St. Pölten - Bei der Schiefergasförderung im Weinviertel ist (vorerst) die Luft draußen. Wie ein Sprecher der OMV am Freitagnachmittag mitteilte, wird es "bis auf Weiteres keinen Projektantrag geben". Damit wolle man "den vielen Bedenken Rechnung tragen", schließlich nehme die OMV "die Verunsicherung der Bevölkerung im Hinblick auf eine Evaluierung des Schiefergaspotenzials in Österreich sehr ernst".

Seit vor wenigen Monaten bekanntwurde, dass die OMV plant, in den Weinviertler Gemeinden Herrnbaumgarten und Poysdorf mittels des sogenannten Frackings - also dem Herauspressen von Gas durch die Einleitung eines Wasser-Chemie-Gemisches in die Erde - Gas zu fördern, laufen die Weinviertler Sturm gegen das Projekt. Das Unternehmen versuchte zu kalmieren: Es handle sich lediglich um eine Probebohrung, die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gas gefördert werden könne, liege bloß bei 20 Prozent. Außerdem wolle man keine Chemikalien in die Erde einleiten, sondern arbeite an einer Fördertechnik mithilfe von Maisstärke oder Quarzsand, dem sogenannten Clean Fracking. 130 Millionen Euro wollte sich die OMV die geplante Probebohrung kosten lassen.

Keine verpflichtende UVP

Vergangene Woche sprach sich der niederösterreichische Landtag per Beschluss gegen die Schiefergasförderung aus, "so lange Beeinträchtigungen für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt nicht ausgeschlossen sind". Landeshauptmann Erwin Pröll hatte (ebenso wie Umweltminister Nikolaus Berlakovich, beide VP) gefordert, das Fracking verpflichtend einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen. Derzeit müsste das Projekt lediglich beim Wirtschaftsministerium einreichen, dann würde die Montanbehörde prüfen.

Der Bürgermeister von Herrnbaumgarten, Christian Frank (VP), ist nun " erleichtert", wie er am Freitagabend dem Standard sagte. Wenige Stunden zuvor hatte man ihn seitens der OMV telefonisch über den vorläufigen Projekt-Stopp informiert. "Für uns ist das auf jeden Fall ein großer Zeitgewinn", meint Frank. Allerdings macht er sich keine Illusionen darüber, "dass das Projekt in einer Schublade liegen bleiben wird. Ich gehe davon aus, dass es immer wieder Versuche geben wird, bei uns Schiefergas zu fördern." Die Situation in Herrnbaumgarten sei dafür nuneinmal optimal. In Absprache mit der Bevölkerung, vor allem mit den Tourismusverantwortlichen und den Bauern, hätten sich die Gemeindepolitiker dennoch dagegen entschieden.

Dass Bürgermeister Frank mit seiner Vermutung nicht ganz falsch liegt, das belegt auch die Mitteilung der OMV vom Freitag: "Das Ziel der OMV ist und bleibt der umweltfreundliche, österreichische Weg zur Erkundung von Schiefergas, um Österreich energiesicher zu machen."

Wann man einen neuen Anlauf für das Projekt nehmen wolle, dazu wollte sich das Unternehmen vorerst nicht äußern. Naheliegend ist freilich, dass man erst einmal die Landtagswahlen im Frühjahr 2013 verstreichen lässt; nicht zuletzt im Hinblick darauf lenkte die Landespolitik nach und nach auf die Linie der besorgten Weinviertler - davon ist ein Gutteil VP-Kernklientel - ein.

VP-Politiker sind zufrieden

Landeshauptmann Pröll findet nun, der vorläufige Projektstopp sei "ein Schritt in die richtige Richtung zur Verständigung mit der Bevölkerung". Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (VP) teilte mit, der Ausbau der erneuerbaren Energie habe in Niederösterreich weiterhin "absoluten Vorrang", außerdem bleibe die Forderung nach einer UVP aufrecht, sollte die OMV einen neuerlichen Anlauf für die Schiefergasförderung nehmen.

Der Umweltorganisation Greenpeace genügt das nicht. Dort ist man zwar froh über das Einlenken der OMV, fordert gleichzeitig aber "die Bundesregierung auf, die Gunst der Stunde zu nützen und jetzt ein Verbot für Schiefergasbohrungen zu beschließen". Frankreich und Bulgarien haben dies bereits getan. (Andrea Heigl/DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2012)