Speed-Video-Dating mit Johanna Mikl-Leitner: derStandard.at hat die Innenministerin zum Kurzinterview gebeten und sie zu aktuellen Themen wie ihrem Vorschlag zu mehr Teilzeitarbeit für Männer, dem Sicherheitspolizeigetz, der Causa Kampusch und dem U-Ausschuss befragt. Die Videos zeigen kurze Ausschnitte aus dem Gespräch, darunter gibt es das Interview in der ausführlichen Textversion.


zur Männer-Teilzeit

zum Sicherheitspolizeigesetz

zu FBI & Kampusch

zu U-Ausschuss & Kloibmüller

Zur Männer-Teilzeit

derStandard.at: Sie wollen Männer dazu bewegen, dass Sie mehr Teilzeit arbeiten. Wie wollen Sie mich dazu überreden?

Mikl-Leitner: Das Entscheidende ist nicht, wozu ich die Männer bewegen will, sondern was der Wunsch der Männer ist. Laut einer Umfrage wünschen sich zwei Drittel der Männer, in Teilzeitarbeit zu gehen. Wir können nicht immer von Flexibilität sprechen, und dann gewähren wir diese nicht. Wir müssen es nun seitens der Unternehmer und der Wirtschaft schaffen, dass Teilzeit zu einer Selbstverständlichkeit für Frauen und für Männer wird. Teilzeit auf Zeit wird gewünscht.

derStandard.at: Es gibt aber auch den Wunsch, dass man nicht weniger verdient. Wie wollen Sie diesen Wunsch erfüllen?

Mikl-Leitner: Das ist ein Wunsch ans Christkind. Wenn man 40 Stunden arbeitet, bekommt man für 40 Stunden bezahlt, wenn man nur 20 Stunden arbeitet, bekommt man entsprechend weniger bezahlt. Familienzeit muss Mutter und Vater auch etwas wert sein, das heißt, die Zeit ist durch nichts zu ersetzen.

derStandard.at: Die aktuelle Situation ist aber so, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Wenn Männer in Teilzeit gehen, kommt unter dem Strich weniger Geld für die Familie raus.

Mikl-Leitner: Ja, aber ich glaube, dass es schon ein sehr gutes Lebensmodell ist, wenn sich Frauen und Männer die Arbeitszeit so aufteilen, dass sie gemeinsam Zeit für die Familie haben. Warum soll es nicht sein, dass ein Mann 70 Prozent arbeitet und die Frau 50 Prozent?

derStandard.at: Weil weniger Geld zur Verfügung steht. Soll man dann beim Essen für die Kinder sparen?

Mikl-Leitner: Wenn man danach trachtet, dass Männer mehr in Frauenberufe einsteigen und mehr Frauen in Männerberufe, dann wird sich das Gehaltsniveau ändern. Es sollte auch bei den Kollektivvertragsverhandlungen das Problem angegangen werden, da körperliche Arbeit höher bewertet wird als soziale Kompetenz. Hier bedarf es einer Änderung.

derStandard.at: Vielfach scheitern Vorhaben wie mehr Männerkarenz an den Unternehmen. Sollte man diese mehr in die Pflicht nehmen?

Mikl-Leitner: Hier braucht es kein Zwangskorsett, wie es die SPÖ gerne hätte.

derStandard.at: Sollte man Kinderlose höher besteuern?

Mikl-Leitner: Das ist eine schwierige Frage, weil man nie weiß, warum eine Partnerschaft kinderlos ist. Deshalb bin ich eher dafür, Maßnahmen zu setzen, dass die Familien Ja zum Kind sagen. Mit mehr Unterstützung für Teilzeitarbeit und der Möglichkeit, dass Eltern bis zu drei Monate lang parallel in Karenz gehen können.

Zum Sicherheitspolizeigesetz

derStandard.at: Wie wollen Sie verhindern, dass es mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetz zu Missbrauch kommt?

Mikl-Leitner: Warum brauchen wir überhaupt dieses neue Sicherheitspolizeigesetz? Wir alle wissen, die Welt dreht sich und verändert sich, und somit verändert sich auch die Kriminalität. Neue Technologien sind entstanden, und diese werden auch von den Kriminellen verwendet. Mir geht es darum, dass wir nicht mit einem VW Käfer unterwegs sind, während die Kriminellen einen Porsche fahren. Deshalb müssen wir die Aufgaben und Befugnisse der Polizei anpassen, damit wir auf die neuen Herausforderungen reagieren können.

Wir haben hier eine Balance gefunden, um dem Datenschutz gerecht zu werden, und die Polizei bekommt ein Instrumentarium, um rechtzeitig Gefahren abzuwenden. Damit hier kein Missbrauch passieren kann, gibt es den Rechtsschutzbeauftragten, der die Interessen der Betroffenen im Fokus haben soll.

derStandard.at: Der Rechtsschutzbeauftragte sitzt aber in Ihrem Haus. Wie unabhängig kann der sein?

