Dresden - Mit der Entschärfung der Kofferbombe auf dem Dresdner Hauptbahnhof hat die Polizei am vergangenen Freitag einen Anschlag verhindert. Der an Gleis 14 gefundene Sprengsatz mit 1,6 Kilogramm TNT war voll funktionsfähig, sagte der Präsident des sächsischen Landeskriminalamtes, Peter Raisch, am Freitag. Es sei ein Blutbad vereitelt worden. Als Konsequenz kündigte Bundesinnenminister Otto Schily an, die Kamera-Überwachung auf Bahnanlagen zu verstärken.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge sollte die Bombe auf dem Bahnsteig mit Zeitzünder neben einem Getränkeautomat explodieren. Diesen Schluss lasse die fehlende Transportsicherung und die gefundenen Überreste eines Reiseweckers zu, sagte Raisch.

TNT-Sprengstoff aus militärischen Beständen

Zu den Tätern machte er keine Angaben, schloss aber einen terroristischen Hintergrund nicht aus. Das Spektrum reiche vom irrationalen Einzeltäter bis zu politisch motivierten Straftätern. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Andreas Feron, sagte, die Organisierte Kriminalität komme als Täterkreis nicht in Frage.

Der TNT-Sprengstoff aus militärischen Beständen war zum Teil in einen Schnellkochtopf aus Walzstahl verpackt, der 1981 oder 1982 in Tübingen produziert wurde. Der Topf mit 18 Zentimetern Durchmesser sollte bei einer Explosion die Splitterwirkung noch verstärken, berichtete Raisch. Sechs Kilogramm Schottersteine mit einer Körnung zwischen 1,5 und drei Zentimeter sollten offenbar als Schrotladung dienen.

Videoüberwachung intensivieren

Schily sagte der "Bild"-Zeitung": "Wir werden die Video-Überwachung der Bahnanlagen erheblich intensivieren." Zugleich warnte der SPD-Politiker jedoch vor Überreaktionen. So seien etwa Kofferschleusen auf Bahnhöfen nicht machbar und für die Reisenden nicht zumutbar. "Wenn wir demnächst vor jedem Bahnsteig Aktentaschen und Koffer durchleuchten wollten, müssten Pendler und Reisende wie bei einem Flug ein bis zwei Stunden vor Abfahrt zum Bahnhof kommen", sagte der Minister.

Auch der sächsische Innenminster Horst Rasch forderte, Bahnhöfe nicht nur wie bisher per Videokamera zu überwachen, sondern die Bilder auch aufzuzeichnen. Ein Aufzeichnen der Bilder sei bei der Ermittlung der Täter hilfreich. Genau das war aber beim Bombenfund auf dem Dresdner Hauptbahnhof versäumt worden. Bahnsprecher Volker Knauer begrüßte in Dresden die Ankündigung von Schily, die Videoüberwachung auf Bahnhöfen auszuweiten. Zu der Frage, ob die Bahn künftig Bilder auch aufzeichnet, wollte sich Knauer "abschließend nicht äußern."

Beamte des Landeskriminalamtes und des Bundesgrenzschutzes wollten am Freitagnachmittag auf dem Dresdner Hauptbahnhof Handzettel verteilen, in denen die Bevölkerung um Hinweise gebeten wird.(APA/AP)