Salzburg - Nach dem Tod eines Lawinenexperten am gestrigen Mittwoch im Skigebiet von Obertauern erwägt der Obmann der örtlichen Lawinenwarn-Kommission, Dieter Kindl, eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen für seine rund 50 Mitglieder. Es sollte überlegt werden, ob sie auf den Kontrollfahrten zur Überprüfung der Lawinengefährlichkeit von Variantenhängen verpflichtend einen Lawinen-Airbag tragen müssen, sagte Kindl am Donnerstagnachmittag im APA-Gespräch. Zusätzlich könne er sich vorstellen, dass mehr Hänge abseits der Pisten "mechanisch" entlastet werden, der Schnee also abgesprengt wird. Kindl will in den nächsten Tagen eine Gesprächsrunde einberufen.

Der Obmann der Lawinenwarn-Kommission ist sehr betroffen über den Tod seines langjährigen und sehr erfahrenen Kollegen. Der 44-jährige Lawinenexperte aus Tamsweg war am Mittwochvormittag im Bereich der Seekarspitzbahn in einen Variantenhang eingefahren, um festzustellen, ob der Hang sicher ist. Dabei löste er selbst ein Schneebrett aus, wurde mitgerissen und verschüttet. Die Wiederbelebungsversuche waren vergeblich.

Hinweistafeln reichen nicht aus

Seit Jahren sei es in vielen Skigebieten üblich, dass Variantenhänge von den Kommissionsmitgliedern zur Überprüfung der Schneesituation befahren würden, betonten sowohl Kindl als auch der Leiter des amtlichen Salzburger Lawinenwarndienstes, Katastrophenschutzreferent Norbert Altenhofer. Die Situation werde immer heikler, da die Zahl jener Wintersportler, die abseits der Pisten im Tiefschnee unterwegs sind, mit der Produktion von neuen, breiten Skiern, stark gestiegen sei. "Zwei bis drei Stunden nach Betriebsbeginn der Lifte sind bei uns alle Hänge abseits der Pisten abgefahren", veranschaulichte Kindl.

Die Gäste darauf hinzuweisen, dass Abfahren im freien Gelände auf eigene Gefahr geschehe, "das wird uns zu wenig sein", meinte Kindl. "Wir können nicht sagen, alles, was außerhalb der Piste passiert, interessiert uns nicht. In die Sicherung des Geländes ist mehr zu investieren." In Obertauern seien genug Hinweistafeln zur Information über die Lawinengefahr aufgestellt. Aber nicht nur diese, auch die Absperrungen würden oft nicht beachtet. "Deshalb werden Kontrollfahrten durchgeführt."

Materie Schnee "nie zu 100 Prozent berechenbar"

Der verunglückte Lawinenexperte war gestern mit einem Lawinenverschütteten-Suchgerät sowie einer Sonde und Schaufel ausgerüstet. Einen Lawinen-Airbag, den die Liftgesellschaften in Obertauern für Kontrollfahrten zur Verfügung stellen, hatte der Mann nicht bei sich. Ob der Airbag das Leben des Tamswegers gerettet hätte, könne man nicht wissen, es gebe noch zu wenig Erfahrung, meinte Kindl. "Wenn der Airbag ein Luftloch schafft, wäre schon geholfen. Alles was eine Hilfe sein und die Situation entschärfen kann, werden wir uns jetzt überlegen."

Neben einem verpflichtenden Tragen von Lawinen-Airbags könnte es auch einen Sinn machen, Variantenhänge abzusprengen. "Wir machen das ja schon bei Hängen, die sich oberhalb von Pisten befinden", sagte Kindl. Eine zusätzliche Überlegung wäre, die Sprengmaßnahmen auszuweiten.

Altenhofer gab zu bedenken, dass die "Materie Schnee" nie zu hundert Prozent berechenbar sei. "Das gestrige Ereignis war eine Verkettung von vielen unglücklichen Umständen. Ich würde mir selber wünschen, dass wir vielleicht in Zukunft bessere Antworten zu dieser Problematik finden." Der 44-Jährige habe das Gelände so gut wie seine eigene Westentasche gekannt. Und bis dato sei ein "Airbag" noch keine "Verkehrsnorm", das Lawinenverschütteten-Suchgerät, die Sonde und Schaufel aber schon, erklärte Altenhofer. Airbags würden üblicherweise von den Kommissionsmitgliedern getragen. "Wo man davon ausgeht, dass man den Airbag nicht braucht, trägt man ihn nicht." (APA)