Das 3D-Schulter-Modell und sein Meister: Werner Pomwenger (37) ermöglicht mit seiner Arbeit "Crashtests" für den medizinischen Bereich.

Foto: FH
Foto: Privat

Gleich, auf welchem Feld, die Brücke zwischen unterschiedlichen fachlichen Bereichen, das Interdisziplinäre, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Disziplinen, die sich in gewisser Weise neu erfinden. So oder so ähnlich hat sich wohl auch das Arbeits- und Forschungsumfeld von Werner Pomwenger herausgebildet.

Er selbst hätte vor einigen Jahren noch nicht geglaubt, dass er an seinem jetzigen Arbeitsplatz landen werde, sagt er. Werner Pomwenger studierte Informationstechnik & System-Management an der Fachhochschule Salzburg und absolvierte sein Masterdegree in Computerwissenschaft mit Spezialisierung auf digitale Bildverarbeitung in Schweden, an der Universität Halmstad.

Mit dieser Grundausbildung, sagt er, könne man beruflich viele Richtungen einschlagen: von Netzwerktechnik bis zum Programmieren oder allem, was mit Signalverarbeitung zu tun hat. Der Laie vermutet darin die tendenziell vorhersehbareren Varianten möglicher Karrierewege.

Pomwengers heutige Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studiengang Informationstechnik & System-Management sowie seine Dissertation, die kurz vor dem Abschluss stehe, würden auf einem FWF-Forschungsprojekt fußen, bei dem es in Grundzügen darum gehe, Schulterimplantate patientenspezifisch zu berechnen - ein Teil davon, so Pomwenger weiter, habe eben mit Bildverarbeitung zu tun: "Die medizinische Anwendung dahinter hat mich sofort interessiert. Es war einfach das richtige Thema."

Virtueller Crashtest

Die Forschergruppe, zu der neben Mathematikern und Computerspezialisten der FH Salzburg auch Herbert Resch, der Leiter der Universitätsklinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Salzburg, sowie Peter Schuller-Götzburg, der Leiter des Programms "Prothetik-, Biomechanik- und Biomaterialforschung" an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität gehören, arbeitet - ganz kurz gefasst - daran, Untersuchungen und Analysen am Computer präoperativ stattfinden zu lassen. Dabei bedient man sich der sogenannten FEM-Methode (Finite Elemente Methode), die ursprünglich aus der Luftfahrt bzw. dem Bauwesen kommt.

In vergleichsweise kurzer Zeit und ohne Anfertigung von Prototypen können komplexe Bauteile und Strukturen, die verschiedensten Belastungen ausgesetzt sein können, analysiert werden. "Das kann man sich wie eine Art virtuellen Crashtest vorstellen", sagt Pomwenger. Mittlerweile konnten mehrere 3-D-Modelle von Schultern erstellt und erste Berechnungen zukünftiger In-vivo-Eingriffe durchgeführt werden.

Eine tatsächliche Übertragung in die Praxis bezeichnet Pomwenger zurzeit noch als "Zukunftsmusik". Man versuche durch diese Simulationen herauszufinden, ob klinische Studien überhaupt von Relevanz seien. Er selbst, so Pomwenger unumwunden, stehe einer Übertragung in den klinischen Alltag eher skeptisch gegenüber: "Es gibt einfach so viele Prozesse im menschlichen Körper, wie zum Beispiel den Stoffwechsel, die schwer am Computer zu erfassen sind, die man nicht simulieren kann." Über Simulationen einen Einblick in die Biomechanik der Schulter zu bekommen sei nur ein Beginn. (Heidi Aichinger/DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.2.2012)