Mikl-Leitner: Der Rechtsschutzbeauftragte ist weisungsfrei. Er hat zwar sein Büro im Innenministerium, unterliegt jedoch keiner Weisung von uns. Er wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung und nach Anhörung der Parlamentspräsidenten und der Präsidenten der Höchstgerichte ernannt. Das heißt, hier sitzt wirklich ein Unabhängiger. Mir wäre ja ein Richter genauso lieb, das geht aber nicht aufgrund der Verfassung, weil wegen der Gewaltenteilung der Polizeibereich zur Verwaltung zählt, und dort sind Richter nicht vorgesehen.

Zur Causa Kampusch

derStandard.at: Ihr Parteikollege Werner Amon, der den geheimen Ausschuss zur Causa Kampusch im Parlament leitet, kann sich vorstellen, dass das FBI hier ermitteln könnte. Sollten noch weitere Ermittlungen durch die US-Polizei erfolgen?

Mikl-Leitner: Es gilt jetzt, den Unterausschuss abzuwarten. Dieser wird seinen Bericht an die Justiz übermitteln. Dann ist für die Exekutive abzuwarten, wie die Justiz entscheidet. Werden hier weitere Ermittlungen eingeleitet? Gibt es eine Evaluierung? Das werden wir sehen, nachdem der Ergebnisbericht vorliegt. Sollte es eine eigene Kommission geben, ist es mir wichtig, dass hier auch ausländische Kolleginnen und Kollegen zu Rate gezogen, alle Informationen auf den Tisch gelegt und alles aufgeklärt wird.

derStandard.at: Also schließen Sie einen FBI-Einsatz auch nicht aus?

Mikl-Leitner: Jetzt gilt es einmal abzuwarten, was das Parlament tut. Ich schließe es nicht aus, dass wir hier das FBI einsetzen. Wir haben in vielen Fällen Kooperationen mit ausländischen Partnern wie dem FBI, das heißt, auch in diesem Fall kann ich mir das zweifelsohne vorstellen.

derStandard.at: Aber es wurde doch schon sehr, sehr viel ermittelt. Ein FBI-Einsatz wäre die nochmalige Bestätigung, dass es Ermittlungsfehler vonseiten der österreichischen Behörden gegeben hat.

Mikl-Leitner: Im Gegenteil. Wir zeigen damit, dass wir nichts zu verbergen haben. Aber: Das Parlament ist am Zug. Je nachdem, wie dann die Justiz entscheidet, werden wir danach handeln.

derStandard.at: Wie kann es eigentlich sein, dass ein Polizist auf eigene Faust ermittelt, wie es jüngst zur Causa Kampusch passiert ist?

Mikl-Leitner: Das ist meines Erachtens ein sehr tragischer Fall, wo seitens der Wiener Polizei mit der Suspendierung sofort die Konsequenzen gezogen worden sind. Derartige Aktionen haben bei mir null Toleranz.

Zum U-Ausschuss und zur Causa Kloibmüller

derStandard.at: Was gibt es eigentlich Neues zur Causa Kloibmüller, ihrem Kabinettschef, der im Zuge der Telekom-Affäre mit Vorwürfen konfrontiert wurde?

Mikl-Leitner: Es ist ein laufendes Verfahren, und ich vertraue hier voll und ganz auf die Justiz.

derStandard.at: Sollten Sie zu dieser Sache vor den U-Ausschuss geladen werden, würden Sie aussagen?

Mikl-Leitner: Ich bin noch nicht eingeladen.

derStandard.at: Sollten Sie eingeladen werden, würden Sie aussagen?

Mikl-Leitner: Ja, selbstverständlich.

Zum ÖAAB & Hochegger

derStandard.at: Auch an den ÖAAB sind Gelder von Hochegger geflossen. Was sagen Sie als ÖAAB-Chefin dazu?

Mikl-Leitner: Man muss hier ganz klar zwischen Korruption und Marketing und Sponsoring unterscheiden. Für jeden Verein ist Marketing und Sponsoring ganz, ganz wichtig. Bei uns, beim ÖAAB kann ich davon ausgehen, dass alles rechtens ist. Auch hier gibt es selbstverständlich Marketing und Sponsoring. Es steht immer ein Wert einem Gegenwert gegenüber - wie beim STANDARD, wo es ein Inserat auch nicht gratis gibt.

derStandard.at: Wert und Gegenwert der 15.000 Euro von Hochegger an den ÖAAB sind belegbar?

Mikl-Leitner: Das wurde mir glaubwürdig versichert.

Zu "Her mit dem Zaster"

derStandard.at: Es gibt ein Volksbegehren für mehr Vermögenssteuern, das nach Ihrem Ausspruch "Her mit dem Zaster" benannt ist. Was sagen Sie dazu, dass Sie hier zitiert werden?

Mikl-Leitner: Als öffentliche Person muss man derartige Dinge akzeptieren und mit Schmunzeln darüber urteilen.

derStandard.at: Werden Sie das Volksbegehren unterschreiben?

Mikl-Leitner: Selbstverständlich nicht.

Video: Mikl-Leitner über das Volksbegehren für Vermögenssteuern

(derStandard.at, 7.3.2012/Videos: Johannes Jelinek)