Wien - Wie SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim gegenüber der APA betonte, waren die vom Justizministerium beabsichtigten Änderungen des Paragrafen 112 der Strafprozessordnung koalitionsintern "nicht abgestimmt". Es sei "erstaunlich und bedenklich", wenn das Justizministerin nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens "in einem extrem heiklen Bereich Überarbeitungen vornehmen lässt". Die SPÖ werde bei einer Einschränkung des Redaktionsgeheimnis "nicht mitspielen. Dazu gibt es von unserer Seite ein glattes Nein."

Scharfe Kritik erntete Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) von der Opposition. "Dieser Gesetzesentwurf ist abzulehnen", sagte der freiheitliche Justizsprecher Peter Fichtenbauer. Der Entwurf ziele auf eine klare Aushöhlung der Schutzwirkungen der Verschwiegenheitspflicht der freien Berufe wie Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater ab und widerspreche der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), da nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte das Anwaltsgeheimnis ein verfassungsrechtlich abgesichertes Grundrecht darstelle.

Für das BZÖ wandelt die Justizministerin "auf den Spuren Metternichs", wie Justizsprecher Gerald Grosz und Mediensprecher Stefan Petzner bekundeten. Sie interpretierten den Gesetzesentwurf als "unglaublichen Versuch, mittels Umgehung der Grundrechte direkten Einfluss auf missliebige Aufdecker zu nehmen. Zuerst hat die ÖVP versucht, mittels der Zeugenregelung an Unterlagen und Informanten von Journalisten und Oppositionsabgeordneten heranzukommen, jetzt ändert man die Strategie und will mittels einer Beschuldigtenregelung der Aufdecker des Landes habhaft werden." Gross und Petzner bezeichneten Karl als "endgültig rücktrittsreif".

Journalistengewerkschaft: "Maulkorb" für Bürger

Heftiger Protest kam auch von der Journalistengewerkschaft. Deren Präsidium forderte die Regierung auf, den Entwurf unverzüglich zurückzuziehen. Karl habe "in einer überfallsartigen Änderung des ursprünglichen Ministerratsentwurfs und nach Ende der Begutachtungsfrist Formulierungen eingeschleust, die das Redaktionsgeheimnis und damit die Pressefreiheit abschaffen".

Man müsse nun befürchten, dass weisungsgebundene Staatsanwälte mit Hilfe der Polizei jederzeit redaktionelle Unterlagen und Daten von Redaktionscomputern beschlagnahmen können. "Damit hängt die Regierung den Bürgerinnen und Bürgern praktisch einen Maulkorb um", sagte Franz C. Bauer, der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp. Informanten werde damit jeder Schutz entzogen, die Aufdeckung von Korruptionsfällen und Fehlverhalten der Regierung praktisch unmöglich gemacht. (APA)