Der Firmennetzwerkbauer Siemens Enterprise Communications (SEN) will noch in diesem Jahr den Sprung an die Börse wagen. "Wir bereiten einen IPO für Ende dieses Jahres vor", sagte SEN-Chef Hamid Akhavan am Dienstag auf der Computermesse CeBIT der Nachrichtenagentur Reuters. Entscheidend sei das Marktumfeld. Wenn die Börsen sich verschlechterten, könne das Kapitalmarktdebüt auch verschoben oder abgeblasen werden. "Wir stehen nicht unter Druck", betonte er. Der Hersteller von Telefonanlagen für Unternehmen bevorzuge eine Notierung in den USA, da Technologietitel dort stärker beachtet würden.

Kapital

"Wir wollen nicht an die Börse gehen, um zusätzliches Kapital aufzunehmen", sagte Akhavan. "Wir könnten die Aktien als Akquisitionswährung einsetzen." Der SEN-Chef geht davon aus, dass die beiden Anteilseigner, der US-Finanzinvestor Gores und Siemens, nur eine Minderheit an dem Unternehmen platzieren wollen.

Siemens hatte die Mehrheit an dem seinerzeit verlustreichen Telefonanlagenbauer im Sommer 2008 an die Beteiligungsgesellschaft verkauft. Der Münchner Technologiekonzern hält noch 49 Prozent an SEN. Ein Ausstieg dürfte im Interesse der beiden Besitzer sein: Finanzinvestoren wie Gores steigen üblicherweise nach einigen Jahren wieder aus und für Siemens hat der SEN-Anteile keine strategische Bedeutung. Von Siemens war keine Stellungnahme zu erhalten.

Die IPO-Pläne des Unternehmens, das unter anderem mit Cisco und Avaya konkurriert, kommen nicht vollkommen überraschend. Akhavan hatte bereits vor einem Jahr in einem Reuters-Interview gesagt, dass eine Börsennotiz eine von mehreren Option für die Zukunft von SEN sei, am besten an der US-Technologiebörse Nasdaq.

Damit ist SEN massiv geschrumpft

Der Turnaround des jahrelang kriselnden Unternehmens sei weitgehend gelungen, sagte Ex-Telekom-Vorstand Akhavan am Dienstag. Im Geschäftsjahr 2010/2011, das bis Ende September lief, sei ein Überschuss von 65 Mio. Euro erzielt worden. Im laufenden Jahr solle der Überschuss zweistellig wachsen. Der Umsatz, der sich zuletzt auf 2,1 Mrd. Euro belief, solle gleichzeitig um drei bis sechs Prozent zulegen. Damit ist SEN massiv geschrumpft - vor der Abspaltung von Siemens lag der Jahresumsatz noch bei 3,2 Mrd. Euro.

Unter der Leitung von Siemens hatte SEN zu lange auf herkömmliche elektronische Telefonanlagen gesetzt, während die meisten Unternehmen Internetverbindungen für ihre Kommunikation nutzen wollten. Die Münchner hatten SEN vor der Trennung vor dreieinhalb Jahren noch mit viel frischem Kapital ausgestattet, um ein zweites Desaster wie bei BenQ Mobile zu vermeiden. Die Handy-Tochter war kurz nach dem Verkauf an den taiwanesischen Elektronikkonzern BenQ pleitegegangen.

Siemens hatte seinen einst riesigen Telekommunikationsbereichs - Keimzelle des bald 165 Jahre alten Konzerns - seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts aufgelöst. Das ging jedoch - wie im Fall BenQ - alles andere als geräuschlos über die Bühne. Bei SEN sorgte ein großangelegter Job-Kahlschlag, der das Unternehmen für den Verkauf vorbereiten sollte, für Negativ-Schlagzeilen. Der Verkauf des Telefongerätehersteller Gigaset 2008 an Arques zog einen langen Streit mit der Beteiligungsfirma über ausstehende Kaufpreiszahlungen und Investitionen nach sich. Ärger gibt es auch bei dem mit Nokia betriebenen Gemeinschaftsunternehmen NSN. Der krisengeschüttelte Netzwerkbauer hatte vor einem Monat angekündigt, dass in Deutschland bis Ende des Jahres 2900 Mitarbeiter gehen müssen. Weltweit will NSN 17.000 Arbeitsplätze und damit ein Viertel der Jobs streichen, um sich zu sanieren. (APA)