So klingt es also, wenn Wiens Bürgermeister Michael Häupl bei den Beamtenpensionen richtig durchgreift: "Es wird nicht möglich sein, einfach irgendetwas zu erzählen, um in Frühpension gehen zu können." Für die Titelseite der "Kronen Zeitung" hat das gereicht; um das Ziel der Stadt zu erreichen, das Antrittsalter der Rathaus-Frühpensionisten von derzeit 56 in Richtung 60 zu bringen, muss man sich einiges mehr überlegen.
Nur zehn Prozent der Wiener Beamten sind das, was man sich prototypisch unter solchen vorstellt, also Schreibtischarbeiter. Etwa die Hälfte der rund 65.000 Magistratsbediensteten arbeitet beim Krankenanstaltenverbund, dann gibt es tatsächlich auch die Feuerwehrleute, Kanal- und Müllabfuhr-Arbeiter, die von Häupl stets bemüht werden, um zu illustrieren, warum "seine" Beamten nicht mit jenen anderer Länder oder des Bundes vergleichbar sind.
Allerdings müsste es gerade in einem riesigen Apparat wie der Stadt Möglichkeiten geben, auch für ältere Menschen geeignete Arbeitsfelder zu schaffen. Die Frage, wie man Arbeitnehmer physisch und psychisch dazu in der Lage hält, bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter ihren Job auszuüben, ist nicht nur für den öffentlichen Dienst ein Thema. Diskussionen über Arbeiten bis 72 muten angesichts des realen Pensionsantrittsalters geradezu absurd an. In Wien wurde eine eigene Magistratsabteilung für das Thema Vorsorge geschaffen, an ihrem Erfolg wird man ablesen können, ob die Stadt tatsächlich so ein schrecklicher Arbeitgeber ist, dass man es dort nicht länger als bis Mitte 50 aushält. Übrigens war das durchschnittliche Antrittsalter für die Frühpension für Magistratsbeamte vor fünf Jahren noch 52 Jahre. Da scheint zumindest etwas in Bewegung zu sein.
Beim Durchrechnungszeitraum für die Beamtenpensionen wird sich im Rathaus definitiv nichts bewegen. Alle Bundesländer - außer Kärnten - haben ihre Regelung an jene für die Bundesbeamten angepasst, deren Durchrechnungszeitraum bis 2028 erhöht wird. In Wien lässt man sich dafür bis 2042 Zeit. Einfach so. Wogegen sie unter Schwarz-Blau höchstselbst auf die Straße gegangen sei, das werde sie jetzt sicher nicht einfach übernehmen, argumentiert Finanzstadträtin Renate Brauner - auch wenn sich die Stadt laut Rechnungshof im Lauf der Jahrzehnte 350 Millionen Euro sparen könnte. Eine nicht einzusehende politische Entscheidung des roten Wiens, das um jeden Preis darauf bedacht ist, seine Stammklientel bei Laune zu halten. Nicht umsonst knüpft die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten ihre Zustimmung zu einer Nulllohnrunde im Magistrat unter anderem daran, dass an den Pensionen nicht gerüttelt wird.
Ein Bruchteil der Wiener kommt in den Genuss der großzügigen Rathaus-Pensionsregelung, gleichzeitig dürfen alle deutlich mehr für Wasser, Kanal und Müllabfuhr zahlen. Die Gebühren sind zweckgebunden, man kann sie nicht eins zu eins mit den Beamtenpensionen gegenrechnen; beim Blick auf den Kontoauszug wird das dem Wiener Durchschnittswähler aber ziemlich wurscht sein.
Während die Stadtregierung also versucht die Beamten und ihre Gewerkschaft mit angenehmen Pensionen zufriedenzustellen, verliert sie jene Menschen aus dem Blick, die zähneknirschend akzeptieren müssen, dass an ihnen gespart wird. Wie immer versucht Wien anders zu sein. Diesmal könnte das nach hinten losgehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2012)