Niederösterreichs Landesrat Wolfgang Sobotka (li.) lehnt eine Rückkehr der Zweckbindung von Wohnbaumitteln ab. Staatssekretär Andreas Schieder sieht das anders.

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Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) und NÖ-Landesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprachen über Folgen des Sparpakets und die Zukunft der Förderungen. Gerfried Sperl moderierte.

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STANDARD: Wir haben hier mehrmals gehört, dass durch die Kürzung der Bausparprämie und andere Maßnahmen des Sparpakets das Vorzeigemodell Wohnbau in Gefahr gerät. Was sagen Sie dazu?

Schieder: Die Bausparförderung ist nicht die einzige Dimension beim Wohnbau. Da gibt es auch andere Faktoren wie Regulierungen sowie Wohnbaumittel aus dem öffentlichen und den privaten Sektor. Und aus Bundessicht wäre eine Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördergelder wünschenswert. Nun, die Halbierung der Bausparprämie ist sicherlich kein Boost, aber sie ist auch nicht dazu angetan, das gesamte Finanzierungssystem der Wohnbaubanken und des Bausparens infrage zu stellen. Es ist eine Halbierung der Prämie, keine Abschaffung. Weder die Sicherheit noch die Qualität des Produktes Bausparen hängen davon ab, und auch nicht die Finanzierung. Und wir haben in den Begutachtungsentwurf bestimmte Verbesserungen hineingeschrieben, etwa Erleichterungen bei der Darlehensvergabe. Das sollte wieder genügend Anreize bieten.

Sobotka: Nachdem die Unzufriedenheit mit dem Sparpaket gleichmäßig verteilt ist, glaube ich, dass es sozial ausgewogen ist und außerdem gut für den Wirtschaftsraum Österreich. Nun, es ist die genuine Aufgabe der Länder, dafür zu sorgen, dass die Menschen ein Dach über dem Kopf haben. Wir in Niederösterreich haben die Wohnbauleistung in den letzten Jahren konstant gehalten und die Sanierungsquote dramatisch erhöht, um CO2 zu sparen, und das ist uns auch gelungen. Niederösterreich ist ein Wachstumsland, und wir haben dennoch keine gravierenden Engpässe beim Wohnen. Wir haben immer mehr für den Wohnbau ausgegeben, als wir vom Bund bekommen haben. Wir haben immer eigene Mittel dazugegeben.

Schieder: Ich gebe dem Kollegen Sobotka recht, dass man über die Wohnbaufördermittel vieles super steuern kann, etwa die Raumordnung, wo man Entwicklung haben will und wo nicht, oder die Ökologie, das Soziale und auch die Architektur, damit der Wohnbau auch gut ausschaut.

STANDARD: Es heißt, dass die Wohnbaubanken nicht mehr genug Mittel haben und dass etwa in der Steiermark gar keine Mittel mehr für den geförderten Wohnbau zur Verfügung stehen werden.

Schieder: Ich weiß, dass die Banken eine etwas angespannte Situation haben werden, das ist eine Folge der Finanzkrise. Aber ich sehe keine Knappheit und kein Problem, Wohnbauprojekte zu finanzieren.

Sobotka: Die Wohnbaubanken haben sich in den letzten Jahren verändert, sind Teil großer Konzerne und machen auch andere Geschäfte. Auch der Bausparkredit wird nicht nur für das Bauen verwendet. Sobald ein Enkel auf der Welt ist, zahlt die Oma etwa ein, damit dann bei der Matura Geld da ist. Das Sparen an sich ist eine Tugend, und das sollten wir erhalten. Dass die Prämienkürzung in der jetzigen wirtschaftlichen Lage eine zusätzliche Herausforderung darstellt, bezweifle ich nicht. Aber die Banken haben auch viele andere Probleme: etwa Basel III oder das Misstrauen unter den Banken. Das Problem auf die österreichische Bausparprämie zu reduzieren, das greift zu kurz.

