Eines vorweg: Transparenz ist der österreichischen PR-Branche selbstverständlich ein großes Anliegen! 99,9 Prozent der rund 2000 österreichischen PR-Berater/-innen fühlen sich in ihrer Arbeit den ethischen und moralischen Grundsätzen des Athener Kodex (Code d'Ethique International) verpflichtet und handeln in ihrem Berufsalltag danach. Sie leisten seriöse und skandalfreie Kommunikationsarbeit jenseits von Bestechung, Korruption und illegaler Parteienfinanzierung. Auch Lobbying ist eine legitime Kommunikationsdienstleistung, deren Aufgabe es nicht ist, Geld fließen zu lassen und in alle Richtungen zu verteilen.

Mitte März soll nun vom Nationalrat das Lobbying- und Interessenvertretungstransparenzgesetz, kurz "Lobby-G" beschlossen werden. Wir alle wissen um die Anlässe für dieses Gesetz: Hochegger, Mensdorff-Pouilly, Meischberger und wie sie alle heißen. Der Gesetzesentwurf mutet denn auch wie ein Anlassgesetz und voreiliger politischer Schnellschuss an, denn er geht am ursächlichen Problem, dem möglichen Fehlverhalten von Abgeordneten, völlig vorbei.

Der Letztentwurf zum Lobbying-Gesetz bringt ungerechtfertigte Bürokratisierungen und Verwaltungskosten für die gesamte PR-Branche mit sich (Lobbying ist kein eigenes Gewerbe, die Gewerbeordnung kennt die Berufsgruppe "Lobbyisten" nicht. Die meisten Lobbyisten haben einen Gewerbeschein als PR-Beraterinnen gelöst).

Von Österreichs PR-Beratern sind 1.416 Ein-Personen-Unternehmen (EPU), das entspricht einem Anteil von 70,5 Prozent. Die Statistik zeigt, dass die Einkommenssituation von EPUs teilweise prekär ist, zu den Gutverdienern zählen viele nicht. Besonders kleine und mittlere Unternehmen würden die hohen Gerichtsgebühren zur Registrierung und mögliche Verwaltungsstrafen im Lobbying-Gesetz hart treffen - beispielsweise fällt für einen Kleinbetrieb mit drei Mitarbeitern (im Gesetzesentwurf Abteilung A, eine wesentlich höhere Gerichtsgebühr (600 Euro) für die Ersteintra-gung an als beispielsweise für Großkonzerne (Abteilung B), die lediglich einen Lobby-isten beschäftigen (200 Euro).

Das Lobbying-Gesetz würde wahrscheinlich auch Medienaktivitäten oder Kampagnen unter Kontrolle bringen und rüttelt damit an demokratiepolitischen Grundrechten. Statt "direkter Einflussnahme" heißt es im Gesetzesentwurf zwar nun "... auf bestimmte Entscheidungsprozesse in der Gesetzgebung oder Vollziehung des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände unmittelbar Einfluss genommen werden soll", doch was bedeutet diese vage Formulierung? Könnte es sein, dass ein EPU, das z. B. für eine kommunale Kläranlage Medienarbeit macht, sich als Lobbyist registrieren müsste? Was, wenn eine kleine Agentur für eine PR-Aktion zur Ausweisung eines Natura-2000-Gebietes unwissentlich keine Registrierung durchführt? Droht dann für diese Verwaltungsübertretung eine gerichtliche Strafe von 20.000 Euro und der Verfall des Honorars zugunsten des Bundes? Die Einrichtung einer "Clearing-Stelle", die Unternehmen bei unklaren Anzeigen bzw. bei Zweifel über die Registrierungspflicht Auskunft gibt, wäre wohl das Mindeste. Eigentlich geht es aber darum, dass wir in Österreich ein Problem mit politischer Hygiene haben. Wir leben in einem Land, in dem manche Politiker scheinbar nicht wissen, was sie tun dürfen und was nicht.

Das Lobbying-Gesetz aber lädt die gesamte Verantwortung auf die Schultern der Interessenvertreter/Lobbyisten. Unternehmer/-innen in der PR- und Kommunikationsbranche müssen nun reguliert werden, weil ein paar Politiker mit Lobbying nicht umgehen können.Ich fürchte, durch dieses Gesetz wird die Zielsetzung, unsauberes Lobbying zu vermeiden, nicht erreicht werden. Was es eigentlich dringend und vorrangig braucht, ist ein schärferes Antikorruptionsgesetz und ein effektives Transparenzgesetz für die Parteienfinanzierung. (Andrea Pavlovec-Meixner, DER STANDARD; Printausgabe, 1.3.2012)