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Die Zukunft der Volksbanken AG stand auf Messers Schneide, nun müssen die Altaktionäre einzahlen. Der im April auslaufende Vertrag von ÖVAG-Chef Gerald Wenzel dürfte nicht verlängert werden.

Foto: APA/Robert Jäger

Die Volksbanken haben sich am Montag auf eine neue Sektorstruktur geeinigt. Die Maßnahme ist vor allem für die Republik schmerzhaft, die dem Spitzeninstitut des Sektors, der Volksbank AG (ÖVAG), eine Milliarden Euro an Staatshilfe in Form von Partizipationskapital zur Verfügung gestellt hat. Wie aus Verhandlerkreisen verlautete, buttert Finanzministerin Maria Fekter erneut mehr als eine Milliarde in die Bank.

Davon entfällt ein Großteil auf einen Kapitalschnitt, mit dem die hohen Verluste ausgeglichen werden. Diese Maßnahme – es soll sich dabei um 700 Millionen Euro handeln – erhöht auch das Haushaltsdefizit des Bundes. Einen ähnlichen Schritt hatte die Republik schon zuvor bei der Hypo Alpe Adria gesetzt. Auch die notverstaatlichte KA Finanz AG, die Bad Bank der Kommunalkredit, braucht neuerlich Staatshilfe in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags.

Grund für die desolate Lage sind vor allem Problemkredite in der Tochter Investkredit sowie das unverkäufliche Rumänien-Geschäft.

Die Republik Österreich wird auch die Bankenabgabe für alle Institute erhöhen. Und zwar um 25 Prozent bis 2017.

Wien – Die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) verleiht dem Geld der Steuerzahler Flügel. Sie müssen das Spitzeninstitut des Volksbankensektors nun erneut retten und dafür tief in ihre Taschen greifen. Der Bund wird mehr als eine Milliarde Euro lockermachen und als Aktionär in die Bank einsteigen. Rund 950 Millionen Euro entfallen auf diverse Kapitalmaßnahmen, zusätzlich gibt die Republik Haftungen von 100 Millionen Euro. Das ist das Ergebnis von Verhandlungen, die am Wochenende ihren Höhepunkt gefunden haben. Laut Finanzstaatssekretär Andreas Schieder wird als "Gegenfinanzierung" die Bankenabgabe bis 2017 um 25 Prozent erhöht.

Verlust höher als erwartet

Konkret sieht das staatliche Rettungspaket so aus: Kapitalschnitt über 700 Mio. Euro, womit 70 Prozent von jener Milliarde perdu sind, die der Staat in Form von Partizipationskapital bereits in der ÖVAG stecken hat. Am Kapitalschnitt machen auch die übrigen ÖVAG-Aktionäre mit. Nach dem verlustbeseitigendem Kapitalschnitt – 2011 dürfte die ÖVAG an die 1,4 Mrd. Euro verloren haben, im Herbst war von rund 1,2 Mrd. Euro die Rede – wird das Kapital wieder mit 480 Mio. Euro aufgefüllt, die Republik steuert davon 250 Mio. Euro bei. Den Rest, also 230 Mio. Euro, müssen die "kleinen" Volksbanken als Mehrheitseigner einzahlen.

Zudem stellt der Bund bis 2017 Garantien über 100 Mio. Euro aus; die ÖVAG muss dafür 60 Mio. Euro an jährlichem Haftungsentgelt auf den Tisch legen. Danach wird der Bund 40 bis 49 Prozent der Aktien halten, die Mehrheit soll bei den Volksbanken bleiben.

Auch die anderen Altaktionäre (Deutsche DZ Bank und Ergo Versicherung) werden in die Pflicht genommen. Die DZ Bank wird Teile des Geschäfts der Investkredit in Frankfurt übernehmen und die Ergo musste zusichern, dass von der Victoria Volksbanken Versicherung gehaltene Finanzinstrumente nicht verkauft werden. Zudem soll die Ergo den Verkauf der maroden Volksbank Rumänien und der VBI Leasing "bestmöglich" unterstützen, wurde am Montagabend von Finanzministerium und ÖVAG mitgeteilt.

Eine Speziallösung gibt es für die Raiffeisen Zentralbank (RZB, sie hält 5,7 Prozent). Sie hat sich zu "geeigneten Maßnahmen" verpflichten lassen, durch die der ÖVAG bis spätestens 31. August "dauerhaft" 100 Mio. Euro an "positiver Eigenkapitalwirkung" zukommen. Dabei dürfte es sich wohl um den Kauf des RZB- Anteils handeln, den wiederum die ÖVAG hält und den sie dem Raiffeisensektor vor langem zum Kauf angeboten hat. Der Konkurrenzsektor konnte sich aber bis dato intern nicht auf die Kaufmodalitäten einigen. Zudem wird Raiffeisen der ÖVAG 500 Mio. Euro an Liquidität zukommen lassen.

Der Rahmen für dieses Rettungspaket ist, wie berichtet, der strenge Haftungsverbund (Rabobankmodell; jeder haftet für jeden), zu dem sich die Volksbanken nun "einhellig", wie es in einer ÖVAG-Aussendung hieß, haben weich streicheln lassen. Die ÖVAG mit fusionierter Investkredit als Spitzeninstitut bekommt weitgehende Durchgriffsrechte; dafür kann sie sich das Eigenkapital der Verbund-Volksbanken anrechnen lassen. Diesem Modell haben die Volksbanken am Montag bei ihrem Gruppentag zugestimmt.

Dabei hatten die Primärbanken des Sektors vor nicht einmal zwei Wochen bereits nolens volens einem anderen Modell zugestimmt: Haftungsverbund plus Spaltung der ÖVAG in Verbund- und Bad Bank. Diese Abbaubank war aber, wie berichtet, am Sonntag wieder tot. Weder deutsche Minderheitsaktionäre noch Bund waren letztlich für die Bad Bank zu haben.

Am Sonntag waren die Gespräche daher auf Messers Schneide gelandet; bis tief in den Abend hinein wurde unter Leitung von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) mit den ÖVAG-Aktionären und Bankern verhandelt. Mit dabei: Notenbank-Chef Ewald Nowotny und der Vorstand der Finanzmarktaufsicht FMA.

In den letzten Verhandlungsstunden wurde dann der wesentliche Schwenk gemacht. Der Plan, der bis dahin verfolgt worden war: Der Bund gibt eine einjährige Garantie von 500 Mio. Euro, die Altaktionäre steuern auch bei, plus Kapitalschnitt. An diesem Punkt schieden sich jedoch die Geister, letztlich gewannen jene (unter anderem Notenbank-Gouverneur Nowotny), die für eine viel tiefer greifende Lösung mitsamt Einstieg der Republik plädiert hatten. "Es macht keinen Sinn, die Sache schrittweise anzugehen. Wenn wir schon eingreifen, dann lieber ordentlich", beschreibt das ein Verhandler.

Moody's vor der Tür

Der weitere Fahrplan: Die Investkredit wird vor September in die ÖVAG fusioniert, danach beginnt die neue ÖVAG mit dem weiteren Abbau ihrer Risken. Derzeit betragen die unterlegungspflichtigen Risken (RWA) in Summe rund 36 Mrd. Euro, allein der Refinanzierungsbedarf für heuer liegt bei 22 Mrd. Euro.

Einer der Gründe für die Eile beim Schnüren des ÖVAG-Rettungspakets am Wochenende trägt übrigens einen berühmten Namen: Moody's. Die Experten der Ratingagentur sind auf der Anreise nach Wien. (Renate Graber, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.2.2012)