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Wie schon bei der Hypo Alpe Adria versuchte Österreich, den Segen der EU für die Staatshilfen durch eine positive Darstellung zu erhalten. Rund um die Verstaatlichung der ÖVAG spielten sich seltsame politische Szenen ab.

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Wien - Die Republik ist nicht nur um eine Bank "reicher", sondern auch um einen Beihilfenkonflikt mit der EU-Kommission. Die prüft nämlich Staatszuschüsse und sieht diese in der Regel etwas kritischer als Wien. Schon mit der vor drei Jahren der ÖVAG gewährten Milliarde an Partizipationskapital plus drei Milliarden an Haftungen für Anleihen hat Brüssel ein Problem. "Österreich gewährte diese Beihilfemaßnahmen in der Annahme, die Volksbanken AG sei ein gesundes Finanzinstitut", schrieb die EU-Kommission vor drei Monaten.

Der für Beihilfen zuständige Kommissar Joaquín Almunia roch den Braten rasch und teilte Wien mit, dass das Institut "nicht als gesund erachtet werden konnte. Österreich vertrat weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der ÖVAG um eine gesunde Bank gehandelt habe." Die Frage, ob gesund oder nicht (im Fachjargon: distressed), spielt eine große Rolle für die Höhe der Zinsen, den Beitrag der Alteigentümer und das Ausmaß der erforderlichen Restrukturierung. In der Regel müssen wackelige Banken bei Staatshilfen massiv abspecken, um nicht mit den Subventionen gesunde Mitbewerber zu gefährden.

Wien bestritt freilich nicht, dass die Bank restrukturiert werden müsse. Allerdings warnte Brüssel im Dezember: Die Kommission "hat große Zweifel dran, dass die Bank mit dem Umstrukturierungsplan in seiner derzeitigen Form ihre Probleme lösen und ein rentables Geschäftsmodell einführen kann". Und: Schon bei der ersten Geldspritze könnte der nun wieder kritisierte geringe Beitrag der Aktionäre, allen voran der Volksbanken, zu gering ausgefallen sein: "Kapitaleigner", heißt es im Schreiben aus Brüssel, "sollten die Verluste des Finanzinstituts nach Möglichkeit auffangen".

Poker bis zum Schluss

Die Debatte wurde auch bei den sonntäglichen Verhandlungen lautstark geführt. Als Affront empfanden Vertreter der Republik den Versuch der Minderheitsaktionäre Raiffeisen Zentralbank, DZ Bank und Ergo Versicherung, ihre Anteile um einen Euro abzugeben. Die ÖVAG-Leute hätten "bis zum Schluss gepokert", erzählen Beteiligte. Finanzministerin Maria Fekter sei angesichts des Zuschussbedarfs in Zeiten von Sparpaketen spürbar enerviert gewesen. SPÖ-Verhandler Josef Ostermayer habe sodann versucht, seine Zustimmung an die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer zu koppeln. Als er damit abblitzte, habe der Staatssekretär auf eine Sondersteuer für die mehr als 500.000 Genossenschafter der Volksbanken gepocht.

Der Plan stieß zwar auf Skepsis verfassungsrechtlicher Natur, wurde aber weiterverfolgt. Voraussetzung für den 220 Millionen Euro schweren Beitrag der Genossenschafter sei, dass die ÖVAG-Lösung vor Bekanntwerden der Sondersteuer beschlossen wird. Doch dann plauderte der Kanzler die Pläne am Dienstag nach dem Ministerrat aus, und der Beitrag war "vom Tisch", wie es aus dem Finanzministerium heißt. Insider berichten, dass die Belastung zu einem "massiven Abfluss" bei den Volksbanken geführt hätte. Dort belaufen sich die Primärmittel immerhin auf 22 Milliarden Euro.

Auf wenig Gegenliebe stößt auch die Erhöhung der Bankensteuer, mit der die ÖVAG-Rettung "gegenfinanziert" werden soll. Bankenobmann und RZB-Chef Walter Rothensteiner sprach im ORF-Radio von "unzumutbaren" und " unfairen" Zahlungen zugunsten aggressiver Konkurrenten und sieht die Bankenbranche zur "Melkkuh" degradiert. (Andreas Schnauder, Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.3.2012)