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Grafik: APA

Im Herbst hat Österreich einen Schultyp mehr. Die Neue Mittelschule – bislang ein sehr breit angelegter Schulversuch – wird zur Regelschule und ersetzt die Hauptschule. Am Donnerstag ging die Gesetzesvorlage durch den Unterrichtsausschuss, am Freitag legt Bildungsministerin Claudia Schmied ein Paket von Verordnungen vor, unter anderem die Lehrplanverordnung. Die nun beschlossene Neue Mittelschule "stellt das Machbare dar", sagte Ministerin Schmied bei einem Hintergrundgespräch am Donnerstag. Der neue Schultyp sei "kein Austauschen des Türtaferls", es werde auch anders unterrichtet als in den Hauptschulen.

"Das Machbare"

Das Ministerium setzt bei der Umsetzung der Neuen Mittelschule auf Teamteaching – dabei stehen in den Hauptgegenständen zwei LehrerInnen in der Klasse -, sechs zusätzliche Stunden und einen neuen Lehrplan (siehe Details). Dieser orientiert sich an dem des Realgymnasiums und weist eine Besonderheit auf.

"Grundlegende" und "vertiefte Allgemeinbildung"

Eine maßgebliche Veränderung wird es in den Hauptfächern geben. In Deutsch, Mathematik und einer verpflichtenden Fremdsprache – in aller Regel also Englisch – wird es laut der nun in Begutachtung geschickten Verordnung in der 7. und 8. Schulstufe in Zukunft zwei miteinander verzahnte Benotungssysteme geben. Unterschieden wird hierbei zwischen einer "grundlegenden" und einer "vertieften Allgemeinbildung". Die vertiefte Allgemeinbildung soll dem Niveau einer AHS-Unterstufe entsprechen.

Die Lehrer entscheiden ob sie einen Schüler vertieft oder grundlegende beurteilen. Sie werden dabei gemeinsam unterrichtet, bekommen auch die gleichen Prüfungsaufgaben. Auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler solle durch Kleingruppenbildung und Förderunterricht eingegangen werden.

Die Entscheidung, ob ein Schüler dem vertieften Bildungsziel entspricht, ergibt sich aus der Komplexität der Lösung der gestellten Aufgaben. "In diesen differenzierten Gegenständen ist auch eine differenzierte Beurteilung möglich", sagt Schmied.

Zwei Notenskalen

Das zukünftige Benotungsregime kennt in den Hauptfächern in der Neuen Mittelschule zwei Modi mit sieben Notenstufen. Anstatt jedoch mehr Noten einzuführen, hat sich das Ministerium zu folgender Beurteilungsskala entschieden. In der "vertieften Allgemeinbildung" gibt es vier Noten – "Sehr Gut" bis "Genügend" -, die "grundlegende Allgemeinbildung" kennt fünf Noten – "Sehr Gut" bis "Nicht genügend". Überlappend sind hierbei zwei Noten: "Sehr gut" und "Gut" in der grundlegende Beurteilung entsprechen einem "Befriedigend" bzw. einem "Genügend" in der vertieften Bildung.

"Die Notenskala wird erweitert", sagt Schmied. Nachsatz: "Wir wollen, dass es nicht zu viele 'Nicht Genügend' gibt." Die Differenzierung sei auch für die Motivation der Jugendlichen entscheidend, "weil es sonst viele 'Nicht genügend' gibt, wenn Schüler die vertiefte nicht schaffen, aber die grundlegende sehr wohl". Geht es nach dem Bildungsministerium, sollen "möglichst alle in die vertiefte Beurteilung kommen". Kurt Nekula, Sektionschef im Bildungsministerium, betont, dass es in der Praxis "aber nicht alle schaffen werden".

Will man nach der 8. Schulstufe eine höhere Schule besuchen, muss man am Ende des Schuljahrs in den Fächern Deutsch, Mathematik und verpflichtende Fremdsprache vertieft beurteilt werden. Ist man in einem dieser drei Gegenstände nur grundlegend beurteilt, entscheidet die Klassenkonferenz über die Berechtigung zum Übertritt in eine höhere Schule.

Lerndesigner

Der eigentliche Unterricht und die Differenzierung sollen in Zukunft durch "ausgebildete Lerndesigner" optimiert werden. Diese sollen LehrerInnen mit besonderen Qualifikationen in den Bereichen innere Differenzierung oder Individualisierung sein. Dafür sind auch spezielle Aufbau-Master-Studiengänge geplant.

Schmied will auch das letzte Jahr der Schulpflicht reformieren: "Wir diskutieren gerade mit den Parteien, wie wir die 9. Schulstufe reformieren können."

"Nun lasst Worten Taten folgen"

Der Verordnungsentwurf ist ab Freitag sechs Wochen lang in Begutachtung, sowohl das Gesetz als auch die Verordnung sollen noch vor dem Sommer beschlossen werden, damit die Neue Mittelschule ab September eingeführt werden kann. Schmied ortet zumindest aus den Reihen der Vorarlberger ÖVP ein Abgehen vom dogmatischen Nein zu einer gemeinsamen Schule, die Wortmeldungen von Landeshauptmann Markus Wallner habe sie "mit Freude gehört". "Nun lasst Worten Taten folgen", forderte Schmied die ÖVP-Vertreter jenseits des Arlbergs auf. (seb, derStandard.at, 2.3.2012)