Wien - Für nichts anderes als "eine bessere Art von Tschaikowsky" wollte er gehalten werden, während ihm von den meisten seiner Zeitgenossen ein eisiger Wind der Ablehnung entgegenwehte. Zwar wird die historische Bedeutung von Arnold Schönberg inzwischen gemeinhin anerkannt, für den Inbegriff eines seelenvollen Musikers dürften ihn aber noch immer nur die wenigsten halten.

Wer allerdings eine Interpretin wie Hilary Hahn mit Schönberg hört, dem müsste es leichtfallen, in das Lager Letzterer überzuwechseln: Alle musikalischen und technischen Schwierigkeiten seines Violinkonzerts schien sie mit selbstbewusster Eleganz wegzuwischen, verwandelte die mit Doppelgriffen und anderen Unannehmlichkeiten gespickte Partitur in hochexpressive Gestik.

Das Radiosymphonieorchester Wien war ihr dabei unter der Leitung von Peter Eötvös ein ebenbürtiger, ebenso punktgenauer wie emphatischer Partner, der Schönbergs unmittelbare Emotionalität zuvor schon in den Fünf Orchesterstücken op. 16 (1909, reduzierte Fassung von 1949) zum Bersten gespannt und mit größter Deutlichkeit vermittelt hatte.

Als Vermittler eines großen Kollegen hatte sich seinerseits auch Schönberg gesehen, als er das g-Moll-Klavierquartett op. 25 von Johannes Brahms für großes Orchester eingerichtet hatte, das trotz der feinsinnigen interpretatorischen Annäherung in diesem Konzert doch gigantomanisch und aufgebläht wirkte - ganz im Gegensatz zu den Zugaben, mit denen sich Hahn verabschiedet hatte: Im Presto und in der Siciliana aus Johann Sebastian Bachs g-Moll-Violinsonate fand sie einmal mehr zur perfekten Symbiose aus virtuoser Leichtfüßigkeit und Tiefsinn. (Daniel Ender, DER STANDARD - Printausgabe, 21. Februar 2012)