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Auf dem Umschlag, den eine junge Frau in die Kamera hält, ist eine Briefmarke, auf der das Referendum beworben wird. Diese ist mit einem "Ja" abgestempelt.

Foto: EPA/CTK/Petra Masova
Prag/Wien - Die Tschechen haben bei der zweitägigen Volksabstimmung, die am heutigen Samstag zu Ende gegangen ist, mit überwältigender Mehrheit für den EU-Beitritt ihres Landes gestimmt. Nach dem amtlichen Endergebnis des Tschechischen Statistikamtes vom Samstagabend stimmten 77,3 Prozent der Teilnehmer für den Beitritt. 22,7 Prozent sprachen sich dagegen aus. Die Stimmbeteiligung betrug 55,2 Prozent. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) begrüßte das Ergebnis und hofft nunmehr auf eine leichtere Lösung offenere bilateraler Fragen.

Am Freitag und Samstag waren 8,2 Millionen Tschechen zur Abstimmung über den EU-Beitritt aufgerufen. Tschechien tritt im Mai 2004 gemeinsam mit neun weiteren Staaten der EU bei.

Spidla zufrieden

Ministerpräsident Vladimir Spidla zeigte sich über das Votum seiner Mitbürger nach Veröffentlichung der ersten Prognosen am Samstagnachmittag sehr erfreut. "Für mich persönlich ist heute der Zweite Weltkrieg aus der Sicht der Tschechischen Republik mit allen seinen Folgen beendet worden. Wir sind wieder in jene Zeiten eingetreten, als wir stark waren und als unsere Chancen groß waren. Dieser Schritt hat die Tschechische Republik in allen Bereichen gestärkt: politisch, wissenschaftlich, demokratisch, kulturell und auch wirtschaftlich", sagte Spidla vor Journalisten in Prag.

Svoboda: "Klare Entscheidung"

Außenminister Cyril Svoboda begrüßte ebenfalls die ersten positiven Prognosen. "Unsere Bürger haben sich klar für den EU-Beitritt entschieden. Es ist ein Erfolg jedes Bürgers der Tschechischen Republik", sagte Svoboda.

Prodi: "Großer Tag für Europa

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sprach einer Erklärung vom Samstag zufolge von "einem großen Tag für Europa". EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen erklärte laut Angaben der Nachrichtenagentur AFP, ganz Europa werde von der "besonderen Sensibilität" der Tschechen für Fragen der Gleichberechtigung und der Menschenrechte profitieren. Nach den "dunklen Jahren der kommunistischen Diktatur" sei es den Tschechen mit mutigen und rigorosen Reformen gelungen, erfolgreich Demokratie und Marktwirtschaft einzuführen.

Schüssel hofft auf leichtere Lösung offener Fragen

Schüssel zeigte sich in einer Aussendung erfreut über das Ergebnis: "Gerade mit unserem Nachbarland Tschechien verbindet uns eine lange gemeinsame Geschichte, die für beide Seiten nicht immer einfach war - eine typisch europäische Geschichte von Freundschaft und manchen nicht aufgearbeiteten Problemen der Vergangenheit." "Ich bin überzeugt, dass wir als Freunde und Nachbarn im vereinten Europa leichter den Weg zur Lösung noch offener Fragen finden können und freue mich auf unsere gemeinsame Zukunft."

Reaktionen auf Tschechisch

Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) begrüßte das tschechische "Ja" zum Beitritt zur Europäischen Union gleich auf Tschechisch: "Vitejte v Evropske unii! Mame radost, ze tam budete s nami!" ("Ein herzliches Willkommen in der Europäischen Union - wir freuen uns, dass Ihr dabei seid!"). Die Tschechen hätten mit ihrem "Ja" ein deutliches Votum "zu unserer gemeinsamen Zukunft in der Europäischen Union" abgegeben, sagte sie am Samstag anlässlich einer Veranstaltung der Erste Bank und der Tschechischen Botschaft auf dem Josefsplatz in Wien.

Auch die französische Europaministerin Noelle Lenoir begrüßte laut AFP in tschechischer Sprache Tschechien im vereinten Europa begrüßt: "vitame vas" (Willkommen). "Die Tschechische Republik findet heute einen Platz im Herzen Europas, wie es ihrer Geschichte und Kultur gebührt", sagte Lenoir in einer Aussendung als Reaktion auf das Abstimmungsergebnis.

SP-Europaabgeordneter Swoboda: "Positives Signal"

Der SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda hat im Zusammenhang mit dem positiven Ergebnis der tschechischen EU-Volksabstimmung ein "politisches Signal" zu den Benes-Dekreten von Seiten der tschechischen Regierung gefordert. "Unabhängig vom Rechtsstandpunkt wäre es überaus begrüßenswert, wenn die Tschechische Republik eine versöhnliche Geste setzen könnte", sagte der SPÖ-Delegationsleiter laut einer Aussendung vom Samstag. "Damit würde klar zum Ausdruck kommen, dass das Land nicht nur mehrheitlich pro-europäisch eingestellt ist, sondern dass auch seine Repräsentanten in ihrem politischen Handeln pro-europäisch sind."

Ursula Stenzel, ÖVP-Delegationsleiterin im Europaparlament, meinte in Anspielung auf die Konflikte zwischen Österreich und Tschechien: "Ich war und bin (...) davon überzeugt, dass sich offene Fragen und Probleme in der Gemeinschaft der EU besser lösen lassen." Swoboda und Stenzel begrüßten beide das Ergebnis des EU-Referendums.(APA)