Wien - Die von Anna Thier, Uwe Mattheiß und Günter Lackenbucher im Auftrag des Wiener Kulturamts erstellte Studie Freies Theater in Wien wird mehr und mehr zum Trampolin - von dem sich Diskutanten und Gedankenbeiträger bereitwillig abstoßen.

Darin liegt schon jetzt das große Verdienst einer mit Anregungen nicht geizenden Vorlage, die vor zwei Wochen im Büro des Kulturstadtrats das Licht der Welt erblickte: Sie regt eine scheintote Szene zu Nachdenkprozessen an.
Auch die grüne Kultursprecherin Marie Ringler lud zum "StadtexpertInnengespräch" ins dietheater Künstlerhaus. Sie verabreichte damit den zahlreich erschienenen Vertretern der freien Szene einen Schnellsiedekurs in internationaler Theaterförderpolitik.

Sowohl Dominik Müller vom Zürcher Präsidialdepartement als auch Amelie Deuflhard, Leiterin des Koproduktionshauses sophiensaele in Berlin, verwiesen auf die Notwendigkeit, die Nachvollziehbarkeit jeder einzelnen Förderentscheidung, ob nun am Limmat-Kai oder am Spree-Ufer, mit dem kommunal Wünschenswerten zu harmonisieren. Konkret heißt das: Die Schaffung von "Koproduktionshäusern", wie sie auch für Wien angedacht ist, sollte möglichst keine Neointendanzen mit gutsherrlich verwalteten Etats hervorbringen. Nur im Wege einer horizontalen Mittelverteilung können "freie" Theatergruppen hoffen, auch wirklich in den Genuss der an sie adressierten Projekt- oder Konzeptgelder zu kommen.
Umgekehrt drückten sowohl der helvetische wie der bundesdeutsche Gast ihr zartes Befremden über die hierorts geübte Förderpraxis aus. Das künstlerisch unzureichende Versickern von Kleinstförderungen schafft Ausbeutung. Auch das Aufreißen von Türen zur großen Welt muss erst geübt werden.
Ein solches Umkrempeln des Förderungsbrauchtums braucht Zeit: Nicht von ungefähr kam der Hinweis, dass das beschauliche Gießen von Schrebergärtchen (Stichwort "Kindertheater") den als schutzwürdig Empfundenen nichts Gutes tut.
Am 26. Juni lädt Kulturstadtrat Mailath-Pokorny zur nächsten Diskussionsrunde ins Museumsquartier. (poh)