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ÖIAG-Chef Beyrer auf einem Bild aus dem Juli 2011.

APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Wie tief steckt Markus Beyrer, Chef der österreichischen Staatsholding ÖIAG, im Telekom-Sumpf? Nicht sehr tief, wenn man sich die bisher vorliegenden Vorwürfe nüchtern anschaut.

Dass Beyrer als Generalsekretär der Industriellenvereinigung Jagdeinladungen des Industriekonzerns Telekom Austria angenommen hat, war weder ein Interessenskonflikt noch auf irgendeine andere Weise anrüchig (außer, dass die ganze Jagdkultur unter Österreichs konservativen Eliten eine Unsitte darstellt).

Dass ein Email der Gewerkschaft von seinem Büro an den Mitgliedsbetrieb Telekom weiter geleitet wurde, war ganz normal. Beyrer war Interessensvertreter, nicht Informant.

Wenn nichts Weiteres auftaucht, dann kann Beyrer der Befragung im Telekom-Ausschuss gelassen entgegen blicken.

Das Problem mit Beyrer liegt anderswo: Er war schon vor einem Jahr eine schwache Besetzung für einen der mächtigsten Posten in der österreichischen Wirtschaft und hat bisher nichts dazu getan, um die Zweifel an seiner Person auszuräumen.

Die ÖIAG ist heute nicht mehr so wichtig wie vor einigen Jahren, da sich das Beteiligungsportefeuille reduziert hat. Aber ihr Chef ist immer noch Aufsichtsratsvorsitzender in drei der größten Konzernen des Landes – Telekom, OMV und Post AG – und sollte die Linie bei einer sinnvollen Industriepolitik und bei den immer noch wünschenswerten Privatisierungen vorgeben.

Zwei Qualifikationen wären bei der Suche nach einem Nachfolger für den unglücklich agierenden Peter Michaelis erwünscht gewesen: Erfahrung mit Konzernführung oder -aufsicht und dem Kapitalmarkt sowie eine gute Verankerung in beiden Koalitionsparteien, um so eine konsensfähige Linie in der Privatisierungspolitik zu finden.

Der frühere OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, ein marktwirtschaftlich denkender Sozialdemokrat, hätte diesem Anspruchsprofil am ehesten entsprochen. Er hätte den Job auch gerne gemacht.

Ruttenstorfer wäre es vielleicht auch gelungen, die ÖBB, Asfinag und den Verbund unter das Dach der ÖIAG zu bringen, um dort mehr betriebswirtschaftliches Denken (und vielleicht sogar weitere Teilprivatisierungen) durchzusetzen.

Beyrer hatte nichts von dem. Er war einst wirtschaftspolitischer Berater von Wolfgang Schüssel, dann jahrelang IV-Generalsekretär. Ein kluger Kopf, aber weder Topmanager noch Stratege. 

Und vor allem ein ÖVP-Parteisoldat, durch gedrückt vom damaligen schon angeschlagenen Finanzminister und VP-Chef Josef Pröll gegen den Willen des Koalitionspartners.

Beyrers politischer Handlungsspielraum ist daher minimal. Privatisierungen lehnt die SPÖ ab und seine Glaubwürdigkeit in der roten Reichshälfte ist gering.  Er kann das Beteiligungsvermögen des Staates nur verwalten.

Aber auch dort zeigt Beyrer Schwäche. Bei der Telekom fordert ihn Investor Ronny Pecik mit seinen Partnern heraus; gemeinsam haben sie bereits 20 Prozent der Anteile. Vielleicht bastelt Beyrer im Hintergrund an einer tollen Abwehrstrategie, aber in der Öffentlichkeit ist davon nichts zu merken.

Und auch Telekom-Chef Hannes Ametsreiter, durch Korruptionsvorwürfe und politische Interventionen massiv unter Druck, erhält von Beyrer kaum Rückendeckung.

Die jüngsten Anwürfe gegen den Aufsichtsratschef sind schwach. Aber sie helfen, seine Glaubwürdigkeit als Kontrolleur und Aufdecker weiter zu untergraben. Auch seine wenig beeindruckende öffentliche Verteidung hat ihm dabei nicht geholfen.

Beyrer ist offensichtlich in seinem neuen Job überfordert. Seine Bestellung war ein typisch parteipolitischer Schachzug, bei dem es der ÖVP vor allem darum ging, eigene Leute in Stellung zu bringen. Damit hat sie nicht nur dem Wohl des Landes, sondern auch ihren eigenen wirtschaftspolitischen Kernanliegen Schaden zugefügt.