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Chinesischer Vorarbeiter in Nigeria, ...

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... Arzt im Sudan: Die Summen, die China in Afrika investiert, sind drastisch gestiegen - auch in der Entwicklungshilfe.

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Das neue Hauptquartier der Afrikanischen Union in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba wurde von China finanziert, entworfen und gebaut.

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Wenn China Afrika hilft, dann nur, um an die Rohstoffe des Kontinents zu kommen - das werfen westliche Geber Peking gerne vor. Genau die könnten aber mitunter einiges von China lernen, meinen Entwicklungsforscher.

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Addis Abeba/Peking/Wien - 200 Millionen US-Dollar hat der Bau gekostet, fast 100 Meter ist der Büroturm hoch, gleich daneben liegt ein Kongresszentrum mit 2500 Sitzplätzen, das geformt ist wie eine fliegende Untertasse. Ende Jänner wurde das neue Hauptquartier der Afrikanischen Union (AU) in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eröffnet - komplett finanziert von China. Als "Chinas Geschenk an Afrika" betitelten afrikanische Medien den Komplex.

Doch nicht alle verwenden den netten Namen. "Eine Beleidigung der Afrikanischen Union und jedes Afrikaners", nannte es Chika Ezeanya, US-amerikanische Afrikanistin, in einem Artikel kurz nach der Eröffnung. " Ein Symbol für den Mangel an Fokus, die Gier und die bejammernswerte Abhängigkeit afrikanischer Politiker", schrieb die kritische Newsseite www.africanliberty.org.Seit 2000 hat sich die Hilfe, die China Afrika gewährt, drastisch gesteigert, seit 2004 wuchs die Summe jährlich um 30 Prozent. Gern wird dem Land seither vorgeworfen, nur zu zahlen, um sich selbst zu bereichern und damit mehr zu schaden als zu helfen.An dem AU-Gebäude etwa ist bis auf das Land, auf dem es steht, nicht viel afrikanisch: Der Architekt kam aus China, genauso wie die Baufirma und viele der Bauarbeiter. Sogar ein Großteil der Baustoffe wurde aus China nach Äthiopien verschifft."Krake China greift nach Afrikas Schätzen", betitelte die Bild-Zeitung einen Artikel über die Eröffnung. Günther Nooke, Afrikabeauftragter der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, gab China und dessen Landkäufen in Äthiopien im Sommer Mitschuld an der Hungersnot am Horn von Afrika. Und US-Außenministerin Hillary Clinton moralisierte vor dem Entwicklungszusammenarbeits-Gipfel im November in Südkorea: "Nehmt euch in Acht vor Spendern, die mehr daran interessiert sind, eure Ressourcen zu abzubauen, als eure Kapazitäten auszubauen." Sind die Chinesen mehr am eigenen Vorteil interessiert als andere Geber? Wie viel ist dran an dem gern propagierten Bild? Nicht allzu viel, sagen Entwicklungsforscher. Im Gegenteil könne der Westen bei der Entwicklungszusammenarbeit einiges von China lernen.

Kein Landgrabbing

Etwa einen Monat, bevor Afrikabeauftragter Nooke seine Äthiopien-Kommentare abgab, hatte das kalifornische Oakland-Institut eine Studie über Landgrabbing in Äthiopien fertiggestellt. Das Ergebnis: Die Chinesen machen dabei gar nicht mit. Indien und die Golfstaaten sind die großen Landkäufer. In anderen untersuchten Ländern waren chinesische Investoren nur einige unter vielen.

2011 veröffentlichte China erstmals einen Bericht mit Zahlen über seine Entwicklungshilfe. Demnach flossen gerade einmal neun Prozent aller Hilfsleistungen in Projekte, bei denen etwa Ölfelder erschlossen oder wertvolle Mineralien und Metalle gefördert werden sollten. Der Großteil der Gelder war für Projekte wie Straßenbau, Elektrifizierung oder den Aufbau von Telefonsystemen vergeben worden.

"Bei der chinesischen Entwicklungshilfe verschwimmen die Grenzen zwischen Hilfe und Geschäften", sagt Axel Berger vom deutschen Institut für Entwicklungszusammenarbeit (DIE) - ein Weg, den auch westliche Länder zunehmend beschreiten. So vergibt China zwar relativ wenige klassische Hilfskredite nach OECD-Definition - also solche, die ausschließlich die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohlergehen der Bevölkerung fördern. Dafür leiht es seinen Partnern auf anderen Wegen sehr viel günstiges Geld - etwa um Exportgeschäfte zu finanzieren."Der Westen sieht in Äthiopien nur Dürre und verhungernde Kinder; wir wollen Äthiopien retten. China sieht in Äthiopien eine schnell wachsende Wirtschaft mit 90 Millionen Konsumenten - also ein gutes Geschäft", schreibt Deborah Brautigam, Autorin des Buches The Dragon''s Gift: The Real Story of China in Africa, in ihrem Blog.Dass dabei besonders oft Regierungen mit einem problematischen Umgang mit Menschenrechten bedacht würden, sei ein Vorurteil: "Zu Chinas wichtigsten Geschäftspartnern in Afrika zählen stabile Demokratien wie Südafrika, Ghana und Mauritius", meint Berger. "Ressourcenreiche Länder scheinen nicht mehr Entwicklungshilfe von China zu bekommen als andere", schreibt Brautigam. Chinesische Schenkungen oder vergünstigte Kredite finanzieren in Afrika meist Infrastrukturprojekte, an denen chinesische Firmen beteiligt sind. Die Bauprojekte werden meist von chinesischen Managern betreut, auch chinesische Arbeiter bauen mit. Wie viele, darüber gehen die Meinungen auseinander. Beim Bau der AU-Zentrale etwa liegen die Angaben zwischen 50 und 90 Prozent.

Importierte Arbeiter

Die Taktik hat China reichlich Kritik in Afrika eingetragen, weil so keine oder zu wenige Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung entstehen. Zudem seien die Arbeitsbedingungen bei chinesischen Unternehmen besonders schlecht. "Lokale Gewerkschaften sind sehr kritisch geworden, das Problembewusstsein hat sich sehr verändert", sagt Christina Hackenesch, Expertin für chinesisch-afrikanische Beziehungen am DIE. Die Proteste zeigen aber immer wieder Wirkung: 2011 etwa verdoppelten chinesische Minenunternehmen die Gehälter ihrer Arbeiter in Sambia.

Die engen Verflechtungen zwischen Hilfe und Geschäft sind aber auch der Grund, warum es so schwer ist, die tatsächlichen Auswirkungen von Chinas Unterstützung abzuschätzen, zudem sind die veröffentlichten Zahlen oft nicht sehr aussagekräftig. So wurde in dem Bericht 2011 etwa nicht aufgeschlüsselt, wie viel Geld in welches Land ging. Traditionelle Geber arbeiten transparenter.

In anderen Punkten ist man sich ähnlicher. In einem Hearing über Chinas wachsende Bedeutung in Afrika, das im November vor dem US-Senat stattfand, zählte Politikwissenschaftler David Shinn vier Hauptinteressen des Landes auf dem Kontinent auf: Zugang zu Rohstoffen, gute Beziehungen zu afrikanischen Ländern zwecks Unterstützung in der Region, die drastische Erhöhung chinesischer Exporte nach Afrika und das Verdrängen von Taiwans Botschaften. "Bis auf Punkt vier", folgerte Shinn, "trifft alles im gleichen Umfang auch auf die USA zu." (Tobias Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.2.2012)