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Peter Hochegger vor dem Untersuchungsausschuss.

Foto: APA/Pfarrhofer

Die Aussagen von Peter Hochegger im Korruptions-Untersuchungsausschuss und in diversen Interviews haben für viel Aufsehen gesorgt. Er nannte Mitarbeiter aller Parteien, die für ihn im Zuge der Telekom-Causa gearbeitet haben sollen. Die Genannten sprachen von "Ablenkungsmanöver" und "Sauerei". derStandard.at hat sich bei Lobbyismus-Experten umgehört, wie diese Hocheggers "Spin" beurteilen.

Honorare "zehnmal höher als bei anderen Lobbying-Unternehmen"

Andreas Kovar ist Sprecher des Austrian Lobbying & Public Affairs Council und Inhaber eines Lobbyingunternehmens. Nach Nebelgranaten in der Verteidigungslinie Hocheggers befragt, erscheinen ihm drei Punkte erwähnenswert. Zum einen seien von Hochegger geschilderte Methoden vollkommen unüblich, wenn nicht sogar geächtet. "Niemand zahlt an Funktionsträger, man geht nicht mit der lockeren Geldtasche herum", sagt Kovar. Hochegger habe versucht, es als üblich darzustellen, dass die Unternehmen so großzügig agieren.

Diese Methoden würden nicht den Kodizes entsprechen, die in der Branche üblich sind. "Das ist ein ein No-Go und entspricht nicht der Etiquette." Hochegger aber habe es geschafft zu vermitteln, es sei ein Verhalten, das man diskutieren kann. "Vielleicht nicht moralisch korrekt, aber strafrechtlich nicht relevant."

Zum zweiten ist die Firma Hochegger keine Lobbying-Firma, sondern eine PR-Firma, hält Kovar fest. Hochegger habe nicht das Personal und auch nicht die entsprechende Erfahrung mitgebracht, um eine anerkannte Public-Affairs-Firma zu sein.

Hochegger versuche zum Dritten auch von den Summen abzulenken. Erwähnte Honorare seien in der Branche "total unüblich". Die Beträge seien "zehnmal höher als bei anderen Lobbying-Unternehmen", so Kovar. Für ihn ist es unverständlich, warum im U-Ausschuss die Höhe der Honorare nicht in Frage gestellt wurde, warum es keine Fragen danach gab, wo dieses ganze Geld hingegangen ist. "Die Summen passen schlicht nicht." Hochegger gelinge es seit Monaten, von diesen Summen abzulenken. "Das ist ganz erstaunlich", so Kovar.

"Hochegger ist strategisch am Ende"

"Hochegger war nur kurzfristig strategisch erfolgreich", sagt Bernhard Obermayr, Kampagnendirektor von Greenpeace Zentral- und Osteuropa, im Gespräch mit derStandard.at. Er habe zu einem komplexen Fall die simple Geschichte "Alle Politiker sind Gauner" erzählt, die ein breites Ressentiment in der Bevölkerung bedient. Mit der Botschaft "Ich hatte Politiker aus allen Parteien auf meiner Payroll" war die Story "ganz schnell gesponnen". Damit Hocheggers Erzählungen jedoch längerfristig erfolgreich sein können, müssten diese auch von den andere Parteien und den Medien fortgesetzt werden.

"ÖVP und BZÖ, die in die Defensive geraten sind, greifen Hocheggers Geschichte dankbar auf", analysiert Obermayr. Die Grünen hätten eine Gegenstrategie entwickelt, die SPÖ sei "relativ ruhig und schaut, was die anderen machen". Hochegger habe getan, was er konnte, um abzulenken, nun sei er jedoch "strategisch am Ende". Er habe seinen "Liebesdienst an den Korruptionssumpf geleistet, seine Rolle ist ausgespielt", glaubt Obermayr. Einzige Chance für Hocheggers "Alle Politiker sind Gauner"-Story wären ernst zu nehmende neue Enthüllungen, die auch die SPÖ und die Grünen belasten würden.

"Stellt jeden politischen Kontakt als korrupt dar"

Für Politberater und Lobbyist Feri Thierry tragen Hocheggers Aussagen dazu bei, dass mehrere Dinge vermischt werden. Kontakte zwischen Wirtschaft, Lobbyisten und Politik seien wichtig und dürften nicht kriminalisiert werden. Die Agentur Hochegger.com war nur zum Teil lobbyistisch tätig. Aber Peter Hochegger habe Geschäfte vermittelt, die nichts mit Lobbying zu tun hatten, und Provisionen dafür bekommen. Es sei jedoch "absurd", dass Hochegger jeden politischen Kontakt als korrupt darstelle. Wenn Gabriela Moser (Grüne) Kontakte zur Telekom gehabt habe, dann deswegen, weil sie Telekomsprecherin der Grünen sei.

Thierry bewertet Hocheggers Aussagen als offensive Strategie nach dem Motto "Ich erzähle alles". Damit wolle er das System aufzeigen, dass er nur Teil eines Systems gewesen sei, und damit von sich selbst und seinen Fehltritten ablenken, urteilt Thierry. Vielmehr sollte es jedoch um die Methoden gehen, mit denen Hochegger gearbeitet habe.

Trotzdem müsse auch das System reformiert werden, meint der Politikberater. Es gebe Lücken, und die Politik müsse sich auf Regeln festlegen, etwa zu Antikorruption und Parteienfinanzierung. Dennoch habe auch Hochegger eine moralische und ethische Verantwortung. "Nur, weil etwas nicht verboten ist, ist es deshalb nicht in Ordnung", sagt Feri Thierry.

Riskantes Spiel, ohne Alternative

"Es grenzt an Rufmord und beschädigt die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Peter Hochegger, diese Menschen nun so zu outen, als ob sie alle Schmiergelder genommen hätten, obwohl sie ein normales Arbeitsverhältnis eingegangen sind", meint Alfred Autischer von Gaisberg Consulting, Spezialist in Sachen Krisenkommunikation. Andere anzupatzen sei als Verteidigungsstrategie zulässig, allerdings sollten dann auch die Fakten stimmen. "Den Eindruck hat man derzeit allerdings nicht", so Autischer.

Ob Hochegger mit seinem Auftritt vor dem U-Ausschuss das richtige Risikomanagement betrieben habe? Autischer: "Es ist ein sehr riskantes Spiel, das Hochegger hier spielt. Allerdings gibt es - aus seiner Sicht - dazu kaum eine Alternative. Er ist als Zeuge geladen und muss wahrheitsgemäß aussagen. Sich der Aussage zu entziehen würde die Situation für ihn nur schlimmer machen. Seine Offensiv-Strategie ist offenkundig, seine Praktiken als Teil eines Systems und als allgemein anerkannte Usance darzustellen. Ehemalige Mitarbeiter dabei mit in den Sumpf hineinzuziehen ist aus meiner Sicht allerdings nicht das richtige Krisenmanagement."

Was der Experte dem Lobbyisten nun rät: "So weit wie möglich bei der Aufklärung der diskutierten Fälle mitarbeiten. Seine Aussagen gegenüber den Behörden und dem Untersuchungsausschuss machen und sich sonst mit Interviews und Stellungnahmen zurückhalten." (Katrin Burgstaller, Marie-Theres Egyed, Rainer Schüller, Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 20.2.2012)