Das Wiener Straßenbahnmuseum öffnet seine Pforten erst wieder im Mai. Um mich zum waschechten Öffi-Fan zu machen, wurde mir aber bereits vor Saisonstart eine Führung durch die Geschichte der Wiener Bim gewährt.

In der Erdbergstraße 109 im dritten Wiener Gemeindebezirk befindet sich das weltgrößte Straßenbahnmuseum, das sich nur mit der Geschichte von Bim und Bus in einer Stadt befasst: Wien.

Foto: derStandard.at/Blei

Seit dem 4. Oktober 1865 fahren in Wien Straßenbahnen. Die "Urform" der Tramway war die Pferdestraßenbahn, die zwischen Schottentor und Dornbach verkehrte. Der ausgestellte Zweispänner ist ein Sommerwagen aus dem Jahr 1868. Im Jahr 1903 wurde die Pferdebahn wieder eingestellt.

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Das erste vorhandene elektrische Fahrzeug im Museum ist vom Typ D und stammt aus dem Jahr 1901. Damals standen die Straßenbahnfahrer die ganze Zeit über auf der Plattform im Freien. Dadurch wurden vor allem Lungenerkrankungen wie Tuberkulose zu "Straßenbahnerkrankheiten". In den 1920er Jahren wurde schließlich ein "Verglasungsprogramm" gestartet, wodurch auch die Fahrer vor Wind und Wetter geschützt waren.

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Das Museum besitzt auch eine eigene Werkstätte, die vor allem während der Wintermonate die Restaurierung der Ausstellungsstücke selbst vornimmt. Anhand von alten Fotografien werden äußeres und inneres Erscheinungsbild wieder in den Originalzustand versetzt.

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Die verglasten Versionen der Typ-G-Triebwagen bekamen den Spitznamen "Aquarium".

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Im Jahr 1944 wurden den Wiener Verkehrsbetrieben 30 sandbraune Kriegsstraßenbahnen (KSW) zugeteilt. Allerdings wurden diese ohne Motoren und elektrische Ausrüstung von den Werken in Heidelberg geliefert. Deshalb konnten sie erst nach Umbauarbeiten ab November 1945, schon in der Friedenszeit, in Betrieb genommen werden. Der Spitzname: "Heidelberger".

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Im Rahmen des Marshallplans wurden 1948 Triebwagen der New Yorker Straßenbahn angeschafft und 1949 geliefert. Vor der Inbetriebnahme mussten die Wagen an die Wiener Verhältnisse angepasst werden. Die "Amerikaner" waren breiter als die in Wien eingesetzten Wagen und fuhren deshalb von 1950 bis 1969 hauptsächlich auf den Strecken der ehemaligen nördlichen Dampftramway - zuletzt auf der Linie 11 zwischen Friedrich-Engels-Platz und Stadlauer Brücke.

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Die Innenräume waren groß und die Sitzlehnen konnten in die jeweilige Fahrtrichtung umgeklappt werden.

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Sogar die originalen Schilder finden sich noch in den Wagen. Hier: "Dieser Sitzplatz ist bei Bedarf Kriegsbeschädigten oder Körperbehinderten zu überlassen!"

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Die Wiener Verkehrsbetriebe stellten ihre "Personal-Schulungstriebwagen" auch selbst her. Der Wagen im Bild war bis zum Jahr 1986 in Betrieb.

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Im Schulungswagen hatte der Fahrlehrer einen eigenen Sitzplatz inklusive Schaltpult hinter dem Fahrerplatz. Mit dem Pult konnten auch Störfälle wie "Blockieren der Handbremse" herbeigeführt werden.

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Der Innenraum des Wagens unterschied sich aber nicht von "normalen" Triebwagen der Zeit. Auch der Schaffnerplatz durfte dabei nicht fehlen.

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In den Werkstätten des Museums werden die Wagen nicht nur technisch restauriert, sondern auch mit Liebe zum Detail in den damaligen Originalzustand versetzt. Werbungen aus der entsprechenden Zeit finden sich in allen Ausstellungsstücken.

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Viele Straßenbahntypen finden nach dem Ausscheiden aus dem Personenverkehr noch Verwendung als Arbeitswagen. Manchmal werden jedoch auch nur diverse Teile wie Fahrgestelle verwendet. Im Museum wurde des Öfteren unter Verwendung eines alten Untergestells und eines alten Wagenkastens sowie vorhandener Ersatzteile dieser Arbeitswagen ein aufgearbeitetes Museumsfahrzeug wiederhergestellt.

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Auch der Wiener Stadtbahn ist ein Teil der Ausstellungsfläche gewidmet. Die Bahn, die in Besitz der Stadt Wien gelangte und elektrifiziert wurde, fuhr zum ersten Mal im Jahr 1925. Die erste Generation der Stadtbahnwagen fuhr bis 1961 auf der Stadtbahn und bis 1968 auf der Straßenbahnlinie 60. Die ausgeschiedenen Trieb- und Beiwagen der ersten Generation wurden anschließend allerdings modernisiert und waren noch bis 1983 auf den Stadtbahnstrecken unterwegs. Am 1. Juli 1983 verkehrte die letzte rote Stadtbahn der zweiten Generation in Wien.

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Nicht nur den Straßenbahnen, sondern auch den Doppeldeckerbussen (in Wien Stockautobusse genannt) ist eine Ausstellungsfläche gewidmet. Im Bild: Ein Doppeldeckerbus des Baujahres 1961. Dieser Doppeldecker wurde bis 1977 eingesetzt, eine weitere Generation an Stockbussen verkehrte im Einmannbetrieb bis 1991. Aufgrund ihrer Höhe von 4,10 Metern und ihres Gewichts von rund 19 Tonnen (vollbesetzt mit Fahrgästen) waren diese Stockbusse jedoch stets routengebunden.

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Außerdem sei der "Wiener Fahrgast eher gemütlich", heißt es, und so staute es sich oft im unteren Teil des Busses, da niemand die Stiegen in den oberen Bereich nehmen wollte, was zu längeren Aufenthalten in den einzelnen Haltestellen führte.

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Dieser Gelenkbus (Baujahr 1975) stürzte am 1. August 1976 mit der Reichsbrücke in die Donau. Er wurde mittels Schwimmkran und Taucher geborgen, anschließend wieder instand gesetzt, fuhr bis 1989 im Personenverkehr und kam dann in den Museumsbestand. Beim Absturz befand sich zum Glück nur der Fahrer im Bus, er erlitt lediglich leichte Blessuren.

Für alle Interessierten: Von 5. Mai bis einschließlich 7. Oktober ist das Museum in der Zeit von 10.00 bis 17.00 Uhr an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen geöffnet.

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