Wallner: "In der heutigen Leistungsgesellschaft musst du immer deine Leistung bringen, sonst bist du schnell weg."

Foto: redbull.GEPA-pictures.com

"Krankl weiß, wie man mit den Leuten umgeht, er weiß, wie man die Leute angreifen muss. Er hat ja auch schon einiges erlebt. Er kann loslassen, er kann den Spielern Vertrauen geben."

Foto: redbull.GEPA-pictures.com

"Wenn irgendjemand anderer zum LASK gekommen wäre, wäre ich vielleicht nicht da, wo ich jetzt bin. Krankl hat mir sehr geholfen."

Foto: redbull.GEPA-pictures.com

"Heutzutage herrscht überall ein Kommen und Gehen."

Foto: redbull.GEPA-pictures.com

"Man weiß nie, was passiert", sagt Neo-RasenBallsport-Stürmer Roman Wallner, der sich am Wochenende mit einem Triplepack in Leipzig vorgestellt hat. Ob Europa League oder vierte deutsche Liga, der 29-fache Internationale spielt gerne Fußball. Warum er Hans Krankl viel verdankt, was er von Leipzig-Coach Pacult hält, warum er keine langfristigen Ziele verfolgt und warum man als Fußballer besser nicht zu viele Gedanken im Kopf hat, erzählt der 30-Jährige im Interview.

derStandard.at: Ihr Einstand bei RasenBallsport Leipzig ist mehr als geglückt. Sie haben beim 8:2-Kantersieg gegen den SV Wilhelmshaven einen Triplepack erzielt. Sind Sie zu gut für die vierte deutsche Liga?

Roman Wallner: (lacht) Nein, das ist übertrieben. Ich bin sehr froh, dass es so funktioniert hat. Man muss auch sagen, dass es mir die Mitspieler sehr leicht gemacht haben, weil sie mich sehr gut freigespielt haben. Das erste Tor war sehr schön eingeleitet von Daniel Frahn, beim zweiten und dritten Treffer musste ich nur mehr das leere Tor treffen. Aber es macht den Start schon angenehmer, wenn es von Anfang an läuft und man gleich 8:2 gewinnt.

derStandard.at: Was hat sich bezüglich Umfeld im Vergleich zu RB Salzburg geändert?

Wallner: Das lässt sich schwer vergleichen, mir hat es in Salzburg auch sehr viel Spaß gemacht und ich habe die Stimmung dort auch immer sehr genossen. Aber wenn wir unsere Spiele hier gewinnen und aufsteigen, dann werden 30.000 bis 35.000 Zuschauer ins Stadion kommen, weil die Leute hier in der Region doch sehr fußballhungrig sind.

derStandard.at: Wie darf man sich Trainingsumfang und -qualität in Leipzig im Vergleich mit der österreichischen Bundesliga vorstellen?

Wallner: Jeder Trainer arbeitet anders, aber hier gibt es komplette Profibedingungen. Man merkt gar nicht, dass es sich hier um die vierte Liga handelt. Das Training ist von der Qualität her sehr gut, es ist intensiv und hart, man kann nicht lockerlassen. Das Team ist sicher für Höheres bestimmt als für die vierte Liga.

derStandard.at: Was schätzen Sie an Peter Pacult?

Wallner: Es ist meine erste Station unter Pacult und ich bin begeistert. Er schaut nicht nur auf die Fehler, er redet nicht so viel, lässt dir auch Freiheiten und lässt dich spielen. Man kann sich frei entwickeln. Er steht für das schnelle, flüssige Spiel nach vorne. Wichtig ist ihm auch, dass man mit wenigen Ballkontakten nach vorne kommt, und das taugt mir. Er hat ein sehr gutes Gefühl, die unterschiedlichen Charaktere einzuschätzen, und weiß, wie man eine Mannschaft zusammenstellt. Und er erkennt genau, wann es Zeit wird dazwischenzufahren, um quasi dem schleichenden Tod keine Chance zu geben.

derStandard.at: Die härtesten Konkurrenten in der Meisterschaft sind Holstein Kiel und der Hallesche FC. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es mit dem Titel und dem Aufstieg klappt?

Wallner: Schwer zu sagen, weil noch sehr viele Spiele vor uns liegen. Wir müssen einfach von Tag zu Tag, von Spiel zu Spiel schauen und dürfen nicht lockerlassen. Das wird noch ein hartes Stück Arbeit.

derStandard.at: Ist Ihnen der Abschied von Red Bull Salzburg schwer gefallen?

Wallner: Einerseits ja, weil ich mich doch in Salzburg wohlgefühlt habe und mich gut verstanden habe mit den Spielern. Es hat immer eine super Stimmung gegeben in der Mannschaft und gegenseitigen Respekt. Andererseits freue ich mich schon sehr auf die neue Aufgabe hier.

derStandard.at: Die Salzburger Bullen finden überraschenderweise nicht richtig in die Gänge. Fehlt es an Kontinuität? Werden Spieler und Trainer zu oft ausgewechselt?

