Das neue Flechtwerk unter dem Karlsplatz entstand in Zusammenarbeit der Wiener Linien mit Kunst im öffentlichen Raum.

Foto: Standard/Cremer

Wien - Im Spätherbst 1998 luden die Wiener Linien sieben Künstler zu einem Gestaltungswettbewerb für die damals in Bau befindliche U3-Station Zippererstraße ein. Das Thema lautete "Mobilität", und Peter Kogler schickte seine bekannten Riesenameisen los: Im Gänsemarsch überzogen sie alle freien Flächen. Der favorisierte Vorschlag war aber nicht durchzubringen. Denn die Wiener Linien sorgten sich um klaustrophobische Passagiere, die von Panikattacken heimgesucht werden könnten.

Doch nun klappte es andernorts: Am Dienstag wird um 19.00 Uhr unter dem Karlsplatz Koglers neue Rauminstallation präsentiert (zugänglich ist sie schon jetzt). Sie erstreckt sich über das gesamte "Obere Zwischengeschoss", eine Verteilerebene, über die man von der Passage, die gegenwärtig umgebaut wird, zu den Bahnsteigen der U2 und der U1 gelangt.

Tapetenartiges Netzwerk aus Röhren

Kogler, der viele Jahre Professor an der Akademie der bildenden Künste war, verkleidete den gedrungenen, von Einbauten befreiten Raum mit bedruckten Glasplatten und spielt raffiniert mit Dreidimensionalität. Das tapetenartige Netzwerk aus Röhren scheint die Architektur aufzulösen bzw. zu erweitern. Und das illusionistische Labyrinth korrespondiert perfekt mit der Umgebung: farblich mit dem glänzend-schwarzen Fußboden und der Lamellen-Decke, formal mit den Leuchtstoffröhren, dem Geländer und den massiven Säulen. Zudem verweist die namenlose Arbeit auf eine Installation, die Kogler 1995 in der Secession gleich nebenan realisiert hat. Damals kleidete er den Hauptraum aus - ebenfalls mit übereinandergelagerten, in alle Richtungen laufenden Röhren.

Die Wirkung, die Peter Koglers computergenerierte Arbeiten erzielen, ist enorm. Das hat der Innsbrucker, Jahrgang 1959, schon mehrfach unter Beweis gestellt. Zunächst natürlich in Räumen der Kunst: 1990 überzog er die Wände der Galerie Krinzinger mit seriellen Mustern, 1992 bei der Documenta in Kassel jene des Museums Fridericianum, 1995 die Mauern des österreichischen Pavillons als Beitrag zur Kunstbiennale von Venedig, und 1996 bemalte Kogler das Treppenhaus der Kunsthalle Krems.

Kuststoffnetz am Wiener Flughafen

Der Schritt in den öffentlichen Raum war nur eine Frage der Zeit. 2003, im Kulturhauptstadtjahr, kleidete er den Grazer Hauptbahnhof mit einer rot-schwarz-bedruckten Plane aus. 2005, anlässlich der bevorstehenden Fußball-EM, überzog er das Parkhaus am Flughafen Wien Schwechat mit einem riesigen Kunststoffnetz. Dieses wurde nach der EM leider wieder abgenommen, die Rauminstallation in Graz, ebenfalls nur temporär geplant, hängt aber noch heute. Denn die Bürger hatten für den Erhalt gekämpft.

Das neue Flechtwerk unter dem Karlsplatz entstand in Zusammenarbeit der Wiener Linien mit Kunst im öffentlichen Raum (Kör) unter der Leitung von Ricky Renier. Heuer sollen noch weitere Installationen (in mehreren U2-Stationen) eröffnet werden. Und Franz Graf gewann den Wettbewerb für die Passage am Südtirolerplatz zwischen U1 und dem künftigen Hauptbahnhof. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, Printausgabe, 21.2.2012)