STANDARD: Eine Frage aus dem Publikum kommt nun vom Salzburger Wohnbau-Landesrat Walter Blachfellner. Bitte sehr!

Blachfellner: Die entscheidende Frage ist nicht beantwortet worden: Zweckbindung ja oder nein? Das ist eine Systemfrage. Warum soll der Bund Gelder hergeben, wenn die Länder es für etwas komplett anderes verwenden? Und zu den Bausparkassen: Es ist richtig, dass die Großmutter das Geld fürs Enkerl spart, aber die Darlehen, die daraus finanziert werden, die fließen in den Wohnbau.

Sobotka: Ich bin gegen die Zweckbindung, keine Frage. Die Gelder aus der Wohnbauförderung sind allgemeine Bedarfszuweisungsmittel, die im Finanzausgleich erhandelt wurden. Da herrscht eine große systemische Ungleichheit bei der Aufteilung. Niederösterreich hat einen Bevölkerungsanteil von 19,8 Prozent, erhält aber nur 16 Prozent der Mittel, weil dies mit der großen Aufbauleistung von Wien vermischt wurde, wohin 26 Prozent der Mittel fließen. Und daraus entstehen unterschiedliche Finanzströme, auch etwa für die Krankenhäuser. Aber aber am Ende sind das alles Steuermittel. Wir haben in Niederösterreich keinen eigenen Rechnungskreis, wir haben ein Globalbudget. Aber Niederösterreich erhält 299 Millionen im Jahr Wohnbauförderung vom Bund und gibt 480 bis 500 Millionen für den Wohnbau aus, in Krisenzeiten sogar 550 Millionen. Ich brauche die Zweckbindung nicht und würde sie mir auch nie vorschreiben lassen. Jedes Bundesland soll nach eigenen Vorstellungen handeln. Das ist gelebter Föderalismus.

Schieder: Man muss auch beim Bausparen die Kirche im Dorf lassen. Wenn wir von 36 Euro auf 18 Euro halbieren und das erst im Jahr 2014 wirksam ist, aber gleichzeitig jedes Jahr fünf Euro Kontoführungsgebühr an die Bausparkasse bezahlt werden muss, dann ist noch viel Optimierung möglich. Und wenn die Kassen ein Prozent Verzinsung bieten und mindestens drei Prozent für einen Wohnbaukredit verlangen, ist in der Spanne noch was drin. Es herrscht jetzt Aufregung, weil Bausparen ein Massenprodukt ist, da fühlt sich jeder betroffen. Aber ich gehe davon aus, dass sich die Debatte beruhigen wird. Der Sektor wird sich überlegen, was er bei den Konditionen tun kann, sodass Bausparen attraktiv bleibt. Und dann ist auch der gefürchtete Negativeffekt auf die Bauleistung gleich null.

Sobotka: Ich glaube, die Wohnbauförderung wird sich ändern müssen und mehr in Richtung Subjektförderung gehen. Mein Benchmark ist, dass eine vierköpfige Familie auf 80 Quadratmetern von ihrem Nettoeinkommen nicht mehr als 25 Prozent für den Wohnraum aufwenden muss. Und wenn das nicht geleistet werden kann, dann setzt bei uns die Subjektförderung ein. Ich halte das für richtig, dass die Wohnbauförderung auch ein Mittel der Sozialpolitik ist.

Schieder: Ich gebe zu, ich bin stärker für die Objekt- als für die Subjektförderung. Es wird immer einen Mix brauchen, aber die Objektförderung hat auch den städtebaulichen, gestalterischen und substanzfördernden Aspekt. Und wir haben dadurch erreicht, dass wir etwa in Wien im internationalen Vergleich sensationell niedrige Mieten haben.

Sobotka: Ich bin absolut nicht gegen die Objektförderung. Aber letzten Endes sind die Wohnbauförderungen steuerliche Mittel. Und diese müssen immer so optimiert sein, dass eine Balance im gesellschaftlichen Leben entsteht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.2.2012)