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Dominique Strauss-Kahn kommt am Dienstag bei der Polizei in Lille an, wo er zu Vorwürfen verhört wird, er habe Prostituierte vermittelt. Die Befragung kann bis zu 96 Stunden dauern.

Foto: Michel Spingler/AP/dapd

Es ist ein Termin, auf den Dominique Strauss-Kahn selbst lange gedrängt hatte: Seit gestern wird der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) erstmals von französischen Ermittlern in der Affäre um Call-Girl-Partys in mehreren Luxushotels verhört - die Affäre, die den Ruf Strauss-Kahns in Frankreich endgültig beschädigt hatte. Dabei geht es weniger um die Sexorgien selbst, an denen der sozialistische Politiker teilgenommen hat, als vielmehr um zwei zentrale Fragen: Wusste Strauss-Kahn, dass es sich bei den Mädchen um Prostituierte handelte und dass diese mit unterschlagenen Firmengeldern bezahlt wurden?

Nein, sagt der Betroffene selbst und spricht von "bösartigen" Unterstellungen. Dass sein Name mit Prostitution in Verbindung gebracht werde, sei "unerträglich". Er habe nie einen Cent bezahlt, "im Allgemeinen sind die Besucherinnen solcher Partys keine Prostituierten", verteidigt sich der Politiker.

Bis zu 96 Stunden im Verhör

Seit Oktober hatte Strauss-Kahn darauf bestanden, endlich seine Version der Dinge liefern zu können. Jetzt haben ihn die Ermittler in Gewahrsam genommen, um herauszufinden, ob sie ein formelles Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Prostitution und Veruntreuung öffentlicher Firmengelder eröffnen oder nicht. Das Verhör kann bis zu 96 Stunden dauern.

Acht Personen sitzen in der Affäre bereits in Untersuchungshaft, darunter der Direktor des luxuriösen Carlton-Hotels im nordfranzösischen Lille, dessen Kommunikationschef René K. und ein in Belgien aktiver französischer Zuhälter, Dodo A. Letzterer soll K. für das Carlton und andere Hotels in Lille mit Mädchen aus Belgien "beliefert" haben. Die Nummer zwei der Polizei für den Norden Frankreichs, Jean-Christophe Lagarde, steht im Verdacht, dieses Treiben nicht nur gedeckt, sondern selbst Sexpartys in Paris, Washington, Wien und anderswo organisiert zu haben, an denen Strauss-Kahn teilnahm.

Bargeld in Kuverts

Eines der Mädchen, das sich Florence nennt, erklärte offenbar gegenüber den Ermittlern, dass sie bei diesen Anlässen mehrfach sexuellen Kontakt mit Strauss-Kahn gehabt habe. Leugnete sie zunächst, bezahlt worden zu sein, räumte sie schließlich ein, über Mittelsmänner "jedes Mal" Bargeld in Kuverts erhalten zu haben und sprach von "angenehmen Momenten, die gut Geld bringen". "Bei diesen Partys gingen alle Mädchen durch Strauss-Kahns Hände", so Florence.

Unter anderen sollen ein Freund von DSK, Fabrice P., sowie David R., der inzwischen geschasste Direktor einer Filiale des Baukonzerns Eiffage, die Rechnungen bezahlt haben - auf Firmenkosten. Eiffage bestreitet, von R.s Treiben gewusst zu haben und spricht von gefälschten Abrechnungen in Höhe von mindestens 50.000 Euro.

Auch in Wien unterwegs

Auch in Wien soll sich Strauss-Kahn vergnügt haben: Einen Tag vor einem Treffen mit Finanzminister Josef Pröll im Mai 2009 schrieb Strauss-Kahn in einem von der Polizei abgefangenen SMS an seinen Freund P.: "Ich nehme eine Kleine mit in die Clubs von Wien am Donnerstag, 14. Mai. Möchtest du mit einem Fräulein kommen?" Gegen P. ermittelt die französische Polizei wegen Zuhälterei. Die österreichischen Behörden ermitteln in dem Fall nicht. (Sylvie Stephan aus Paris/DER STANDARD-Printausgabe, 22.2.2012)