Doha/Damaskus - Das Rote Kreuz hat erste Verletzte sowie Frauen und Kinder aus der umkämpften syrischen Stadt Homs herausgeholt. Hicham Hassan vom Roten Kreuz sagte dem arabischen Nachrichtensender Al Jazeera, 7 Verletzte und 20 Frauen und Kinder seien zunächst in Sicherheit gebracht worden. Die Lage in Homs werde immer schlimmer und es werde mehr Hilfe für die Verletzten benötigt. Nach Darstellung von Oppositionellen töteten die Sicherheitskräfte allein am Freitag 103 Menschen in Homs und anderen Regionen des Landes.
Der Konvoi von Ambulanzfahrzeugen des Syrischen Roten Halbmonds und des Roten Kreuzes sei Freitagnachmittag in den Stadtteil Baba Amro gefahren und habe die Menschen mitgenommen. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keine Kampfpause geherrscht.
Die Evakuierung sei ein erster Schritt gewesen. "Wir wollen alle verletzten Personen in Sicherheit bringen", sagte Hassan. Die beiden verletzten ausländischen Journalisten seien nicht dabei gewesen, sagte er. Die französische Journalistin Edith Bouvier und der britische Fotograf Paul Conroy hatten Verletzungen am Bein erlitten.
Angriffe in Hama und Homs
Ungeachtet internationaler Bemühungen um eine Waffenruhe hat Syriens Regime seine Offensive gegen die Gegner von Präsident Assad fortgesetzt. Am Samstag früh nahmen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten Ziele in der Provinz Hama unter Beschuss. Mindestens elf Menschen seien getötet worden. In der seit Wochen umkämpften Protesthochburg Homs wurden laut Aktivisten vier Menschen getötet.
Bitte um zweistündige Kampfpause
Carla Haddad Mardini vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) sagte dem US-Nachrichtensender CNN, dass ihre Organisation die syrischen Behörden um eine täglich zweistündige Kampfpause bitten möchte. In dieser Zeit könnten Mitarbeiter in alle betroffenen Gebiete, darunter Homs, gehen, um dringend benötigte Hilfe zu übergeben, sagte die IKRK-Sprecherin telefonisch aus Genf. Das Viertel Baba Amro lag in den vergangenen Tagen laut Berichten von Augenzeugen unter schwerem Beschuss durch syrische Regierungstruppen. Seit rund einer Woche hatte das Rote Kreuz die syrischen Behörden und die bewaffnete Opposition immer wieder aufgefordert, eine Feuerpause zur Versorgung der Verletzten und Notleidenden zu ermöglichen.
250.000 Euro aus Österreich
Österreich wird sich mit 250.000 Euro an humanitärer Hilfe in Syrien beteiligen. Einen entsprechenden Beschluss soll der Ministerrat nächste Woche fassen, erklärte Staatssekretär Wolfgang Waldner (ÖVP) am Samstag im Ö1-Morgenjournal des ORF-Radios. Als Empfänger des Geldes scheine das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) am ehesten geeignet, so Waldner, der am Freitag in Tunis am Treffen der Kontaktgruppe der Freunde Syriens teilgenommen hatte. Bei der Konferenz sei nicht über eine Waffenhilfe an die syrischen Aufständischen gesprochen worden, sagte Waldner.
China kritisiert den Westen
China hat seine bisher schärfste Attacke gegen die USA und die EU in der Syrien-Krise gerichtet. Amerikaner und Europäer würden scheinheilig vorgeben, von "humanitären Motiven" beseelt zu sein. Doch dahinter stecke ein ungezügeltes Hegemoniestreben, hieß es am Samstag in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua in Peking.
Die Konferenz der "Freunde Syriens" am Vortag in Tunis, die von Russland und China boykottiert wurde, habe den amerikanischen und europäischen Ambitionen eine Abfuhr erteilt und eine fremde Militärintervention eindeutig abgelehnt, heißt es in dem Xinhua-Kommentar. "Die Mehrheit der arabischen Länder beginnt jetzt zu begreifen, dass die USA und Europa hinter einem Lächeln den Dolch verbergen". Die Vertreter Saudi-Arabiens und der EU hätten die Konferenz in Tunis vor deren Beendigung verlassen und damit ihre Unzufriedenheit manifestiert, weil die meisten arabischen Länder nicht wünschen, dass sich die libyschen Ereignisse in Syrien wiederholen.
Demonstrationen gegen Assad am Freitag
Wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte weiter berichtete, gingen am Freitag landesweit erneut zehntausende Menschen gegen Präsident Bashar al-Assad auf die Straße. Der Staatschef sieht sich seit Monaten heftigen Protesten ausgesetzt, die er von seinen Sicherheitskräften mit brutaler Gewalt niederschlagen lässt.
Obama will Druck erhöhen
US-Präsident Barack Obama forderte eine Erhöhung des internationalen Drucks auf die Führung in Damaskus. Man müsse "jedes verfügbare Instrument" ergreifen, um den "Massakern an Unschuldigen" in Syrien ein Ende zu setzen, sagte Obama am Freitagnachmittag (Ortszeit) in Washington. Es sei "absolut unerlässlich", dass die internationale Gemeinschaft zusammenstehe und eine "klare Botschaft" an Syriens Staatschef Bashar al-Assad sende. Obama zeigte sich nach einem Treffen mit der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt "ermutigt" vom ersten Treffen der Syrien-Kontaktgruppe am Freitag in Tunesien. Die aus 60 Staaten bestehende Gruppe hatte ein sofortiges Ende der Gewalt und die Verschärfung der Sanktionen gegen Damaskus gefordert. Zugleich erkannte sie den Syrischen Nationalrat als legitimen Vertreter der friedlichen demokratischen Opposition an und sprach sich für den freien Zugang humanitärer Helfer aus. (APA)