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Viele der getesteten Physiotherapeuten änderten die vom Arzt verordnete Therapie ab.

Wien - Physiotherapie kann Patienten nach Unfällen schneller fit machen und durch chronische oder neurologische Erkrankungen verursachtes Leiden lindern. Die Kosten für vom Arzt verordnete, wissenschaftlich anerkannte Anwendungen übernimmt daher die Krankenkasse. Die Therapeuten müssen sich aber an die ärztliche Verordnung halten, Rechnungen korrekt ausgestellt sein. "Die Praxis sieht häufig anders aus", kritisieren die Tester des Magazins "Konsument". Verordnungen werden häufig ohne Rücksprache mit dem Arzt geändert, die Behandlungsdauer wird verkürzt.

Getestet wurden in Kooperation mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträge fünf Grazer und zehn Vorarlberger Wahltherapeuten. Bei ihnen muss der Patient zunächst privat zahlen und kann die Rechnung dann zur Rückerstattung bei seiner Krankenkasse einreichen. Refundiert werden 80 Prozent der Kosten, die ein Kassen-Vertragstherapeut für die verordnete Leistung in Rechnung stellen kann. Die Wahltherapeuten sind in ihrer Preisgestaltung frei.

Abänderung der Verordnung

Wenn Physiotherapeuten anstatt der vom Arzt verschriebenen Therapie alternative Methoden wie Shiatsu, Craniosacral- oder Meridlinetherapie anbieten, dann mag dies für manche Patienten zwar durchaus willkommen sein, es birgt aber auch Risiken: Neben finanzieller Belastung durch etwaige Zuzahlungen drohen unter Umständen gesundheitliche Probleme. Denn die Wirksamkeit zahlreicher alternativer Heilmethoden ist keineswegs belegt - die belegt wirksame Therapie hingegen wird unterlassen.

Bei fünf in Graz getesteten Wahltherapeuten wurden von zwei Testpersonen insgesamt 30 Anwendungen in Anspruch genommen. Doch nur bei sieben Anwendungen hielten sich die Physiotherapeuten auch tatsächlich an die ärztliche Verordnung. In 60 Prozent der Fälle entsprach die Rechnung zudem nicht der tatsächlich erbrachten Leistung. Auch bei den zehn in Vorarlberg getesteten Wahltherapeuten wurde in 60 Prozent der Fälle die Rechnung nicht korrekt ausgestellt. 

"Physiotherapeuten haben nach ärztlicher Verordnung zu handeln - eigenmächtige Heilbehandlungen sind laut Gesetz zu unterlassen. Der behandelnde Arzt hat sich mit Sicherheit bei der Verordnung etwas gedacht, daher sollten andere angebotene Therapien mit dem Arzt abgesprochen werden", sagt die Gesundheitsexpertin Bärbel Klepp vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Den Patienten stehe es natürlich frei, eine ärztlich nicht verordnete Heilmethode zu wählen. Die Krankenkasse bezahlt allerdings nur medizinisch anerkannte Leistungen, deren Wirksamkeit belegt ist.

Im Rahmen des Tests wurde beispielsweise bei einem Institut die nicht von der Krankenkasse anerkannte Craniosacral-Therapie als zweimalige Heilgymnastik abgerechnet. "Wer eine solche Rechnung einreicht, macht sich strafbar - der Physiotherapeut macht sich zum Mittäter. Dies ist kein Kavaliersdelikt, sondern schlicht und einfach Betrug. Daher sollten Patienten unbedingt die Rechnung kontrollieren, ehe sie diese bei der Krankenkasse einreichen", so Klepp.

Zu kurze Behandlungsdauer

Auffällig war bei den Vorarlberger Therapeuten darüber hinaus, dass die Dauer der einzelnen Behandlung häufig nicht der ärztlichen Verordnung entsprach. Bei der verordneten Einzelheilgymnastik (30 Minuten) hielt sich etwa lediglich ein Therapeut an die Zeitvorgabe, dreimal nahmen sich die Therapeuten gar nur fünf Minuten Zeit für die Behandlung. Werden 30 Minuten Einzelheilgymnastik verordnet, hat der Patient auch Anspruch auf 30 Minuten reine Behandlungszeit. Das Erstgespräch sowie das An- und Auskleiden zählen nicht dazu. (red/APA)