Wallner: Es ist normal, dass etwas verändert wird, wenn es nicht nach Wunsch läuft. Aber als Spieler machst du dir diesbezüglich weniger Gedanken. Mit der Entscheidung, ob jemand bleibt oder geht, hat man ohnehin nichts zu tun. Du musst auf dich selbst schauen und deine Leistung bringen.

derStandard.at: Inwieweit schmerzt es, dass Sie nun statt Bundesliga und Europa League in der vierten deutschen Liga auf Torejagd gehen müssen?

Wallner: Mir ist das egal, ich spiele gerne Fußball, das macht mir Spaß. Ich habe es geschafft, mein Hobby zum Beruf zu machen. Dass man als Profi auch schauen muss, dass man sein Geld verdient, ist ganz normal.

derStandard.at: RasenBallsport ist mittlerweile Ihre zwölfte Vereinsstation. Alleine in Österreich haben Sie bei sechs Bundesligavereinen gespielt, am längsten bei Rapid (fünf Jahre). Wird Vereinstreue überbewertet?

Wallner: Heutzutage herrscht überall ein Kommen und Gehen. Wenn es mit dem Trainer nicht ganz passt, dann muss man wieder gehen. Man kann es als Spieler nur bedingt beeinflussen, auch länger beim Verein bleiben zu können. In der heutigen Leistungsgesellschaft musst du immer deine Leistung bringen, sonst bist du schnell weg.

derStandard.at: Inwiefern wurden Sie von den vielen Vereinsstationen geprägt?

Wallner: Ich habe vieles kennengelernt, das hat mich vor allem persönlich geprägt, sportlich weniger. Ich habe Positives erlebt und auch ganz Schlechtes, musste kämpfen und beißen. Ich glaube aber, dass es mir sehr geholfen hat, menschlich und charakterlich erwachsen zu werden. Das erkennt man aber erst später. Zuvor ist man deprimiert und fragt sich, warum geht etwas so schlecht, warum kommt es noch schlechter. Aber wenn man an sich glaubt und weiter arbeitet, dann macht sich das irgendwann bezahlt und man hat in gewissen Situationen auch wieder das nötige Glück, dass es nach oben gehen kann.

Als ich zum Beispiel beim LASK war und nicht viele Tore erzielt habe, hatte ich das Glück, dass Hans Krankl gekommen ist und mich unterstützt hat. Wenn irgendjemand anderer gekommen wäre, wäre ich vielleicht nicht da, wo ich jetzt bin. Krankl hat mir sehr geholfen, zuvor hatte ich ja ein Jahr lang nicht gespielt.

derStandard.at: Ist Hans Krankl ein guter Motivator?

Wallner: Er weiß, wie man mit den Leuten umgeht, er weiß, wie man die Leute angreifen muss. Er hat ja auch schon einiges erlebt. Er kann loslassen, er kann den Spielern Vertrauen geben. Es war für mich sehr wichtig, dass ich ihn als Trainer haben durfte.

derStandard.at: Rechnen Sie sich Chancen aus, noch mal ins Nationalteam einberufen zu werden?

Wallner: Keine Ahnung, schwer zu beurteilen, das ist Zukunftsmusik. Die Voraussetzungen mit der vierten Liga sind sicher weniger gut, aber man weiß nie, was passiert.

derStandard.at: In Userpostings oder Kommentaren von Lesern gibt es immer wieder Anspielungen auf Ihre früheren Alkohol-Eskapaden. Stört es Sie, dass der moderne Profisportler auch mit seinem Privatleben derart im Rampenlicht steht?

Wallner: Mir sind Fehler passiert, dafür musste ich bezahlen. Aber das ist lange her, und was in der Vergangenheit war, interessiert, glaube ich, niemanden mehr. Diese Geschichten werden immer wieder erwähnt, ich kann es nicht ändern und nicht mehr rückgängig machen. Diese Dinge kommen meist von jenen, die mir gegenüber negativ gestimmt sind. Daran wird sich wohl nichts mehr ändern, nicht in zehn, nicht in 15 Jahren. Für mich ist das aber nicht so ein Problem, weil ich weiß, was ich kann und wo ich jetzt stehe.

derStandard.at: Sie sind jetzt 30 Jahre alt, welche Ziele verfolgen Sie mittel- und längerfristig?

Wallner: Ich setze mir keine größeren Ziele, damit ich mich nicht zu sehr unter Druck setze. Ich gebe mein Bestes und schaue, was auf mich zukommt. Der Fußball ist nicht so berechenbar, dass man auf Jahre hinaus vorausplanen kann. Diesbezüglich mache ich mir keinen Stress. Für einen Spieler ist es am besten, wenn man nicht zu viele Gedanken im Kopf hat, damit man locker bleibt. (derStandard.at, 21.2.2012)