Köln - Eine umfangreiche Studienanalyse der Deutschen Sporthochschule Köln mit mehr als 2.500 Prostatakrebspatienten belegt, dass sich ein gezieltes Schließmuskel- und Beckenbodentraining positiv
auf das Risiko für eine Inkontinenz bzw. die Dauer als Folge einer Prostatakrebs-Operation auswirkt. Durch professionelle bewegungstherapeutische Interventionen verbessern sich nicht nur die Lebensqualität und das allgemeine Wohlbefinden von Krebspatienten, sondern auch Nebenwirkungen der Tumortherapie, wie zum Beispiel das Erschöpfungssyndrom (Fatigue). Was lange eine Vermutung war, konnte nun durch die Analyse der Daten aus 25 randomisierten kontrollierten Studien belegt werden.

So früh wie möglich mit Training beginnen

Der Sportwissenschaftler Freerk Baumann untersuchte in seinem systematischen Review die Auswirkungen körperlicher Aktivität bei Patienten mit einer Prostatakrebserkrankung, sowohl während als auch nach der medizinischen Therapie. "Männer, die regelmäßig trainieren, sind gegenüber Männern ohne gezieltes körperliches Training klar im Vorteil. Das betrifft die Parameter Inkontinenz, Fatigue, Muskelkraft, Lebensqualität und Fitness", so Baumann. Im Idealfall beginnt ein Patient bereits vor der Operation mit Übungen für Schließmuskulatur und Beckenboden. Auch nach der OP gilt: "Je früher der Patient startet, desto schneller regeneriert er sich." Daher sollte bereits 48 Stunden nach der Entfernung des Katheters mit dem Training begonnen werden. Die Patienten werden durch einen unmittelbaren Trainingsbeginn schneller wieder kontinent und bleiben es dann auch. Jedoch müssen Patienten und Therapeuten geduldig sein, denn nicht selten treten Besserungen erst nach 6 Monaten regelmäßigen Trainings auf.

Training unter Anleitung

Die besten Erfolge stellen sich dann ein, wenn ein Patient unter Anleitung eines geschulten Therapeuten trainiert. Das gilt für die allgemeine Fitness, aber insbesondere für die Inkontinenz. Laut Baumann "hilft es wenig, wenn Patienten nach einer kurzen Einführung oder anhand eines Flyers für sich alleine trainieren". Um therapeutische Erfolge zu erzielen, bedarf es eines langfristigen und angeleiteten Trainings. Untersuchungen zeigten, dass inkontinente Patienten ein reduziertes Aktivitätsniveau haben. Die Folgen sind psychosoziale Isolation und Bewegungsmangelsymptome und damit wiederum die Gefahr einer weiteren stationären Behandlung. Behandlungskosten, die vermieden werden können, wenn die Patienten Zugang zu bewegungstherapeutischen Programmen haben. Hier muss das Gesundheitssystem reagieren, denn nicht jeder Prostatakrebspatient nimmt an qualitativ hochwertigen bewegungstherapeutischen Angeboten teil.

Zur Wirksamkeit weiterer Therapiemethoden, wie Biofeedback oder Elektrostimulation, können die Wissenschaftler aufgrund der vorliegenden Daten keine Angaben machen: "Die Ergebnisse der verschiedenen Studien waren widersprüchlich, so dass wir derzeit keine eindeutigen Empfehlungen aussprechen können." Auch bezüglich der Übungsauswahl im Hinblick auf die Übungseffektivität sind weitere Untersuchungen nötig. (red)