Justizministerin Beatrix Karl gibt nun doch klein bei und zieht ihren Entwurf zum Teil zurück. Vom Vorwurf der Korruption wird man sich nicht freikaufen können.

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Wien - Die von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) geplante Ausweitung der Diversion auf Wirtschafts-, Amts- und Korruptionsdelikte wird aus dem Entwurf zum Stabilitätsgesetz zur Gänze gestrichen. Die Diversion, also ein "Freikauf" von einer Haftstrafe, durch eine Geldbuße von 360 Tagsätzen war zuvor - der Standard berichtete - von Strafrechtsexperten scharf kritisiert worden.

Die Begutachtungsphase endete am Montagabend und brachte viele negative Stellungnahmen von Experten. Trotzdem bekräftigte Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) noch am Dienstag zu Mittag im Ministerrat, dass man den Entwurf "so durchziehen" wolle, wie er sei. Wenig später, nach einem Gespräch mit den Standesvertretern, Richterpräsident Werner Zinkl und Justizgewerkschaftschef Klaus Schröder, lenkte die Justizministerin, die den Entwurf bis dahin mit Verve verteidigt hatte, ein.

Ob es da zu wenig Kommunikation zwischen Karl und dem Vizekanzler gegeben habe? "In der Politik ändern sich Sachen eben", beantwortet das die Sprecherin der Ministerin dem Standard, "es war ja auch nur ein Entwurf".

Auch ÖVP-interne Kritik

Die vielen "polarisierenden Stellungnahmen" hätten Karl nun davon überzeugt, dass man die Diversion noch einmal "breiter in der Arbeitsgruppe zur Vertrauensoffensive diskutieren muss". Eine Neuregelung der Diversion sei damit also keineswegs vom Tisch.

Auch parteiintern dürfte Karl für den Vorstoß unter Beschuss gekommen sein. "So ein Signal ist in Zeiten, wo wir täglich mit dem Korruptionsausschuss befasst sind, ein Wahnsinn", empört sich etwa Mitglied des ÖVP-Klubs im Standard-Gespräch.

"Für große Fische wie Grasser und Konsorten wäre die Diversion gar nicht in Betracht gekommen", heißt es dazu aus dem Ministerium. Im Gegenteil: Man wollte "die Staatsanwaltschaften entlasten und für wirklich große Fälle freispielen". Betroffen hätte die Diversion etwa "einen Beamten, der ein Leumundszeugnis braucht und sich das zwei Büros weiter bei einem Kollegen besorgt, oder eine Lehrerin, die Maturafragen weitergibt", sagt die Sprecherin Karls am Dienstag.

Wie hoch die Einsparungen durch der Entwurf, der von der Regierung immerhin unter dem Titel "Sparpaket" läuft, angesetzt waren, konnte das Ministerium nicht sagen. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Printausgabe, 29.2.2012)