Solche Schilder sollen aufmerksam machen auf die Nöte der Kleinstunternehmer und EPUs.

Foto: Amici delle SVA/Cosima Reif

In Österreich gibt es um die 300.000 EPUs (Einpersonenunternehmen) und Kleinstunternehmen. Laut einer Studie sind diese Selbstständigen überproportional armutsgefährdet, laut Einkommensstatistik haben sie ein Medianeinkommen von jährlich 10.900 Euro netto. Das Damoklesschwert, das über ihnen hängt, ist in erster Linie die Sozialversicherung, sagen Betroffene.

Auf Facebook haben sie sich zu einer Gruppe zusammengetan: Die Amici delle SVA sind 2011 als Bürgerinitiative für eine gerechte und leistbare Sozialversicherung entstanden - rund um den Kabarettisten Werner Brix, die Texterin Cosima Reif, die Kommunikationsdesignerin Karin Stelzer und die Unternehmensberaterin Martina Schubert. Sie fühlen sich als große Gruppe, die quasi keine Lobby hat und die kaum wahrgenommen wird.

Komplexes Abgeabensystem

Die Amici delle SVA kritisieren die Sozialversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage für Kleinstunternehmen, die Kompliziertheit des Systems und die prekäre Gesundheitsversorgung für ihre Gruppe. "Die Mindestbeitragsgrundlage ist für die umsatzschwächeren EPUs ungerecht hoch", konkretisiert Gabriela Harmtodt, die als informelle Sprecherin der Initiative für den Bereich Westösterreich fungiert. Die SVA geht dabei von einem fiktiven Einkommen aus, das wesentlich höher liege als das tatsächliche.

Dass die SV für das erste Jahr erst nach den ersten drei Jahren fällig wird, helfe dabei wenig und sei sogar kontraproduktiv, so Harmtodt: "Habe ich im ersten Jahr gut verdient, muss ich nach dem dritten Jahr die Rechnung dafür zahlen, obwohl ich die beiden anderen Jahre dazwischen vielleicht viel weniger eingenommen habe." Nicht umsonst gingen viele EPUs nach den ersten drei Jahren ein. 

Die Amici fordern daher eine aliquote zeitnahe Verrechnung der Sozialversicherung und eine Abschaffung der Mindestbeitragsgrundlage oder zumindest ein Herabschrauben derselben, damit die Kleinsten überleben können. Ähnlich dem Steuerbescheid ist das Ziel eine Abrechnung zum Ende des Kalenderjahres, nicht erst zwei bis drei Jahre im Nachhinein.

Leistbare Gesundheitsversorgung

Nicht nur die SV-Abgaben machen den EPUs zu schaffen, sondern auch die Gesundheitsversorgung. Selbstständige müssen 20 Prozent Selbstbehalt beim Arzt zahlen. "Ein Wahnsinn für Geringverdiener", kritisiert Harmtodt, die sich in Vorarlberg gemeinsam mit drei anderen Grafikdesignern zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengetan hat. Eine weitere konkrete Forderung der Initiative ist daher die Abschaffung des 20-prozentigen Selbstbehalts für Geringverdienende bis 14.000 Euro brutto Einkommen im Jahr.

Die Wirtschaftskammer ist die gesetzliche Interessenvertretung der Kleinstunternehmer. Sie hat für die Kleinstunternehmer in den vergangenen Jahren die Möglichkeit einer Betriebshilfe im Krankheitsfall installiert und stellt Räumlichkeiten, etwa für Kundenmeetings, zur Verfügung. "Das ist zwar gut gemeint, aber die Betriebshilfe nützt den meisten EPUs nichts, weil sie derart spezialisiert sind, dass niemand von heute auf morgen das Metier übernehmen kann", so Harmtodt. Für die Facebook-Gruppe sei die WKÖ noch immer die Lobby für die großen Unternehmen.

Hat sich seit Beginn der Initiative etwas zum Positiven verändert? Gabriela Harmtodt sieht es so: "Die Gesetzeslage ist zwar nicht besser geworden, aber wir fallen nicht mehr komplett durch das Wahrnehmungsradar der Wirtschaftskammer." Kommenden Montag diskutieren der Kabarettist und Mitinitiator Werner Brix und andere Vertreterinnen und Vertreter der Amici delle SVA mit dem SVA-Direktor Thomas Neumann im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema "Konkursrisiko Sozialversicherung?". Ein weiterer Schritt Richtung Wahrnehmung für die Initiative, die mittlerweile über 2.700 Mitglieder auf Facebook hat. (Marietta Türk, derStandard.at, 23.2.2012)