anstatt von Organisationen und anderen porträtiert zu werden", sagt sie. An diesem Tag habe sie in ihrer Sendung mit palästinensischen Frauen gesprochen, die als Hilfskräfte in israelischen Siedlungen arbeiten. "Sie werden als billige Arbeiterinnen ausgenutzt und haben keine soziale Absicherung", sagt Nisreen. Zu süß und positiv ist der Kaffee eben doch nicht. (Andreas Hackl, derStandard.at, 8.3.2012)

Mit Kunst gegen Klischees: Palästinensische Künstler und Künstlerinnen wollen mit ungewöhnliche Fotos Rollenbilder palästinensischer Frauen herausfordern. Auszüge aus einer Straßenausstellung in Ramallah